
DJ Kommentar der Financial Times Deutschland zu Griechenland - vorab8. April 2010
Klarheit statt Billigzinsen Nicht einmal zwei Wochen hat der Griechenlandplan der Euro-Staaten seine Funktion erfüllt. Der Ende März beschlossene Kompromiss der Staats- und Regierungschefs, Griechenland im Notfall mit Krediten auszuhelfen, sollte die Investoren an den Finanzmärkten eigentlich beruhigen. Doch davon war von Anfang an wenig zu spüren. Im Gegenteil: Die Marktteilnehmer sind nervöser als zuvor, die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen sind drastisch gestiegen. Ein Grund für das vorläufige Scheitern des Rettungsgipfels sind die typisch vagen Formulierungen der Brüsseler Erklärung. Im Versuch, die unterschiedlichen Positionen der Euro-Länder in einen gemeinsamen Standpunkt zu zwängen, ist ein Text entstanden, in dem sich alle irgendwie wiederfinden. Er lässt jedoch auch für fast jeden ein Hintertürchen offen. So ist etwa nicht genau definiert, wann der Krisenfall eintritt, in dem die EU-Länder und der IWF einspringen. Auch die Höhe der Zinsen, die die Euro-Staaten für ihre Hilfskredite von Griechenland verlangen sollen, ist umstritten. Die Vorstellungen reichen von 3 bis 6,5 Prozent, je nach Interpretation. Solch vage Formulierungen sind genau das, was die Anleger an den Finanzmärkten nicht mögen. Sie wollen klare, verlässliche Ansagen - solange sie die nicht bekommen, verlangen sie höhere Risikoaufschläge für Kredite. Statt sich noch länger über die Interpretation eines misslungenen Textes zu streiten, sollten die Euro-Staaten diesen Text also dringend präzisieren. Es muss zum Beispiel eindeutig und klar werden, welchen Zins Griechenland für mögliche Hilfskredite zahlen muss. Nur so können Investoren das Risiko ihres Investments einigermaßen abschätzen. In der Brüsseler Erklärung ist schwammig davon die Rede, die Zinssätze dürften ,,kein Subventionselement" enthalten. Nimmt man den Geist dieser Aussage ernst, dann kann die Kredithilfe nur zum ,,Marktzins" fließen, also zu dem Preis, der zuletzt auch an den Kapitalmärkten für Griechenlandkredite verlangt wurde. Ein niedrigerer Zinssatz wäre nicht nur eine Subvention, sondern hätte weitere gravierende Nachteile: So würde der Druck auf Griechenland sinken, Reformen im eigenen Land durchzusetzen, wenn Regierung und Bevölkerung wüssten, dass sich das Land einfach und billig frisches Geld borgen kann. Auch aus Sicht der übrigen EU-Länder wären Billigzinsen fatal: Sie würden den Griechen Geld leihen, ohne sich das damit verbundene Risiko auch nur annähernd bezahlen zu lassen. Und wie eine Niedrigzinsgarantie auf die Märkte wirken könnte, ist kaum abzuschätzen. Es ist gut möglich, dass die Investoren eher verunsichert als beruhigt reagieren würden. Was die Märkte jetzt brauchen, sind nicht hektische Kurswechsel, sondern verlässliche Ansagen - sowohl von Griechenland als auch von den Euro-Staaten. In der kommenden Woche treffen sich die Finanzminister in Madrid - spätestens danach sollte endlich Klarheit herrschen. G+J Wirtschaftsmedien GmbH & Co. KG Stubbenhuk 3 20459 Hamburg G+J Wirtschaftsmedien GmbH & Co. KG | Sitz: Hamburg, Amtsgericht Hamburg HRA 92810 | Komplementärin: G+J Wirtschaftsmedien Beteiligungs GmbH | Sitz: Hamburg, Amtsgericht Hamburg HRB 70371 | Geschäftsführer: Ingrid M. Haas, Dr. Bernd Buchholz |
(END) Dow Jones Newswires
April 07, 2010 13:47 ET (17:47 GMT)
© 2010 Dow Jones News