Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück pflegte laut eines Berichts des "Spiegel" eine größere Nähe zu Bankenlobbyisten und zu einer Wirtschaftskanzlei als bisher bekannt. Diese durften in seiner Zeit als Bundesfinanzminister die Gründung einer halbstaatlichen Beratungsfirma für Public-Private-Partnership-Modelle vorbereiten – später hielt Steinbrück bei einigen der beteiligten Firmen bezahlte Vorträge, vergütet mit jeweils mindestens 7000 Euro.
Auch von der Automatenwirtschaft, die Lobbyarbeit für Spielcasinos betreibt, ließ sich Steinbrück engagieren. Im Herbst 2010 trat er bei Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum des "Forums für Automatenunternehmer in Europa" auf. Unterdessen berichtet die "Welt am Sonntag", Steinbrück habe seit Herbst 2009 in der Regel fünfstellige Beträge für seine Vorträge im Auftrag der Finanzindustrie erhalten. In mindestens zwei Fällen im Jahre 2011 lag das Nettohonorar sogar bei 20.000 Euro oder geringfügig darüber.
Bei weiteren vier Engagements lag das Honorar zwischen 10.000 und 15.000 Euro. Besonders in die Kritik geriet Steinbrück wegen eines Interviews, das im Geschäftsbericht 2010 des Baukonzerns Bilfinger veröffentlicht worden war. Für zehn Antworten zum Thema "Öffentliche Private Partnerschaften" stellte eine Kommunikationsagentur, die Steinbrück befragt hatte, 20.000 Euro plus Mehrwertsteuer in Rechnung. Davon soll Steinbrück den größeren Anteil erhalten haben.
In der laufenden Legislaturperiode hat Steinbrück mehr als 80 Nebentätigkeiten mit einem Honorar von über 7000 Euro gegenüber der Bundestagsverwaltung angemeldet. Die einzelnen Honorarposten wollte Steinbrück gegenüber der "Welt am Sonntag" weder bestätigen noch dementieren. Steinbrücks Sprecher verwies auf die laufende Untersuchung seiner Nebentätigkeiten durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer. Innerhalb von drei Wochen will der Kanzlerkandidat die Auftraggeber, den Ort und das Thema jedes einzelnen Vortrages bekannt geben, und eine Durchschnittssumme seiner Honorare veröffentlichen. Derweil hat die Bundestagsverwaltung einen Vorschlag zur Veröffentlichung der Nebentätigkeiten von Abgeordneten erarbeitet: die bisher dreistufige Anzeigepflicht um sieben Stufen zu ergänzen. Die Abgeordneten müssten dann auch Honorare von mehr als 100000 oder 150 000 Euro gesondert ausweisen. Bislang gilt eine – umstrittene – Obergrenze von 7000 Euro. Ein Abgeordneter kann von einem Auftraggeber wesentlich mehr erhalten, ohne dies öffentlich zu machen.