Russland will in der Energiepolitik viel enger als bisher mit Deutschland zusammenarbeiten und schlägt der Bundesregierung eine weit reichende Allianz vor: Sein Land sei bereit, mit deutschen Partnern Bau, Finanzierung und Betrieb von Kraftwerken im großen Stil zu übernehmen, sagt Russlands Energieminister Sergej Schmatko der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe). Ziel Russlands sei eine vertiefte Energiepartnerschaft in Form eines bilateralen Abkommens mit Berlin. "Es muss zu einer Annäherung kommen. Das ist im Interesse beider Seiten", sagt Schmatko im Hinblick auf den immer härteren internationalen Wettbewerb um Rohstoffe.
Der Vorschlag kommt zu einem überraschenden Zeitpunkt. Denn das Verhältnis zwischen Westeuropa und Moskau ist in der Energiepolitik von Spannungen geprägt. Die Europäische Union zieht gegen die Marktmacht von Gazprom zu Felde. Auf Unternehmensseite liegt Russlands Rohstoffriese mit Abnehmern wie Deutschlands größtem Energiekonzern Eon im Clinch und streitet über die Höhe von Gaspreisen. Dennoch geht die Regierung in Moskau mit ihrem Vorstoß nun in die Offensive. Deutschland brauche nach dem Atomausstieg neue Ersatzkraftwerke mit einer Kapazität von zehn bis zwölf Gigawatt, rechnet Schmatko vor. Das entspreche der Leistung von zehn bis 15 Großkraftwerken. "Wir sind bereit, Projekte in dieser Größenordnung zu finanzieren", kündigt der Minister an. Branchenschätzungen zufolge geht es bei dem Vorschlag um gewaltige Summen. Es seien Investitionen von zehn bis 15 Milliarden Euro nötig, hieß es. Ein deutsch-russisches Energieabkommen soll nach dem Willen Moskaus die Weichen für eine weitreichende deutsch-russische Kooperation stellen. Ein etwaiges Energieabkommen könnte Russlands Rohstoffriesen Gazprom den Einstieg auf dem deutschen Strommarkt ebnen. Der Konzern verhandelt bereits über die Gründung eines Joint-Ventures zur Stromproduktion mit Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern RWE. Nach dem Willen Schmatkos soll das erst der Anfang sein. Russland sei zu raschen Investitionen bereit. Binnen eines halben Jahres könne seine Regierung zusammen mit der russischen Energiewirtschaft und deutschen Technologieanbietern wie Siemens einen entsprechenden Plan ausarbeiten, sagt Schmatko. Erste Gespräche mit deutschen Politikern habe es über diese Idee bereits gegeben. In vier Jahren könnten die ersten Kraftwerke stehen, sagt Schmatko weiter. Die Realisierung aller Projekte hält er innerhalb von zehn Jahren für möglich. Zur Bedingung eines Engagements macht Russland eine breite Zustimmung in Deutschland. "Das alles geht nur bei einem uneingeschränkten politischen 'Ja'", sagt Schmatko. Gegen den Willen der Politik wolle man nicht aktiv werden. Damit setzt Schmatko die Bundesregierung unter Zugzwang. Denn Bislang blockte die Politik Versuche russischer Investoren ab, bei Großkonzernen wie EADS, der Deutschen Telekom oder Infineon einzusteigen.