(Wiederholung vom Sonntagabend)
Von Stefan Paul Mechnig
Dow Jones Newswires
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Bei der Deutschen Telekom AG kommt es unter dem Druck anhaltender Probleme im Inland zu einem Führungswechsel. Der Vorstandsvorsitzende Kai-Uwe Ricke erklärte am Sonntagabend nach vier Jahren im Amt wie erwartet seinen Rücktritt. Er hatte die Unterstützung des Aufsichtsrates verloren. Nach Angaben aus Eigentümerkreisen tritt der bisherige Mobilfunk-Vorstand René Obermann die Nachfolge an.
In der von der Telekom verbreiteten Rücktrittserklärung hieß es, Ricke lege im Einvernehmen mit dem Präsidium des Aufsichtsrates das Amt des Vorstandsvorsitzenden zum 13. November nieder. Mit seiner Nachfolge werde sich das Kontrollgremium in einer Sitzung an diesem Montag befassen.
Der 45 Jahre alte Ricke gab ein Jahr vor dem Ende seines Vertrages auf. Bereits seit einiger Zeit war angesichts starker Kundenverluste über seine Zukunft spekuliert worden. Im August hatte Ricke eine massive Gewinnwarnung aussprechen müssen, danach aber versucht, vor allem mit Produktoffensiven das Steuer herumzureißen. Gleichwohl verlor er zunehmend an Rückhalt im Aufsichtsrat.
Wie aus Kreisen der Eigentümer verlautete, setzte sich im Kontrollgremium zuletzt die Ansicht durch, dass Ricke nicht der richtige Mann sei, die Probleme des DAX-Konzerns nachhaltig zu lösen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel habe sich zunächst mit dem Bund als Hauptanteilseigner und dem Großaktionär Blackstone darauf verständigt, Ricke abzulösen, und dann am Wochenende darüber auch Einvernehmen mit der Arbeitnehmerseite hergestellt.
Die Telekom bekommt damit in ihrer zehnjährigen Geschichte als börsennotiertes Unternehmen zum dritten Mal einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Ricke war das Amt im November 2002 angetragen worden. Einige Monate zuvor war der langjährige Konzernchef Ron Sommer zurückgetreten, nachdem der Bund ihm angesichts riesiger Schulden und sinkender Aktienkurse die Unterstützung entzogen hatte. Zwischenzeitlich hatte kurz der vormalige Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Sihler das Unternehmen geführt.
In seiner Anfangszeit war es Ricke gelungen, den Schuldenberg der Telekom abzubauen und den Konzern aus Milliardenverlusten wieder in die Gewinnzone zu führen. Später folgten jedoch nach Ansicht seiner Kritiker Ankündigungen etwa zur Verbesserung beim Kundenservice keine Taten. Zwischenzeitlich führten die Konzernsparten ein Eigenleben und agierten offenbar eher gegen- als miteinander.
Unmittelbar vor Rickes offizieller Demission hatte nach Informationen von Dow Jones noch das vierköpfige Präsidium des Aufsichtsrates unter Vorsitz von Zumwinkel getagt. Voraussichtlich am Montag soll dann das Kontrollgremium als Ganzes zusammentreten, um Obermann zum Nachfolger zu wählen. Der 43 Jahre alte Manager hat den Eigentümerkreisen zufolge eingewilligt, neuer Vorstandsvorsitzender zu werden.
Obermann wird dem Vernehmen nach im Aufsichtsrat als führungsstarker und unternehmerisch denkender Manager gesehen, der als Chef von T-Mobile für den Löwenanteil der Erträge steht. "Er ist jung, aber er macht eine überzeugende Figur", sagte ein Insider. Obermann hat bei der Telekom im Gefolge von Ricke Karriere gemacht und gilt als dessen Gefolgsmann. Von daher sei es ihm menschlich schwer gefallen, nun die Stelle seines Mentors anzutreten, hieß es weiter.
Obermann war 1998 zu T-Mobile gekommen, wo er zunächst den inländischen Vertrieb verantwortete und später in der Nachfolge Rickes das gesamte Deutschlandgeschäft verantwortete. Als Ricke dann Vorstandsvorsitzender wurde, folgte ihm Obermann an der Spitze der gesamten Mobilfunksparte nach und rückte auch in den Konzernvorstand auf. Vor zwanzig Jahren hatte der gelernte Industriekaufmann ein eigenes Unternehmen gegründet, aus dem der heute fünfgrößte deutsche Mobilfunkdienstleister The Phone House aus Münster hervorgegangen ist.
