Bundespräsident Christian Wulff fordert ein einheitliches EU-Patent und ein europäisches Patentgericht in München, um die Kosten für Europas Unternehmen beim Schutz ihres geistigen Eigentums zu senken. Damit mischte sich Wulff am Freitag in München in einen jahrzehntealten europäischen Streit ein und bezog Position gegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der ein neues europäisches Patentgericht ablehnt.
Bei dem Streit geht es einerseits um Kompetenzgerangel, andererseits ums Geld: Für Europas Unternehmen ist das derzeitige Patentverfahren sowohl zeitlich aufwendig als auch teuer. "Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, ist ein einheitlicher europäischer Patentschutz erforderlich", sagte Wulff beim Festakt zum fünfzigjährigen Bestehen des Bundespatentgerichts in München.
Das derzeitige Patentsystem in Europa erinnere an das 19. Jahrhundert, sei nach wie vor nationalstaatlich zersplittert, kompliziert und "vor allem teuer". Ein in 13 EU-Mitgliedstaaten geltendes Patent sei bis zu zehnmal teurer als ein US-Patent. "Ich stelle heute die These auf, dass München der ideale Ort wäre für ein solches europäisches Patentgericht", sagte Wulff.
Der Hintergrund: München beherbergt heute schon die europaweit größte Ansammlung von Patentwissen: In der Landeshauptstadt sitzen neben dem Bundespatentgericht das Deutsche und das Europäische Patentamt, viele Patentanwälte haben in München ihre Kanzleien. "München ist die Hauptstadt des geistigen Eigentums", sagte dazu Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
Die Pläne für ein EU-Patent und ein europäisches Patentgericht gibt es schon viele Jahrzehnte und werden auch von der EU-Kommission forciert. Doch sind die Widerstände groß: Der EuGH befand im März, dass ein europäisches Patentgericht gegen europäisches Recht verstoßen würde - weil ein solches Gericht keine EU-Einrichtung wäre, aber trotzdem europäisches Recht auslegen würde. Leutheusser-Schnarrenberger geht aber davon aus, dass der EuGH ein europäisches Patentgericht nicht dauerhaft aufhalten kann: "Wir werden bei der europäischen Patentgerichtsbarkeit vorankommen", sagte sie.
Gegen das EU-Patent wiederum gibt es Widerstand ganz anderer Art: Spanien und Italien sind dagegen, weil das EU-Patent nur in drei Sprachen vergeben werden soll - Englisch, Französisch und Deutsch. Italien und Spanien haben deswegen beim EuGH Klage eingereicht./cho/DP/wiz
AXC0126 2011-07-01/12:56