Regensburg (ots) - Der Bildungserfolg hängt in Deutschland von der sozialen Herkunft ab - das Ergebnis der aktuellen Allensbachstudie ist nicht neu. Solange sich aber nichts an dieser Situation ändert, ist es wichtig, immer wieder den Finger in die Wunde zu legen und Ursachen und Lösungsansätze aufzuzeigen. Denn die Folgen sind gravierend - sowohl für den Einzelnen als auch gesamtgesellschaftlich betrachtet. Wenn Deutschland international konkurrenzfähig bleiben will, ist es auf gut ausgebildete Fachkräfte - egal ob Handwerker oder Akademiker - angewiesen. Ob junge Menschen ihr Bildungspotenzial ausschöpfen können, ist aber oft vom Elternhaus abhängig. Der Studie zufolge besuchen 70 Prozent der Kinder von Eltern aus gehobenen sozialen Schichten ein Gymnasium - bei Kindern aus sozial schwächeren Elternhäusern sind es dagegen nur 30 Prozent. Die Ursachen für die schlechteren Chancen dieser Kinder liegen der Studie zufolge in den Familien. Mangelnde Zeit ist dabei ein Faktor. Sind Mutter oder Vater alleinerziehend oder arbeiten beide Elternteile, dann ist im Alltag oft wenig Zeit, um bei den Hausaufgaben oder der Prüfungsvorbereitung zu helfen. In manchen Fällen können die Eltern ihren Nachwuchs nicht unterstützen, weil sie selbst nur eine geringe Bildung genossen haben oder nur wenig bis gar kein Deutsch sprechen. Manche Eltern interessieren sich auch einfach nicht dafür, wie es bei ihren Kindern in der Schule läuft - nach dem Motto: sollen sich doch die Lehrer darum kümmern. Abhilfe könnte ein Ausbau der Ganztagsschulen schaffen. Hier können die Schüler am Nachmittag bei den Hausaufgaben betreut werden und Fragen stellen, wenn sie etwas nicht ganz verstanden haben. Auch kleinere Klassen, in denen die Schüler individuell besser gefördert werden, könnten helfen, die Chancengerechtigkeit zu verbessern. Nur an den Schulen anzusetzen, ist aber zu kurz gedacht: Viel wichtiger ist ein Ausbau der frühkindlichen Bildungsangebote, vor allem im Bereich Sprachförderung. Ein Kind, das nicht ausreichend Deutsch spricht, wenn es eingeschult wird, hat Probleme, dem Unterricht zu folgen. Die Bildungsausgaben für den Primarbereich sind in Deutschland mit rund 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts allerdings vergleichsweise niedrig. Handlungsbedarf gibt es aber auch bei den Lehrern selbst. Das Problem ist zwar bekannt: 61 Prozent der Pädagogen beklagen mangelnde Chancengerechtigkeit an deutschen Schulen und 83 Prozent von ihnen sind der Meinung, dass bei der Schulempfehlung nicht die soziale Herkunft, sondern die Leistung entscheidend sein sollte. Die Grundschulstudien IGLU und TIMMS, die Kenntnisse im Lesen, in Mathematik und Naturwissenschaften abfragen, haben vergangenes Jahr aber gezeigt, dass Kinder aus Arbeiterfamilien in diesen drei Fächern wesentlich höhere Leistungen erzielen müssen, damit Lehrer für sie eine Gymnasiallaufbahn in Betracht ziehen, als Kinder aus bessergestellten Familien. Daher sollten sich die Lehrer auch selbst hinterfragen, ob sie nicht - bewusst oder unbewusst - Kinder aus sozial schwachen Familien benachteiligen. Die mangelnde Chancengerechtigkeit setzt sich an den Hochschulen fort: Laut Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks studieren 71 von 100 Akademiker-Kindern - aber nur 24 Kinder aus Familien ohne akademische Tradition. Mit der Abschaffung der Studiengebühren in Bayern, die der Landtag gestern beschlossen hat, ist zumindest eine Hürde weggefallen. Das ebenfalls beschlossene Bildungsfinanzierungsgesetz sieht zusätzliche Gelder für frühkindliche Bildung vor. Das sind kleine Schritte in die richtige Richtung - um Chancengerechtigkeit zu schaffen, bräuchte es aber eine größere Anstrengung.
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