Die ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und Gerhard Schröder (SPD) haben die Deutschen dazu aufgerufen, an der Bundestagswahl am kommenden Sonntag teilzunehmen. In der Wahl-Sonderausgabe der "Bild-Zeitung", die am morgigen Samstag bundesweit an 41 Millionen Haushalte gratis verteilt wird, schreibt Alt-Bundeskanzler Kohl, wählen zu gehen sei "für jeden Bürger zuerst und vor allem Verantwortung und Verpflichtung zugleich".
Es gehöre "zu den Irrtümern unserer Zeit", so Kohl, "dass die Parteien sich immer ähnlicher würden und es schon deshalb keine Rolle spiele, welche Partei oder welchen Kandidaten man mit seiner Stimme unterstütze". Das Gegenteil sei wahr: Parteien und ihre Kandidaten seien nicht nur an ihren Wahlprogrammen zu unterscheiden, sondern auch "aus früheren politischen Entscheidungen der Partei und aus dem Geist und dem Fundament, auf dem eine Partei steht und auf dessen Basis und Wertesystem sie in der Vergangenheit ihre Entscheidungen getroffen hat". Er selbst habe Leid und Elend des Zweiten Weltkriegs erfahren müssen, den Wiederaufbau der Demokratie nach 1945 und "die friedliche Wiedervereinigung unseres Landes und unseres Kontinents Europa miterlebt und mitgestaltet", so der Alt-Bundeskanzler. Er wisse daher "aus eigener Anschauung, was es bedeutet, wählen zu dürfen."
Kohls Appell an alle Wahlbürger: "Gehen wir wählen: aus wohlverstandenem Eigeninteresse und aus Verantwortung für unser Land." Alt-Bundeskanzler Schröder erklärt in seinem Beitrag für die "Bild": "Wer nicht wählt, der lässt andere über das Schicksal des Landes, und damit verbunden auch über das eigene Schicksal entscheiden." Er selbst sei mit 19 Jahren in die SPD eingetreten mit dem Argument, "dass ich nicht andere über mich bestimmen lassen wollte. Ich wollte selbst mitbestimmen, wohin sich die Gesellschaft entwickelt."
Es sei zwar richtig, so Schröder, wenn junge Menschen beklagen, "dass in den vergangenen Jahren die Politik, gerade die der Bundesregierung, zu einer Politikverdrossenheit beigetragen" und sich "mehr auf das Verwalten als auf das Gestalten konzentriert" habe. Politik brauche "wieder eine klare und mehr Unterscheidbarkeit". Trotzdem gelte: "Wählen ist wichtig, nicht nur weil es ein demokratisches Grundrecht ist, das lange erkämpft werden musste. Ein Recht, das für die Menschen im Osten unseres Landes auch erst seit etwas mehr als zwei Jahrzehnten wieder Realität ist. Wählen ist wichtig, weil nur so Veränderung möglich ist." "Wählen lohnt sich", so Schröder weiter, "Beteiligung und Mitwirkung sind demokratische Tugenden. Und sie sind Voraussetzung für einen sozialen und starken Staat. Nutzen Sie am 22. September Ihr Wahlrecht: entscheiden Sie mit."