Nach dem Rücktritt von Post-Chef
Die Berliner Politik, bei der er über Jahre ein und aus ging und die er zuletzt für einen Mindestlohn für seine Branche einspannte, ließ ihn fallen. Freitagmorgen bot er dem Finanzminister seinen Rücktritt an, wenige Minuten später wurde dieser erleichtert akzeptiert. Auch bei der Post reichte er sein Rücktrittsgesuch ein. Der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats empfiehlt dem Kontrollgremium dem Wunsch von Zumwinkel zur Niederlegung seines Amtes zeitnah nachzukommen. Damit sind die Würfel gefallen. Am Montagnachmittag will der Aufsichtsrat zusammenkommen. Was droht ist ein Vakuum an der Konzernspitze, ein Nachfolger muss her.
Aussichtsreichster Kandidat ist der 46-jährige Logistikvorstand Frank Appel. Er gehört seit einigen Jahren dem Post-Vorstand an und wird bereits seit geraumer Zeit als potenzieller Nachfolger Zumwinkels gehandelt. Geboren 1961, wies Appels Ausbildung erst einmal nicht auf eine Karriere bei der Post hin. Er studierte Chemie in München und wurde 1993 in Neurobiologie in Zürich promoviert. Daraufhin ging er zu McKinsey. Die Unternehmensberatung, aus der auch Zumwinkel zur Post kam, ist eine Talentschmiede für Postmanager. Zumwinkel rekrutierte zahlreiche Mitstreiter aus den Reihen der McKinsey-Berater.
Appel kam 2000 als Bereichsleiter Konzernentwicklung zur Post und rückte schon zwei Jahre später in den Vorstand auf. Zur Rolle des Kronprinzen passen seine Ressorts: Er leitet die Wachstumstreiber Logistik und Brief International. Problemfelder wie Inlandsbrief und das defizitäre amerikanische Expressgeschäft liegen bei anderen Vorständen.
MIDDELHOFF UND ALLAN
Aufsichtsratsmitglied Thomas Middelhoff gilt ebenfalls als möglicher Interimschef. Für ihn spräche, dass er seit Bertelsmann und Arcandor Erfahrung hat mit strategischen Entscheidungen und radikalen Kehrtwenden von Unternehmen. Middelhoff selbst gab sich auf Anfrage zurückhaltend. "Wir wollen ohne Aufregung abwarten, wie sich die Sachen entwickeln. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung."
Wenig Aussichten dürfte Aufsichtsratschef Jürgen Weber haben. Obgleich bei überstürzten Abgängen eines Konzernchefs oft der Aufsichtsratsvorsitzende als Interimschef einsprang, fehlen Weber zwei Dinge: dezidiertes Branchenwissen und eine Hausmacht.
GUTE KONTAKTE ZUR POLITIK NOTWENDIG
Schien vor einem halben Jahr die Nachfolge unstrittig und Appel auf sicheren Gleisen zur Zumwinkel-Nachfolge, änderte sich das Spielfeld im Herbst schlagartig. Als Zumwinkels langjähriger Wegbegleiter Edgar Ernst im Herbst überraschend zurücktrat, rückte John Allan als Finanzvorstand nach und wurde damit zu einem der wichtigsten Männer im Post-Vorstand. Allan ist ein Mann vom Fach. Er baute den britischen Logistikkonzern Exel auf und leitete die Logistiksparte auch nach der Milliardenübernahme durch die Post. Er gilt als zupackender Manager, der das Postgeschäft kennt und durchgreifen kann. Die Frage ist, ob die Politik, die bei der Post noch viel zu sagen hat, eher Appel bevorzugt, der in der gewerkschaftsnahen Tradition Zumwinkels steht. Allans Nachteil ist auch, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Für Korrespondenz mit der Belegschaft und Politik bräuchte er einen Übersetzer - eine schlechte Visitenkarte für den Chef eines der größten deutschen Konzerne mit 520.000 Mitarbeitern, der stark darauf angewiesen ist, gute Kontakte zur Politik zu pflegen.
Wer das Rennen macht, wird derzeit hinter verschlossenen Türen entschieden. Nach dem Rücktritt von Edgar Ernst ist der abrupte Abschied von Klaus Zumwinkel eine Zäsur für das Unternehmen. Die beiden Manager hatten die Post vom Staatskonzern zum weltgrößten Logistiker aufgebaut. Der Generationswechsel wird die Post zu einem neuen Unternehmen machen, sind sich Analysten einig. Ob die Wahl auf Allan fällt, den der Finanzmarkt bevorzugt, oder auf den diplomatisch erscheinenden Appel, die Post geht nach 19 Jahren unter Zumwinkel in eine neue Ära. Die Börse reagierte mit Vorschusslorbeeren auf den Wechsel. Nach einem Plus von 2,8 Prozent am Donnerstag gesellte sich die Aktie am Freitag erneut zu den gefragtesten Werten./fn/ag
--- Von Frederik Nissen, dpa-AFX ---
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AXC0141 2008-02-15/15:01