Frankfurt (ots) - Das Eurosystem ist am Ende. Nein, das heißt
nicht, dass der Euro Geschichte ist. Aber gestern vollzog das
Eurosystem der Zentralbanken (ESZB) einen fundamentalen
Paradigmenwechsel. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB)
beschloss, dass künftig kein einheitlicher Sicherheitenrahmen mehr im
Währungsgebiet gilt. Damit wird die Geldpolitik ein gutes Stück
renationalisiert.
Wenn sich Geschäftsbanken beim Eurosystem refinanzieren wollen,
müssen sie dafür bei ihrer nationalen Zentralbank Sicherheiten - etwa
in Form von Wertpapieren - hinterlegen. Bisher galten dabei in ganz
Euroland einheitliche Standards. Das ist nun nicht mehr so. In einer
Reihe von Euro-Mitgliedsländern gehen den Banken offenbar die
Sicherheiten aus, gleichzeitig hängen sie am Tropf der Geldpolitik.
Sieben nationale Zentralbanken werden deshalb künftig auf eigene
Rechnung ihren Banken Geld leihen, gegen schwächere Sicherheiten.
Sicher, es gab schon vorher einen Weg für die nationalen
Zentralbanken, die gemeinsamen Standards zu umgehen: Die
Liquiditätshilfen für Notfälle (ELA, Emergency Liquidity Assistance).
Nationale Zentralbanken können ihren Geschäftsbanken im Notfall ELA
bereitstellen, auch hier können sie vom einheitlichen
Sicherheitenrahmen abweichen. Allmählich wird aus dem Notfall der
Regelfall. Zwar muss die nationale Ebene den EZB-Rat über ELA und
eine Lockerung des Sicherheitenrahmens informieren. Aber bisher ist
noch kein Fall bekannt, in dem der Rat sein Veto eingelegt hat.
Wer sich über Eurolands Geldpolitik informieren will, findet auf
den Internetseiten der EZB nur noch die halbe Wahrheit. Die wirklich
entscheidenden Dinge sind mittlerweile bei den 17 nationalen
Zentralbanken zu finden. Die einen bauen dabei wachsende und immer
schlechter besicherte Forderungen gegen die maroden Geschäftsbanken
ihrer Ländern auf. Die anderen, allen voran die Bundesbank,
verzeichnen wiederum über das Target-2-System - Eurolands
Zahlungssystem der Zentralbanken - wachsende Forderungen gegen andere
Notenbanken mit schwachen Geschäftsbanken und schlecht besicherten
Forderungen.
Dabei kann Draghi Sorgen in Deutschland über die wachsenden
Target-Forderungen nicht zerstreuen. Sein pauschaler Verweis auf ein
gutes Risikomanagement überzeugt nicht. Dafür wären schon ein paar
Details nötig. Auch das schlichte Negieren der Target-2-Risiken für
die Bundesbank ist ein Armutszeugnis. Sind das womöglich
Auflösungserscheinungen?
(Börsen-Zeitung, 10.2.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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nicht, dass der Euro Geschichte ist. Aber gestern vollzog das
Eurosystem der Zentralbanken (ESZB) einen fundamentalen
Paradigmenwechsel. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB)
beschloss, dass künftig kein einheitlicher Sicherheitenrahmen mehr im
Währungsgebiet gilt. Damit wird die Geldpolitik ein gutes Stück
renationalisiert.
Wenn sich Geschäftsbanken beim Eurosystem refinanzieren wollen,
müssen sie dafür bei ihrer nationalen Zentralbank Sicherheiten - etwa
in Form von Wertpapieren - hinterlegen. Bisher galten dabei in ganz
Euroland einheitliche Standards. Das ist nun nicht mehr so. In einer
Reihe von Euro-Mitgliedsländern gehen den Banken offenbar die
Sicherheiten aus, gleichzeitig hängen sie am Tropf der Geldpolitik.
Sieben nationale Zentralbanken werden deshalb künftig auf eigene
Rechnung ihren Banken Geld leihen, gegen schwächere Sicherheiten.
Sicher, es gab schon vorher einen Weg für die nationalen
Zentralbanken, die gemeinsamen Standards zu umgehen: Die
Liquiditätshilfen für Notfälle (ELA, Emergency Liquidity Assistance).
Nationale Zentralbanken können ihren Geschäftsbanken im Notfall ELA
bereitstellen, auch hier können sie vom einheitlichen
Sicherheitenrahmen abweichen. Allmählich wird aus dem Notfall der
Regelfall. Zwar muss die nationale Ebene den EZB-Rat über ELA und
eine Lockerung des Sicherheitenrahmens informieren. Aber bisher ist
noch kein Fall bekannt, in dem der Rat sein Veto eingelegt hat.
Wer sich über Eurolands Geldpolitik informieren will, findet auf
den Internetseiten der EZB nur noch die halbe Wahrheit. Die wirklich
entscheidenden Dinge sind mittlerweile bei den 17 nationalen
Zentralbanken zu finden. Die einen bauen dabei wachsende und immer
schlechter besicherte Forderungen gegen die maroden Geschäftsbanken
ihrer Ländern auf. Die anderen, allen voran die Bundesbank,
verzeichnen wiederum über das Target-2-System - Eurolands
Zahlungssystem der Zentralbanken - wachsende Forderungen gegen andere
Notenbanken mit schwachen Geschäftsbanken und schlecht besicherten
Forderungen.
Dabei kann Draghi Sorgen in Deutschland über die wachsenden
Target-Forderungen nicht zerstreuen. Sein pauschaler Verweis auf ein
gutes Risikomanagement überzeugt nicht. Dafür wären schon ein paar
Details nötig. Auch das schlichte Negieren der Target-2-Risiken für
die Bundesbank ist ein Armutszeugnis. Sind das womöglich
Auflösungserscheinungen?
(Börsen-Zeitung, 10.2.2012)
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