Von Nicholas Winning
LONDON--Angesichts der anhaltenden Spannungen in der Ukraine drohen europäische Politiker mit ernsten Folgen für Russland im Energiemarkt. Europäische und amerikanische Politiker werden Verhandlungen über höhere US-Exporte nach Europa aufnehmen, sagte Großbritanniens Außenminister William Hague am Sonntag. EU-Energiekommissar Günther Oettinger kündigte an, dass sich die Gespräche über Gaspipelines mit Russland verzögern werden.
Westliche Politiker senden damit das Signal nach Moskau, dass Russland für den Krim-Konflikt langfristige wirtschaftliche Konsequenzen drohen. Europa hat bereits erste leichte Sanktionen gegen Russland beschlossen, einige Politiker warnen aber auch vor den Folgen der Maßnahmen gegen Moskau.
Zusätzlich zu Gasexporten aus den USA nach Europa gebe es offensichtlich mehr Argumente für Investitionen wie den Bau von Gas-Pipelines, mit denen Russland umgangen werde. Als Beispiel führte Hague in einem Interview mit dem Sender BBC das Energie-Projekt in Baku an, mit dem Gas aus Aserbaidschan via Pipelines direkt nach Europa transportiert wird. Der Kontinent reduziert damit seine Abhängigkeit von russischem Gas.
Führende Politiker der Europäischen Union haben Russland vor weitreichenden wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen gedroht, wenn Moskau seine Intervention in der Ukraine ausweitet. Zudem fordern westliche Politiker, dass Russland Gespräche mit der neuen Regierung in Kiew aufnimmt.
Sollte es keine Lösung geben, so Hague, würden europäische Staaten ihre Verbindungen zu Russland bei ökonomischen und energiepolitischen Themen im Laufe der Zeit überdenken und umgestalten. Großbritannien kauft etwa 1 Prozent des Erdgasbedarfs von Russland, andere Staaten kauften dagegen mehr als ein Drittel ihres Verbrauchs, weshalb es für diese Länder schwieriger werden würde.
Eine Konsequenz der russischen Maßnahmen in der Ukraine sei, so Hague weiter, dass sich diese gewisse Abhängigkeit von russischem Gas verändern werde. In Deutschland werden beispielsweise rund 35 Prozent des Erdgas-Verbrauchs aus Russland eingeführt.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger kündigte am Wochenende an, er werde die Verhandlungen über eine geplante weitere Gaspipeline von Russland in die EU in die Länge ziehen. "Unsere Gespräche über Pipelines wie South Stream beschleunige ich derzeit nicht. Sie werden sich verzögern", sagte Oettinger der Zeitung Die Welt. Gleichzeitig sieht der EU-Energiekommissar keine Gefahr, dass Russland wegen des aktuellen Konfliktes die Gaslieferungen in die EU drosseln oder gar einstellen wird: "Ich gehe nicht davon aus, dass die Russen ein Interesse daran haben."
Oettinger warnte aber vor Folgen der Russland-Sanktionen auf die europäische Konjunktur. "Angesichts der engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen EU und Russland besteht die Gefahr, dass die zarte Erholung der europäischen Wirtschaft beeinträchtigt wird."
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich zunächst geeinigt, die Gespräche über Visa-Erleichterungen und ein neues EU-Russlandabkommen auf Eis zu legen. Sie haben aber auch mit Reisebeschränkungen und dem Einfrieren von Konten gedroht.
Als weitere Maßnahme gegen Russland könnten Großbritannien und andere Mitglieder der G8 auch das nächste Treffen in Sotschi im Juni absagen, sofern keine diplomatischen Fortschritte erzielt würden, sagte Großbritanniens Außenminister Hague. London und andere Länder haben bereits ihre Vorbereitungen zu dem Treffen unterbrochen. Zu den Ländern der Gruppe der Acht zählen die USA, Großbritannien, Japan, Deutschland, Kanada, Frankreich, Italien und Russland.
Mitarbeit: Markus Klausen und Hans Bentzien
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March 09, 2014 10:28 ET (14:28 GMT)
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