Von Andreas Kißler
BERLIN--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Position Deutschlands als europäischer "Wachstumsmotor" unterstrichen und zugleich durchgreifende Reformen gefordert, um die Staatsschuldenkrise in Europa endgültig zu überwinden. "Heute können wir feststellen: Deutschland geht es so gut wie lange nicht", sagte Merkel in einer Regierungserklärung zur Arbeit der Großen Koalition im Bundestag in Berlin. "Die Menschen schauen so optimistisch in die Zukunft wie seit dem Fall der Mauer nicht mehr."
Deutschland sei Stabilitätsanker in Europa. "Wir tragen maßgeblich dazu bei, dass die europäische Staatsschuldenkrise überwunden werden kann". Jedoch sei die Krise "allenfalls unter Kontrolle", betonte die Kanzlerin. "Dauerhaft und nachhaltig überwunden ist sie damit noch nicht." Hierfür sei "ein Quantensprung" in der wirtschaftspolitischen Koordinierung in Europa erforderlich, die bislang nur mangelhaft sei.
Merkel bekräftigte, eine Lehre aus der Krise müsse sein, keinen Finanzplatz, keinen Akteur und kein Produkt unreguliert zu lassen, und erneuerte die deutsche Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer: "Finanzakteure müssen durch die Finanztransaktionssteuer zur Verantwortung gezogen werden."
Als Ziele ihrer dritten Amtszeit benannte die Kanzlerin vier Bereiche: solide Finanzen, Investitionen in die Zukunft Deutschlands, eine Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Fähigkeit Deutschlands, Verantwortung in Europa und in der Welt zu übernehmen. "Diese vier Punkte sind nicht hierarchisch gegliedert - sie stehen gleichrangig nebeneinander", unterstrich die Kanzlerin. Die Koalition wolle "den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns" stellen, betonte sie mehrfach. "Das leitet die Regierung der Großen Koalition von CDU, CSU und SPD." Als "Kompass" des Regierungshandelns bezeichnete Merkel die Soziale Marktwirtschaft.
Mit ihrer Regierungserklärung macht Merkel 43 Tage nach ihrer Vereidigung und mehr als vier Monate nach der Bundestagswahl den Auftakt für eine Debatte über die grundsätzlichen politischen Richtlinien für die aktuelle Wahlperiode. Die auf eine Stunde angesetzten Ausführungen hielt die Kanzlerin erstmals im Sitzen - ihrem Ski-Unfall im Weihnachtsurlaub geschuldet, bei dem sie sich eine Beckenverletzung zugezogen hatte. Nach Merkels Rede ist eine mehrstündige Aussprache im Plenum geplant. In den kommenden Tagen sollen dann Debatten über den Kurs in den einzelnen Ressortbereichen geführt werden.
Das Kabinett hatte sich bereits bei seiner Klausurtagung in der vergangenen Woche im brandenburgischen Meseberg auf gemeinsame Projekte eingeschworen. Das erste davon hat die Koalition mit ihrem Rentenpaket am Mittwoch auf den parlamentarischen Weg gebracht.
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January 29, 2014 05:47 ET (10:47 GMT)
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