
MÜNCHEN (dpa-AFX) Der Siemens-Konzern will laut einem Pressebericht den ehemaligen Vorstandschef Heinrich von Pierer wegen der Schmiergeldaffäre möglicherweise auf Schadenersatz in Milliardenhöhe verklagen. Dies gelte, falls Pierer die von ihm geforderten sechs Millionen Euro nicht in den nächsten Wochen zahle, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwoch). Pierer müsse dann mit seinem gesamten Vermögen haften, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Informationen aus der Konzernzentrale und dem Aufsichtsrat. Eine solche Klage gegen einen langjährigen führenden Wirtschaftsvertreter wäre ein Novum in Deutschland, heißt es in dem Bericht.
Siemens wirft dem langjährigen Vorstands- und späteren Aufsichtsratschef vor, während seiner Amtszeit die Geschäfte des Unternehmens nicht genau genug kontrolliert zu haben. Dadurch seien die weltweiten Schmiergeldzahlungen zahlreicher Konzernsparten für lukrative Aufträge möglich geworden. Pierer habe dies zurückgewiesen. Siemens verlangt von insgesamt elf Ex-Vorständen symbolische Schadenersatzzahlungen. Nur drei von ihnen haben sich bislang dazu bereiterklärt.
KLAGEN AB DEZEMBER UNAUSWEICHLICH
Aus Sicht des Aufsichtsrates, der an diesem Mittwoch in München tagt, ist die Sachlage dem Bericht zufolge eindeutig. Die Frist für die bislang nicht zahlungswilligen acht Ex-Vorstände laufe in wenigen Wochen ab, zitiert die Zeitung Aufsichtsräte. Bei der nächsten Sitzung des Kontrollgremiums Anfang Dezember werde man die Vorlagen für die Aktionärsversammlung Ende Januar 2010 beschließen. Spätestens ab Dezember seien Schadenersatzklagen unausweichlich, damit Vorstand und Aufsichtsrat von den Aktionären nicht selbst in Haftung genommen würden.
Von Pierers Vermögen und seine Pensionsansprüche werden in der Konzernzentrale in München auf insgesamt deutlich mehr als zehn Millionen Euro geschätzt, so dass ihm bei einer Zahlung von sechs Millionen Euro noch viel übrig bliebe. Aufsichtsratschef Gerhard Cromme sei "zu keinen weiteren Kompromissen bereit". Bei einer Klage müsse Siemens alle Schäden geltend machen: die Bußgeldzahlungen in Höhe von weit mehr als einer Milliarde Euro für die vielen kriminellen Delikte, die hohen Kosten für die internen Ermittlungen und andere Lasten. Dies sei rechtlich gar nicht anders möglich.
KEINE STELLUNGNAHME VON PIERERS
Von Pierers Anwalt wollte sich laut dem Bericht zur Siemens-Drohung einer Milliardenklage nicht äußern, da die Gespräche noch andauerten. Im Umfeld der acht bislang nicht zahlungswilligen Ex-Vorstände werde der Verstoß von Siemens mit den Worten kommentiert: "Das gehört bei solchen Verhandlungen zum Geschäft, den Druck zu erhöhen und die Folterwerkzeuge auszupacken".
Zu den betroffenen Managern zählt auch Pierers
zwischenzeitlicher Nachfolger als Siemens-Chef, Klaus Kleinfeld, der
inzwischen den US-Stahlkonzern Alcoa
ISIN DE0007236101
AXC0002 2009-09-23/01:05