Essen (ots) - Ein Bürgerrechtler wirft Beate Klarsfeld Stasi-Kontakte vor. Ein anderer Bürgerrechtler warnt vor Joachim Gauck, weil der gar kein richtiger Bürgerrechtler gewesen sei. Seltsam, das alles. Und unappetitlich. Klarsfeld ist eine verdiente Nazi-Jägerin. Man darf unterstellen, dass sie bei ihrer schwierigen Aufgabe mit Geheimdiensten zusammengearbeitet hat. Nationalsozialisten hatten sich nach dem Untergang des so genannten Dritten Reiches überall auf der Welt versteckt. So gut, dass man nicht mal eben die Polizei vorbei schicken konnte. Weshalb sollte sich Klarsfeld nicht der Informationen der DDR-Auslandsaufklärung bedienen? Sie wurde doch dadurch nicht zur Komplizin eines Unterdrückerstaates. Gauck war kein Widerstandskämpfer, der schon Anfang der achtziger Jahre mit Pistolen oder Parolen gegen die DDR gearbeitet hätte. Gauck war nicht Biermann. Er behauptet das aber auch nicht. Jedenfalls hat Gauck dann vor dem verdienten Untergang der DDR 1989 die friedliche Revolution mitorganisiert und ihr eine Stimme gegeben. "Die" Bürgerrechtler gab es nicht. Es gab keine einheitliche Organisation, Mitgliedsausweis inklusive. Es war in der DDR anders als in Polen, wo sich patriotisch-christlich gesinnte Gewerkschafter gegen das Regime organisierten. Die Opposition in der DDR war klein, ihre Motive drifteten auseinander. Anfangs hielten die allerwenigsten Oppositionellen die DDR für einen Irrtum. Sie wollten, wie Gauck, das Land von innen reformieren. Eine Revolution wollten die wenigsten von ihnen, und dann auch erst, als aus "Wir sind das Volk" "Wir sind ein Volk" geworden war, nach der Volkskammerwahl im März 1990 und der Währungsunion. Das Neue Forum, in dem auch Gauck sich engagierte, war gegen die deutsche Einheit, schon gar gegen den so genannten "Anschluss". Als ob es, wenn eine große Demokratie mit einer kleinen Diktatur zusammenkommt, etwas anderes geben könnte - wobei man nicht vergessen darf, dass auch eine Reihe prominenter Westdeutscher für eine Staats-Neugründung nach Grundgesetz-Artikel 146 war und gegen einen Beitritt nach Artikel 23. Fazit: Über die meisten Bürgerrechtler, die vielen Pfarrer, ist die Zeit hinweggegangen. Sie sind vergessen, manche hadern damit. Joachim Gauck ist nicht Geschichte, sondern Zukunft. Das erklärt die Angriffe von gestern.
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