
DJ UPDATE2: Steigende Rohstoffpreise machen Salzgitter zu schaffen
(NEU: Aussagen aus Telefonkonferenz, aktualisierter Aktienkurs)
Von Hans Seidenstücker DOW JONES NEWSWIRES
SALZGITTER (Dow Jones)--Der Stahlkonzern Salzgitter hat sein Ergebnis im ersten Quartal dank fortschreitender konjunktureller Erholung gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich verbessert. Doch die immensen kurzfristigen Kosten- und Preisschwankungen für Rohstoffe bereiten dem Vorstand Kopfzerbrechen. Die neue Wortwahl beim Ausblick wolle man jedoch nicht als drastische Prognosesenkung verstanden wissen, sagte Finanzvorstand Heinz Jörg Fuhrmann am Mittwochmittag bei einer Telefonkonferenz für Analysten. Er sagte jedoch auch, dass das Erreichen der Gewinnschwelle für das Gesamtjahr derzeit nicht das wahrscheinlichste Szenario sei.
Am Mittwochmorgen hatte Salzgitter erklärt, ein verlässlicher quantifizierter Ausblick sei derzeit nicht möglich.Unter Abwägung der erkennbaren Risiken und Potenziale halte Salzgitter ein nahezu ausgeglichenes Ergebnis dennoch für erreichbar. Im Ende März veröffentlichten Geschäftsbericht hatte Salzgitter noch ein positives Vorsteuerergebnis in zweistelliger Millionen-Euro-Höhe in Aussicht gestellt.
Im Ausblick seien die möglichen positiven Effekte steigender Stahlpreise noch nicht vollständig erhalten, sagte Fuhrmann. Gehe man jeweils von den positiven Szenarien für die einzelnen Sparten aus, sei auch ein positives Ergebnis für das Gesamtjahr weiter möglich, doch diese positiven Szenarien seien derzeit nicht die wahrscheinlichsten.
Der Finanzvorstand verwies darauf, dass in diesem Jahr noch circa 6 Mio Tonnen Stahlerzeugnisse in den Unternehmensbereichen Stahl, Handel und Röhren abzusetzen seien. Im Schnitt würden 30 EUR Margendifferenz pro Tonne ausreichen, um 180 Mio EUR jährliche Ergebnisvarianz zu verursachen. Deshalb müsse nicht viel passieren, damit das Ergebnis im Gesamtjahr mit 30 Mio EUR positiv ausfällt. Genauso schnell könne am Jahresende aber auch ein Verlust von 30 Mio EUR stehen.
Für die nächsten Monaten werde Salzgitter positive Ergebnisse vorlegen, sagte der Finanzvorstand. Doch wegen der hohen Unsicherheit könne man nicht vorhersagen, ob dies auch für den Rest des Jahres der Fall sein werde. Aus heutiger Sicht erwarte er für das dritte Quartal ein positives Ergebnis, sagte Fuhrmann.
Die Abkehr der Eisenerz- und Kokskohlelieferanten von der jahrzehntelang praktizierten einjährigen Preisbindung hin zu quartalsweisen Abschlüssen stellen Salzgitter vor Herausforderungen. Diese Veränderung auf der Einkaufsseite werde zwangsläufig eine Neudefinition langfristiger Lieferbeziehungen und entsprechender Preissetzungsmodelle mit einem Großteil der Stahlverarbeiter nach sich ziehen. In 6 bis 8 Wochen werde man mehr Klarheit bei den neuen Preismechanismen haben und sich dann dazu auch äußern, sagte Fuhrmann.
Für Walzstahl- und Röhrenlieferungen, die noch auf Grundlage der alten Konditionen abgeschlossen wurden, könnten sich laut Salzgitter im Laufe der kommenden Monate nicht unerhebliche Lücken zwischen den zuletzt rasant gestiegenen Rohstoffkosten und den Verkaufserlösen der Produkte auftun.
Das dürfte sich besonders im zweiten Quartal auswirken, könne aber in Einzelfällen auch darüber hinaus das Ergebnis belasten. Im ersten Quartal sei die Erlösentwicklung für Walzstahl- und Röhrenprodukte bereits hinter den rasant steigenden Rohstoffkosten zurückgeblieben.
Im ersten Quartal verbesserte sich das Ergebnis vor Steuern auf minus 17,1 Mio EUR nach minus 98,3 Mio EUR im Vorjahresquartal. Darin enthalten seien 19,7 Mio EUR an Rückstellungen für strukturverbessernde Maßnahmen. Nach Steuern ergab sich ein Fehlbetrag von 13,3 Mio EUR. Vor einem Jahr war das Defizit mit 74,1 Mio EUR noch deutlich größer ausgefallen.
Der Außenumsatz blieb mit 1,925 (2,195) Mrd EUR unter dem Vorjahreswert. Als Grund hierfür nannte der DAX-Konzern aus Salzgitter die sich erst allmählich erholenden Durchschnittserlöse in den Segmenten Stahl, Handel und Röhren. Der operative Gewinn vor Steuern, in dem Einmaleffekte wie Restrukturierungskosten nicht enthalten sind, lag bei 2,6 Mio EUR nachdem im Vorjahresquartal hier ein Verlust von 61,7 Mio EUR zu Buche stand.
Im operativen Ergebnis vor Steuern wurden für das Ende März abgeschlossen Quartal 27,7 Mio EUR an Rückstellungen für drohende Verluste aus fest gebuchten Projektaufträgen getroffen, die wegen der steigenden Rohstoffkosten voraussichtlich nicht kostendeckend produziert werden könnten. Dies betreffe im Wesentlichen die Lieferung der Röhren für die Ostsee-Pipeline Nord Stream, sagte Fuhrmann. Der Unternehmensbereich Röhren erzielte dennoch einen Vorsteuergewinn von 2,6 Mio EUR nach einem Vorsteuerverlust von 50,8 Mio EUR im Vorjahresquartal, die Erlöse sanken auf 449,4 (552,0) Mio EUR.
Das im September 2009 eingereichte Angebot für den zweiten Strang der Ostseepipeline Nord Stream sei absolut okay gewesen, sagte Fuhrmann. In einem wettbewerbsintensiven Umfeld habe man einen Auftrag erhalten, der zum damaligen Zeitpunkt auf Basis der zugrunde gelegten Rohstoffpreise für Salzgitter attraktiv gewesen sei. Er verwies darauf, dass einige Beobachter seinerzeit sogar mit fallenden Rohstoffpreisen gerechnet hätten.
Die Salzgitter-Aktie war gegen 14.45 Uhr zweitschlechtester Wert im DAX und lag mit 0,9% im Minus bei 56,39 EUR. Der DAX legte hingegen um 1,9% zu.
Webseite: www.salzgitter-ag.de -Von Hans Seidenstücker, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 29725 104, unternehmen.de@dowjones.com DJG/has/cbr Besuchen Sie auch unsere Webseite http://www.dowjones.de
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May 12, 2010 09:13 ET (13:13 GMT)
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