Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, schließt strafrechtliche Konsequenzen nach den Veröffentlichungen von Wikileaks nicht aus. "Das Geheimhaltungsrecht im Strafgesetzbuch ist zwar in unserer Republik vorsichtig formuliert und wird sehr selten angewandt, könnte aber im Einzelfall verletzt sein", sagte Hassemer dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Dazu müsste etwa nachgewiesen werden, dass die Information einen Menschen in Gefahr gebracht hat. Denken Sie nur an die Nachricht, dass ein Mitarbeiter in einem kleinen afghanischen Dorf Kontakte zu den Taliban pflegt."
Hassemer forderte die staatlichen Stellen auf, vertrauliche Kommunikation besser zu schützen. "Es gibt hier sicher so etwas wie die Bringschuld der Behörden, die per Mail miteinander kommunizieren. Wenn die nötige Vertraulichkeit technisch nicht erreicht werden kann, dann müssen sich die Behörden andere Wege suchen." Hassemer, der jetzt als Strafverteidiger arbeitet, erklärte, dass er vertrauliche Gespräche meist nicht einmal am Telefon führe. "Das ist eher die Regel. Bestimmte Teile des Mandats verhandele ich nur Auge in Auge."