Das monatelange Tauziehen um die Zukunft der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ist vorbei. Die Hansestadt will das stadteigene Unternehmen noch in diesem Jahr teilweise an die Börse bringen. Der Senat hat sich am Dienstag für einen Börsengang und gegen einen Teilverkauf des erfolgreichen Konzerns an einen Investor entschieden. Das parallel laufende Bieterverfahren sei gestoppt worden, sagte Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Rund 30 Prozent des Aktienkapitals der HHLA sollen als Stammaktien an der Börse angeboten werden, sagte Finanzsenator Michael Freytag (CDU). Damit solle eine Streuung der Aktien erreicht werden. "Wir möchten als Hansestadt Hamburg am Steuer dieses Unternehmens bleiben", sagte Freytag. Die HHLA, der Betriebsrat und die Gewerkschaft ver.di begrüßten die Pläne.
Seit mehr als zwei Jahren prüfte die Hansestadt mehrere Modelle. 2006 scheiterte der Versuch die Deutsche Bahn an der HHLA zu beteiligen vor allem an politischen Widerstand in Berlin. Seither standen ein Teilverkauf oder der Börsengang des Unternehmens auf der Tagesordnung. Der Konzern gehört über eine Zwischenholding zu 100 Prozent der Stadt. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die HHLA erstmals mehr als eine Milliarde Umsatz. Neben dem Börsengang war ein Teilverkauf von 49,9 Prozent der Anteile an Investoren im Gespräch. In einem Bieterwettbewerb waren zuletzt noch die australische Bank Macquarie und ein Konsortium um den Baukonzern Hochtief. Andere Bewerber wie die Allianz, die Bahn und der Hafenbetreiber Dubai Ports waren ausgeschieden. Der Streit um die Zukunft der HHLA hatte sich zuletzt zugespitzt.
PROTEST DER BESCHÄFTIGTEN
Die rund 4.200 Beschäftigten des Konzerns hatten vehement eine möglich Teilprivatisierung des Unternehmens protestiert. Sie drohten einen Überstunden-Boykott an und hätten dadurch den Betrieb im Hafen lahm gelegt. Der Konzernbetriebsratschef Arno Münster zeigte sich nach der Entscheidung erleichtert. Es sei ein Ergebnis zu Stande gekommen, indem beide Seiten aufeinander zugegangen seien. "Das ganze ist natürlich auch ein Kompromiss", sagte von Beust. Die HHLA begrüßte die Entscheidung des Senats. Die Entscheidung stelle sicher, dass das Unternehmen sein umfassendes Wachstumsprogramm konsequent umsetzen könne, sagte Vorstandschef Klaus-Dieter Peters.
Vor dem Hintergrund der angekündigten Protestmaßnahmen sei es bei der Entscheidung auch darum gegangen, Schaden vom Hamburger Hafen abzuwenden, sagte von Beust. Finanzsenator Freytag sagte: "Wir können uns keinen zermürbenden Grabenkrieg im Hamburger Hafen leisten." Auch die Arbeitnehmer seien der Stadt weit entgegen gekommen. Im Rahmen des Börsengangs sollen auch stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben werden. Diese Mitarbeiterbeteiligung solle den Beschäftigten eine Teilhabe an der künftige Entwicklung sichern.
ZUSÄTZLICHE MITTEL FÜR INFRASTRUKTURINVESTITIONEN BIS 2012
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion wertete die Entscheidung als großen Erfolg für die Beschäftigten. "Es ist gut, dass das Herumgestümpere um den zentralen Hafenbetrieb jetzt zu Ende ist", sagte der SPD- Wirtschaftsexperte und designierte Parteivorsitzende Ingo Egloff. Die GAL-Bürgerschaftsfraktion begrüßte, dass ein Teilverkauf vom Tisch sei. "Der beschlossene Börsengang mit Stammaktien ist aber nur die zweitbeste Lösung", sagte der Wirtschaftsexperte Jens Kerstan. Er berge die Gefahr, dass nicht erwünschte Investoren ein Aktienpaket an der Börse zusammenkaufen und Einfluss auf die Geschäftspolitik der HHLA bekommen könnten. Nach Ansicht der Gewerkschaft ver.di haben sich die Beschäftigten mit "guten Argumenten" gegen die Pläne durchgesetzt. Der Protest habe Wirkung gezeigt, sagte ein Sprecher.
Mit den Erlösen aus dem Börsengang sollen zusätzliche Mittel für Infrastrukturinvestitionen bis 2012 bereitgestellt werden, die bisher nicht in der mittelfristristigen Finanzplanung vorgesehen seien. Die Finanzierungslücke betrage rund eine Milliarde Euro. Wie hoch die Einnahmen aus dem Börsengang sein werden, sei nicht absehbar, sagte von Beust. "Es wird aber erheblich weniger sein, als bei einem Teilverkauf der HHLA." Mit den Vorbereitungen habe die Stadt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG beauftragt. Bis 2015 will Hamburg den Containerumschlag im Hamburger Hafen verdoppeln. Dazu brauche es eine weitere Vertiefung der Elbe, neue Umschlagsanlagen und den Ausbau von Verkehrsverbindungen ins Hinterland. Dafür sind in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen nötig.
Die Handelskammer bezeichnete den geplanten Börsengang als "durchaus vertretbar". Ein strategischer Partner für einen Anteil von 49 Prozent an der HHLA hätte der Stadt aber weit höhere Erträge gebracht, sagte Handelskammerpräses Karl-Joachim Dreyer. Dreyer forderte vom Senat, nun rasch ein alternatives Finanzierungskonzept für den Hafenausbau vorzulegen./rb/DP/he
AXC0163 2007-03-13/17:16