Von Andreas Plecko
Die deutsche Wirtschaft ist erstmals seit gut einem Jahr geschrumpft. Wegen des schwächelnden Außenhandels und sinkender Investitionen ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurück, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) berichtete. Die Statistiker bestätigten damit ihre erste Schnellschätzung. Volkswirte hatten diese Abschwächung erwartet, nachdem das erste Quartal wegen des sehr milden Winters ein sehr kräftiges Wachstum gezeigt hatte und durch internationale Krisen neue Belastungsfaktoren aufgekommen waren.
In das BIP fließt der Wert aller Waren und Dienstleistungen ein, die innerhalb eines Landes hergestellt werden. Zuletzt war die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal 2013 (um 0,4 Prozent) geschrumpft.
Das Statistische Bundesamt wendet nun die neuen europäischen Regeln zur Berechnung des BIP an. Damit steigern zum Beispiel auch Drogenhandel, Prostitution und der Kauf von Kriegsgerät die Wirtschaftsleistung. Zudem werden Forschung und Entwicklung als eigenständige Wertschöpfung angesehen.
Positive Impulse kamen im Frühjahr vom Konsum: Sowohl die privaten als auch die staatlichen Konsumausgaben legten um 0,1 Prozent zu. Die Unternehmen zeigten sich hingegen vorsichtig und kürzten ihre Investitionen: In Ausrüstungen wie Maschinen, Geräte und Fahrzeuge flossen 0,4 Prozent weniger als im Vorquartal.
Der Außenbeitrag - die Differenz aus Exporten und Importen - konnte das BIP ebenfalls nicht stützen: Zwar stiegen die Exporte in den ersten drei Monaten des Jahres um 0,9 Prozent, im selben Zeitraum legten aber die Importe mit 1,6 Prozent wesentlich stärker zu. Im Saldo bremste der Außenhandel somit das BIP-Wachstum um 0,2 Prozentpunkte.
Auf Jahressicht lag das BIP im ersten Quartal kalenderbereinigt um 1,2 Prozent höher. Auch damit bestätigten die Statistiker ihre erste Datenveröffentlichung. Im gesamten ersten Halbjahr wuchs die Wirtschaft um 0,8 Prozent gegenüber der zweiten Jahreshälfte 2013.
Im Juni hatte die Bundesbank für Deutschland ein Wachstum von 1,9 Prozent für dieses Jahr in Aussicht gestellt. Ende Juli hatte Bundesbankpräsident Jens Weidmann allerdings schon eingeräumt, dass der Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts etwas hinter dieser Prognose zurückbleiben könnte.
Viele Ökonomen glauben nicht, dass die deutsche Wirtschaft dauerhaft den Wachstumskurs verlassen wird. Der Konsum in Deutschland sei immer noch erfreulich stark, und hinter der Delle stünden vor allem die weltweiten Krisen und die Schwäche großer Euro-Staaten, sagten diese Experten.
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September 01, 2014 02:12 ET (06:12 GMT)
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