Über Obermanns Nachfolge als Chef des Mobilfunkbereichs war am Wochenende dem Vernehmen nach nicht gesprochen worden. Auch die Zukunft des wie Ricke intern in die Kritik geratenen Festnetzvorstandes Walter Raizner sei noch offen, hieß es. Aus Vorstandskreisen verlautete am Abend, der Manager solle wohl noch bleiben.
Aus dem Konzern war von gut unterrichteter Seite zu hören, der Wechsel von Ricke zu Obermann werde insgesamt intern eher neutral bewertet. Auf der einen Seite warteten viele Mitarbeiter auf Veränderungen, und Obermann sei beliebt. Die Führung der Festnetzsparte T-Com sei hingegen eher verunsichert, da hier nun Veränderungen wahrscheinlich seien. In diesem Bereich hat die Telekom erklärtermaßen noch aus Behördenzeiten und angesichts des technischen Fortschritts zu viele Beschäftigte.
Ricke hatte daher einen Personalumbau angestoßen, der per saldo bis 2008 den Abbau von 19.000 Stellen vorsieht. Zuletzt kündigte er an, weitere 45.000 Mitarbeiter in zwei neue Serviceeinheiten auszugliedern. Mit beiden Maßnahmen brachte er die Arbeitnehmervertreter und die Gewerkschafts ver.di gegen sich auf. Die Beteiligungsgesellschaft Blackstone, die im Frühjahr mit 4,5% bei der Telekom eingestiegen war, hat angesichts sinkender Kurse viel von ihrer Investition verloren und drängte nach Berichten schon seit einiger Zeit auf Rickes Ablösung.
Webseite: http://www.telekom3.de/
-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, +49 (0)211 - 13 87 213,
TMT.de@dowjones.com
DJG/stm/rio
Von Stefan Paul Mechnig
Dow Jones Newswires
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Bei der Deutschen Telekom AG kommt es unter dem Druck anhaltender Probleme im Inland zu einem Führungswechsel. Der Vorstandsvorsitzende Kai-Uwe Ricke erklärte am Sonntagabend nach vier Jahren im Amt wie erwartet seinen Rücktritt. Er hatte die Unterstützung des Aufsichtsrates verloren. Nach Angaben aus Eigentümerkreisen tritt der bisherige Mobilfunk-Vorstand René Obermann die Nachfolge an.
In der von der Telekom verbreiteten Rücktrittserklärung hieß es, Ricke lege im Einvernehmen mit dem Präsidium des Aufsichtsrates das Amt des Vorstandsvorsitzenden zum 13. November nieder. Mit seiner Nachfolge werde sich das Kontrollgremium in einer Sitzung an diesem Montag befassen.
Der 45 Jahre alte Ricke gab ein Jahr vor dem Ende seines Vertrages auf. Bereits seit einiger Zeit war angesichts starker Kundenverluste über seine Zukunft spekuliert worden. Im August hatte Ricke eine massive Gewinnwarnung aussprechen müssen, danach aber versucht, vor allem mit Produktoffensiven das Steuer herumzureißen. Gleichwohl verlor er zunehmend an Rückhalt im Aufsichtsrat.
Wie aus Kreisen der Eigentümer verlautete, setzte sich im Kontrollgremium zuletzt die Ansicht durch, dass Ricke nicht der richtige Mann sei, die Probleme des DAX-Konzerns nachhaltig zu lösen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel habe sich zunächst mit dem Bund als Hauptanteilseigner und dem Großaktionär Blackstone darauf verständigt, Ricke abzulösen, und dann am Wochenende darüber auch Einvernehmen mit der Arbeitnehmerseite hergestellt.
