Virologen kritisieren die Informationspolitik der saudischen Behörden über das neue MERS-Coronavirus. "Der Informationsfluss ist heute viel langsamer als bei SARS", sagte der Bonner Virologe Christian Drosten dem Nachrichtenmagazin "Focus".
Unzureichend sei, dass Details über den bisher größten Ausbruch mit 23 Infizierten erst nach vier Wochen in einem Fachartikel im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht wurden. "Solche essenziellen Informationen aus einem Aufsatz zu erfahren, regt mich auf", so Drosten. Gängig ist unter Infektionsforschern, vorläufige Informationen über neue Erreger bereits vor der Publikation in E-Mail-Verteilern auszutauschen. Drosten leitet das Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn.
Kritik kommt auch von saudischen Medizinern. Der Professor Tariq Ahmed Madani vom Universitätsklinikum in Dschidda nannte das Vorgehen der Behörden Saudi-Arabiens "beschämend". "Auf diese Details hat die Öffentlichkeit seit acht Monaten gewartet", sagte er "Focus". MERS steht für "Middle East Respiratory Syndrome".
Diese Lungenkrankheit wird durch ein im September entdecktes Coronavirus ausgelöst. Bislang wurden 77 Infektionen bestätigt, 40 Menschen sind gestorben. 62 Infizierte stammen aus Saudi-Arabien.