Bei der Verkehrsinfrastruktur besteht derzeit eine "Deckungslücke" in Höhe von sieben Milliarden Euro. Drei Milliarden Euro wären für kommunale Straßen und den Öffentlichen Personennahverkehr nötig, zwei Milliarden Euro für die Schiene, 1,5 Milliarden Euro für die Bundes- und Landesstraßen sowie eine halbe Milliarde Euro für die Wasserwege.
Das geht aus dem jetzt fertig gestellten Zwischenbericht der Kommission "Zukunft der Verkehrsinfrakstrukturfinanzierung" hervor, der der "Welt" vorliegt. Die Verkehrsminister von Bund Ländern wollen auf ihrer Konferenz am 4./5. Oktober in Cottbus über die künftige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur beraten. Den Fachleuten der Kommission zufolge hat der Geldmangel von Bund und Ländern bereits Folgen für den Wirtschafsstandort Deutschland. "Die Auswirkungen der Unterfinanzierung haben z.B. durch Beschränkungen von Geschwindigkeiten und Tonnagen bereits zu Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit für die Wirtschaft sowie zu Umweltbelastungen geführt", heißt es in dem 13-Seiten-Papier.
Ein "Weiter so" sei nicht mehr verantwortbar. Die Kommission schlägt zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur eine Pkw-Maut in den Städten, eine Lkw-Maut auf allen Straßen und die Einführung einer "Infrastrukturabgabe" vor. Von einer Pkw-Maut verspricht sich das Gremium eine "Entzerrung des innerstädtischen Verkehrs in Stoßzeiten". Für ein solches System seien derzeit aber noch enorme technische Anforderungen nötig, für eine Ausweitung der Lkw-Maut seien die Erhebungskosten "sehr hoch".
Die "Infrastrukturabgabe" soll für alle Autos auf den überörtlichen Straßen sowie örtlichen Hauptverkehrstrassen gelten. "Für in- und ausländische Pkw kann die Einführung von zeitabhängigen Infrastrukturabgaben für eine Übergangszeit erfolgen", so das Kommissionspapier. Zugleich sollte den Bürgern klar gemacht werden, dass solche Abgaben "in zeit- und entfernungsabhängige Gebührensysteme übergeleitet werden sollen". Wie hoch die Gebühren sein sollen, wird offen gelassen. Vorgeschlagen wird zudem ein "Fonds", der zum einem durch die bereits vorhandene Lkw-Maut, die Kfz- und Energiesteuer gespeist werden soll. Zum anderen könnte es eine "Erweiterung der Finanzierungsbasis? geben, etwa durch die Einbeziehung aller Fahrzeugklassen in die Lkw-Maut - also bereits ab 3,5 Tonnen Gewicht (bisher ab 12 Tonnen) und auch für Busse. Die Mittel aus dem Fonds sollen in Bund, Ländern und Kommunen direkt in den Erhalt und Ausbau der Verkehrswege fließen. Für die Schiene sieht die Kommission eine überraschende Maßnahme vor. Hier komme "ein Verzicht des Bundes auf eine Gewinnabführung der DB AG in Betracht". In Zeiten knapper Kassen beansprucht der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn mindestens 500 Millionen Euro Dividende im Jahr. Doch das Konzept des Expertengremiums stößt bei mehreren Verkehrsministern in den Ländern auf offene Ohren: Sie verlangen von der Bundesregierung schon lange, auf das Geld zu verzichten und es stattdessen in den Ausbau der Bahn zu investieren.