Der nordrhein-westfälische Arbeits- und Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) warnt vor einer massiven Zunahme der "Armutseinwanderung" in deutsche Großstädte. "Wenn nicht endlich gegengesteuert wird, spitzt sich die Situation nach dem 1. Januar 2014 zu", sagte Schneider der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.).
Von diesem Datum an gilt die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen in Europa. Schneider sagte, er habe "vollstes Verständnis" für die tiefe Sorge, die aus einem Positionspapier des Deutschen Städtetags zu dem Thema spreche. Die jährliche Zahl der "Armutseinwanderer" aus Rumänien und Bulgarien hat sich laut diesem Papier im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 von 64.000 auf rund 147.000 mehr als verdoppelt. Im ersten Halbjahr 2012 stieg die Zahl im Vergleich zum Vorjahr abermals um 24 Prozent.
"Ich betrachte diese Entwicklung seit Monaten mit Sorgen", sagte Schneider. Es handele sich zumeist um Roma, die in ihrer Heimat diskriminiert würden, aber in Deutschland aufgrund ihrer Qualifikation oder ihres Gesundheitszustandes kaum eine Chance hätten, gute Arbeit zu finden. Weil diese Menschen vom kommenden Jahr an in vollem Umfang Anspruch auf Sozialleistungen hätten, sei für die Städte mit "unglaublichen Folgen" zu rechnen. Allein in Duisburg, das neben anderen Großstädten wie Frankfurt, Mannheim, München, Hannover oder Dortmund schon stark von Armutseinwanderung betroffen ist, werde mit Mehrausgaben zwischen 15 und 16 Millionen Euro jährlich gerechnet, sagte der Minister der F.A.S. Allerdings seien nicht nur die Kommunen, sondern auch die Länder mit dem Problem überfordert, sagte Schneider.
Der Bundesregierung warf der Minister Untätigkeit vor: "Der Bund muss endlich bei der EU vehement für eine Lösung eintreten. Es kann nicht sein, dass wir alleine gelassen werden." Ziel müsse es sein, die Situation in den Heimatländern der Armutsflüchtlinge zu verbessern. "Bisher versickern die Gelder, die die EU zur Verfügung stellt, dort irgendwo", sagte Schneider, der enge familiäre Kontakte nach Rumänien hat. "Es muss jetzt dringend gehandelt werden, sonst werden Fremdenfeinde bald versuchen, das Problem agitatorisch auszuschlachten", sagte der Integrationsminister der F.A.S.