(NEU: Stellungnahme Delta, Hintergrund)
Von Martin Rapp DOW JONES NEWSWIRESDÜSSELDORF (Dow Jones)--Der Energiekonzern RWE gibt sich im langwierigen Streit um die Beteiligung am niederländischen Atomkraftwerk (AKW) Borssele mit einem geringeren Anteil zufrieden. Gleichzeitig könnte die außergerichtliche Einigung dem Essener DAX-Unternehmen die Möglichkeit eröffnen, künftig die kohlendioxidfreie Kernenergie im Ausland weiter zu betreiben, denn RWE soll sich dort auch am Neubau eines AKWs beteiligen.
Mit dem niederländischen Versorger Delta, der eine Hälfte von Borssele besitzt, sei eine Absichtserklärung zum Einstieg von RWE bei dem Kraftwerk unterzeichnet worden, sagte eine Sprecherin des deutschen Konzerns am Dienstag. Die Details der Beteiligung müssten nun noch ausgehandelt werden, fügte sie hinzu. Geplant ist demnach, dass die RWE AG einen Anteil von 30% an Borssele übernimmt, während bei Delta 70% liegen sollen.
Der Disput über den Einstieg von RWE bei Borssele geht auf die Übernahme des niederländischen Versorgers Essent im Jahr 2009 zurück. Teil des Geschäfts war seinerzeit die Übernahme der 50%, die Essent an dem Kraftwerk hielt. Delta, bei der die andere Hälfte der Anteile liegen, hatte den RWE-Einstieg juristisch angefochten und damit argumentiert, dass das einzige Atomkraftwerk des Landes in öffentlicher Hand bleiben müsse.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt befinden sich die ehemaligen Essent-Anteile in den Händen der früheren Eigner des Konzerns, die sich aus Provinzen und Kommunen zusammensetzen. RWE hatte deshalb den Kaufpreis für die Übernahme um knapp 1 Mrd EUR gemindert. Ein Einstieg mit 30% würde demzufolge rund 600 Mio EUR kosten.
Die Delta NV bestätigte am Nachmittag die Einigung. Der juristische Streit solle beigelegt werden, wenn die Übereinkunft in Kraft tritt, hieß es. Zu finanziellen Details machten auch die Niederländer keine Angaben, dafür blickten sie schonmal in die Zukunft: RWE soll auch 20% an einem möglichen Neubau in Borssele übernehmen, hieß es in der im Internet veröffentlichten Mitteilung.
Die Niederlande wollen nach Borssele ein zweites Atomkraftwerk bauen. Delta hat dafür mit dem französischen Energiekonzern EDF eine Projektgesellschaft gegründet, RWE soll sich daran beteiligen. Die RWE-Sprecherin wollte diese Angaben von Delta nicht kommentieren. Kurze Zeit später war der entsprechende Absatz in der Pressemitteilung von Delta gelöscht.
RWE hatte sich in der Vergangenheit für nukleare Neubauprojekte im Ausland aufgeschlossen gezeigt. In Großbritannien wurde bereits ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Düsseldorfer Energiekonzern E.ON gegründet. Mit der immer unsichereren Zukunft der Kernenergie in Deutschland sind AKWs im Ausland die einzige Möglichkeit, sofern der Konzern an der Energieform festhält. Für RWE bildet die Kernenergie einen Pfeiler der Strategie zur Senkung der Kohlendioxidemissionen.
-Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 69 29 725 104; unternehmen.de@dowjones.com (Jan Hromadko in Frankfurt und Archibald Preuschat in Amsterdam haben zu dieser Meldung beigetragen.) DJG/mmr/jhe(END) Dow Jones Newswires
May 17, 2011 08:49 ET (12:49 GMT)
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