Von Laurence Norman und Ilan Brat
Auf den klammen spanischen Staat könnten Steuerrückzahlungen in Milliardenhöhe zukommen. Folgt der Europäische Gerichtshof (EUGH) der Meinung des Generalstaatsanwalts, könnte es für Zentralregierung und Regionen teuer werden. Chefankläger Nils Wahl ist der Überzeugung, dass eine Steuer auf Kraftstoffe gegen EU-Recht verstößt. Seine Meinung ist für die Richter zwar nicht bindend, häufig folgen diese aber der Einschätzung der Staatsanwaltschaft.
Wahl räumte ein, dass eine Verurteilung Madrids "zu ernsthaften wirtschaftlichen Verwerfungen" führen könnte. Die Regierung habe aber trotz vielerlei Warnungen die Steuer eingeführt und über Jahre beibehalten. "Tatsächlich sieht es so aus, als ob Spanien bei der Umsetzung des Gesetzes das Risiko bewusst in Kauf genommen hat", schreib der Generalstaatsanwalt aus Schweden.
Wahl beanstandet den 2002 eingeführten "Gesundheits-Cent", der in Spanien auf Benzin, Diesel und Heizöl fällig wird. Die Einnahmen sollen den Regionen ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, um die Gesundheitsausgaben bestreiten zu können. De facto werden neben der Mineralölsteuer auf einen Liter Kraftstoff mindestens 2,4 Cent erhoben, allerdings ist es den Regionen gestatten, eigenmächtig einen Aufschlag festzulegen. Nach Angaben aus Spanien sind auf diesem Weg bisher 13 Milliarden Euro in das Gesundheitssystem geflossen, für das hauptsächlich die Regionen verantwortlich sind.
Wahl sieht durch die Abgabe europäisches Recht verletzt, dass Bürger und Unternehmen vor indirekten Steuern schützen soll, die den EU-weiten Handel behindern. Die spanische Seite argumentiert mit der wirtschaftlichen Not des Landes. Eine Rückzahlung sei zu teuer und technisch zu kompliziert umzusetzen. Allein die auflaufenden Zinszahlungen für die möglicherweise zu viel gezahlten Steuern würden sich für 2011 auf 3,3 Milliarden Euro summieren.
Wenn das Gericht gegen Spanien entscheiden sollte, plädieren seine Anwälte dafür, dass lediglich die direkten Kläger entschädigt werden sollen. Das spanische Gesetz beschränkt Wiedergutmachungen ab dem Zeitpunkt der Klage auf die vier zurückliegenden Jahre. Ins Rollen gebracht hatte den Prozess eine Firma für Krankentransporte aus Katalonien. Sie fordert für den Zeitraum zwischen 2005 und 2008 Rückzahlungen von 45.000 Euro. Allerdings sind hunderte weitere Klagen anhängig.
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October 24, 2013 06:29 ET (10:29 GMT)
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