Von Hans Bentzien
Der Welthandel ist Anfang 2014 weiter gewachsen. Das deutet darauf hin, dass auch die deutschen Ausfuhren zu Jahresbeginn zugelegt haben, nachdem sie im vierten Quartal die wichtigste Stütze des Wirtschaftswachstums gewesen sind. Der Containerumschlagindex des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) ist im Januar auf 120,7 Punkte von 117,5 im Vormonat gestiegen.
Der neue Höchstwert deutet nach Aussage von Roland Döhrn, Leiter des Kompetenzbereichs Wachstum, Konjunktur, Öffentliche Finanzen, auf einen weiterhin stabilen Aufschwung des Welthandels hin. Der Wert für Dezember 2013 musste allerdings gegenüber der vor einem Monat veröffentlichten Schnellschätzung um 2,4 Indexpunkte gesenkt werden. Ausschlaggebend waren vor allem unerwartet schwache Daten einiger chinesischer Häfen. Für Januar meldeten die chinesischen Häfen hingegen wieder deutliche Zuwächse.
Allerdings ist das RWI auch bei der Interpretation des Indexes für Januar etwas vorsichtig. "Der Anteil der chinesischen Häfen ist hoch, und im Januar und Februar kommt es Verzerrungen wegen des dortigen Neujahrsfestes", sagte Döhrn.
Eine ähnlich starke Revision wie im Dezember erwartet das RWI allerdings nicht, weil sich an der aktuellen Umfrage 41 Häfen beteiligt haben, die fast 70 Prozent des im Index abgebildeten Containerumschlags abdecken. Für Februar (Veröffentlichung am 24. März) rechnet der Ökonom mit einem starken Rückgang des nicht-saisonbereinigten Index.
Laut Döhrn arbeitet das RWI gerade an einer Prognose für den deutschen Außenhandel in den nächsten beiden Jahren. Sein genereller Ausblick: "Im Euroraum, und das ist immer noch der wichtigste Absatzmarkt für deutsche Waren, belebt sich die Konjunktur derzeit spürbar. In vielen Schwellenländern werden hingegen Probleme sichtbar." Per Saldo erwartet das RWI einen lebhafteren Export, wobei die Zuwächse laut Döhrn "gemessen am langfristigen Durchschnitt moderat" bleiben dürften.
Der seit genau zwei Jahren veröffentlichte Containerindex baut auf den vom ISL fortlaufend erhobenen Angaben zum Containerumschlag in internationalen Häfen auf. Mit der ersten Veröffentlichung für 2014 wurde der Kreis der beobachteten Häfen aktualisiert. Der Hafen Colombo (Sri Lanka) geht aufgrund ausbleibender Datenlieferungen nicht mehr in den Index ein. Neu aufgenommen wurden der Hafen Casablanca (Marokko) sowie die türkischen Häfen Ambarli und Mersin.
Der auf nunmehr 75 Häfen erweiterte Beobachtungskreis deckt weiterhin rund 60 Prozent des weltweiten Containerumschlags ab. Da der internationale Handel im Wesentlichen per Seeschiff abgewickelt wird, lassen die Containerumschläge zuverlässige Rückschlüsse auf den Welthandel zu. Weil viele Häfen bereits zwei Wochen nach Ablauf eines Monats über ihre Aktivitäten berichten, ist der RWI/ISL-Containerumschlagindex ein zuverlässiger Frühindikator der Entwicklung des internationalen Handels mit verarbeiteten Waren und damit auch der weltwirtschaftlichen Aktivität.
Deutschlands Anteil am Welthandel hat sich laut Döhrn in den vergangenen Jahren kaum verändert, was er bemerkenswert findet: "Normalerweise wäre zu erwarten, dass eine entwickelte Volkswirtschaft in dem Maße Anteile verlieren, wie neue Länder in den Welthandel eintreten, und bei vielen Ländern ist das auch tatsächlich so. Aber Deutschlands Anteil ist relativ stabil", sagte er.
Döhrn warnte davor, die Bedeutung des Außenhandels auf die schwankenden Wachstumsbeiträge der Nettoexporte zu reduzieren. "Die deutsche Wirtschaft hat einen Exportanteil von 45 Prozent. Ein hohes Wachstum von Ausfuhren und Einfuhren hat daher auch eine starke Ausstrahlung auf Investitionsentscheidungen und auf die gesamte Konjunktur", erläuterte er.
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February 25, 2014 08:47 ET (13:47 GMT)
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