Die Telekom bekommt damit in ihrer zehnjährigen Geschichte als börsennotiertes Unternehmen zum dritten Mal einen neuen Vorstandsvorsitzenden. Ricke war das Amt im November 2002 angetragen worden. Einige Monate zuvor war der langjährige Konzernchef Ron Sommer zurückgetreten, nachdem der Bund ihm angesichts riesiger Schulden und sinkender Aktienkurse die Unterstützung entzogen hatte. Zwischenzeitlich hatte kurz der vormalige Aufsichtsratsvorsitzende Helmut Sihler das Unternehmen geführt.
In seiner Anfangszeit war es Ricke gelungen, den Schuldenberg der Telekom abzubauen und den Konzern aus Milliardenverlusten wieder in die Gewinnzone zu führen. Später folgten jedoch nach Ansicht seiner Kritiker Ankündigungen etwa zur Verbesserung beim Kundenservice keine Taten. Zwischenzeitlich führten die Konzernsparten ein Eigenleben und agierten offenbar eher gegen- als miteinander.
Unmittelbar vor Rickes offizieller Demission hatte nach Informationen von Dow Jones noch das vierköpfige Präsidium des Aufsichtsrates unter Vorsitz von Zumwinkel getagt. Voraussichtlich am Montag soll dann das Kontrollgremium als Ganzes zusammentreten, um Obermann zum Nachfolger zu wählen. Der 43 Jahre alte Manager hat den Eigentümerkreisen zufolge eingewilligt, neuer Vorstandsvorsitzender zu werden.
Obermann wird dem Vernehmen nach im Aufsichtsrat als führungsstarker und unternehmerisch denkender Manager gesehen, der als Chef von T-Mobile für den Löwenanteil der Erträge steht. "Er ist jung, aber er macht eine überzeugende Figur", sagte ein Insider. Obermann hat bei der Telekom im Gefolge von Ricke Karriere gemacht und gilt als dessen Gefolgsmann. Von daher sei es ihm menschlich schwer gefallen, nun die Stelle seines Mentors anzutreten, hieß es weiter.
Obermann war 1998 zu T-Mobile gekommen, wo er zunächst den inländischen Vertrieb verantwortete und später in der Nachfolge Rickes das gesamte Deutschlandgeschäft verantwortete. Als Ricke dann Vorstandsvorsitzender wurde, folgte ihm Obermann an der Spitze der gesamten Mobilfunksparte nach und rückte auch in den Konzernvorstand auf. Vor zwanzig Jahren hatte der gelernte Industriekaufmann ein eigenes Unternehmen gegründet, aus dem der heute fünfgrößte deutsche Mobilfunkdienstleister The Phone House aus Münster hervorgegangen ist.
Über Obermanns Nachfolge als Chef des Mobilfunkbereichs war am Wochenende dem Vernehmen nach nicht gesprochen worden. Auch die Zukunft des wie Ricke intern in die Kritik geratenen Festnetzvorstandes Walter Raizner sei noch offen, hieß es. Aus Vorstandskreisen verlautete am Abend, der Manager solle wohl noch bleiben.
Aus dem Konzern war von gut unterrichteter Seite zu hören, der Wechsel von Ricke zu Obermann werde insgesamt intern eher neutral bewertet. Auf der einen Seite warteten viele Mitarbeiter auf Veränderungen, und Obermann sei beliebt. Die Führung der Festnetzsparte T-Com sei hingegen eher verunsichert, da hier nun Veränderungen wahrscheinlich seien. In diesem Bereich hat die Telekom erklärtermaßen noch aus Behördenzeiten und angesichts des technischen Fortschritts zu viele Beschäftigte.
Ricke hatte daher einen Personalumbau angestoßen, der per saldo bis 2008 den Abbau von 19.000 Stellen vorsieht. Zuletzt kündigte er an, weitere 45.000 Mitarbeiter in zwei neue Serviceeinheiten auszugliedern. Mit beiden Maßnahmen brachte er die Arbeitnehmervertreter und die Gewerkschafts ver.di gegen sich auf. Die Beteiligungsgesellschaft Blackstone, die im Frühjahr mit 4,5% bei der Telekom eingestiegen war, hat angesichts sinkender Kurse viel von ihrer Investition verloren und drängte nach Berichten schon seit einiger Zeit auf Rickes Ablösung.
Webseite: http://www.telekom3.de/
-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, +49 (0)211 - 13 87 213,
TMT.de@dowjones.com
DJG/stm/rio
© 2006 Dow Jones News