Der ehemalige italienische Regierungschef und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi gibt Deutschland eine gehörige Mitschuld am Ausmaß der griechischen Schuldenkrise. "Die deutsche Regierung war unflexibel", sagte Prodi dem Deutschlandradio Kultur am Mittwoch mit Blick auf die schwierigen Verhandlungen mit Athen. "Die griechische Regierung hat Tausend Fehler gemacht, das ist klar. Aber: Sie wurde zwangsverwaltet und ihrer Entscheidungsgewalt beraubt. Und das wird in Zukunft kräftige Spuren hinterlassen."
Deutschland war im Schuldenstreit von zahlreichen Ökonomen und Spitzenpolitikern dafür kritisiert worden, stur auf eine zu einseitige Sparpolitik in Griechenland zu pochen. Damit seien eine nachhaltige Gesundung des Landes und wirtschaftliches Wachstum schier unmöglich geworden. Andere Stimmen sehen die Verantwortung hingegen primär bei den Griechen und deren fehlender Reformbereitschaft.
Prodi fürchtet eine Spaltung Europas ob des griechischen Dramas und fordert deshalb mehr Einfluss für die EU-Institutionen. So sei die EU-Kommission "nicht nur in der Griechenland-Frage, sondern auch in der internationalen Politik der letzten Jahre ein Zuschauer" gewesen. Auch die im EU-Parlament vertretenen Großparteien hätten "eine völlig nationale Politik verfolgt", anstatt eine eigene europäische Linie zu entwickeln. Ohne weitere politische Integration drohe Europa deshalb "zur Kolonie" der Großmächte USA und China zu werden./mk/DP/fbr
AXC0048 2015-07-15/09:20