Der Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, hält es für unabdingbar, dass Deutschland als Konsequenz aus der Euro-Schuldenkrise mehr Souveränität an die EU-Kommission in Brüssel abgibt: In diesem Zusammenhang kritisierte er das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Stärkung der Parlamentsrechte in der Europapolitik scharf. "Die Stärkung lokaler Demokratie durch das deutsche Bundesverfassungsgericht ist kontraproduktiv und kann den Zerfall Europas beschleunigen", sagte Zimmermann "Handelsblatt-Online". "Soll dies vermieden werden, so ist die Abgabe weiterer Souveränitätsrechte an europäische Institutionen nötig."
Als demokratische Kompensation biete sich eine Stärkung des europäischen Parlaments an, das über fiskalpolitische Prinzipien mitentscheiden könne. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte am Dienstag entschieden, dass die Bundesregierung das Parlament bei Verhandlungen zur Euro-Rettung schneller und besser informieren muss. Damit stärkte das höchste deutsche Gericht erneut die Rechte des Bundestages. Zimmermann wies auf die Notwendigkeit von Reformen in der EU hin und begründete dies damit, dass der Kern der gegenwärtigen Eurokrise die Differenz zwischen Integrationsanspruch und Realität sei. "Zwar gibt es eine Währung und eine Geldpolitik, aber die Fiskalpolitiken sind dramatisch divers", gab der frühere Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zu bedenken. "Die Notnägel des Maastricht-Vertrages zur Erzwingung von Fiskaldisziplin haben nicht gehalten", unterstrich Zimmermann. Dadurch sei das Vertrauen in die Anpassungsfähigkeit nationaler fiskalpolitischer Stabilitätskulturen an die Euro-Notwendigkeiten auf den Finanzmärkten erschüttert worden. Zimmermanns Fazit lautet daher: "Die erwiesene politische Hilflosigkeit bei der Findung angemessener Reaktionen weist auf zentrale Reformbedarfe im politischen Prozess hin."