Mehrere renommierte Soziologen haben das Meinungsforschungsinstitut Forsa für eine veröffentlichte Umfrage betreffend der Griechenland-Politik kritisiert. Forsa hatte zu Beginn der Woche eine nach eigenen Angaben "repräsentative" Meinungsumfrage durchgeführt, bei der die Befragten laut Veröffentlichung dazwischen wählen konnten, ob sich Kanzlerin Angela Merkel bei den Verhandlungen in Brüssel "alles in allem richtig verhalten" habe, oder ob sie Griechenland zu einem Grexit hätte zwingen sollen.
Als weitere Antwortoption stand nur "Weiß nicht" zur Verfügung. "Diese Fragestellung von Forsa ist schlecht", sagte Michael Häder, Soziologie-Professor an der TU Dresden und Experte für Methoden der empirischen Sozialforschung, der dts Nachrichtenagentur. Besser wäre beispielsweise, die Verhandlungstaktik der Kanzlerin allein auf einer Notenskala bewerten zu lassen, wenn man eine entsprechende Informationen daraus ableiten wolle. "Bei einer 'Oder-Frage' hat die genaue Formulierung beider Möglichkeiten einen Einfluss auf das Ergebnis", kritisiert auch Andreas Diekmann, Autor eines Standardwerks für Umfragemethoden.
Erscheine in der Befragung eine Alternative - hier also der Grexit - als weniger attraktiv, dann profitiere davon die andere Alternative. Die Wortwahl "zu einem Ausstieg zwingen" könne dies noch verstärkt haben, so der Soziologie-Professor. Mehrere große Nachrichtenagenturen hatten das Ergebnis der vom "Stern" in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage mit Überschriften wie "Mehrheit mit Merkels Griechen-Kurs zufrieden" oder "Merkels Griechenland-Politik gefällt vielen Grünen-Anhängern" weiterverbreitet. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier, der die Kritik an der Umfragemethode und der darauf folgenden Berichterstattung zuerst publik gemacht hatte, war dafür von Forsa-Chef Manfred Güllner scharf attackiert worden.
"Das kann man nicht fachlich kritisieren, wenn es einem ideologisch nicht gefällt - Merkels Vorgehen wird von den Bundesbürgern mehrheitlich gebilligt, ob es nun Herrn Niggemeier gefällt oder nicht", sagte der Forsa-Chef seinem Auftraggeber, dem "Stern". Er habe in der Vergangenheit schon einmal vergeblich versucht, Niggemeier "das Einmaleins der Umfrageforschung nahezubringen", so Güllner. Diese Aussage erscheint nach der Kritik von Güllners Professoren-Kollegen nun wohl in einem anderen Licht. Laut veröffentlichtem Umfrageergebnis sollen 55 Prozent der Deutschen angeblich der Ansicht sein, dass sich die Kanzlerin in der Griechenland-Krise "alles in allem richtig verhalten habe", 31 Prozent wählten hingegen die andere angebotene Antwortoption, wonach Merkel Griechenland zu einem Ausstieg aus dem Euro hätte zwingen sollen. Die restlichen 14 Prozent hatten laut Veröffentlichung angeblich "keine Meinung". Wenn diese Zahlen stimmen würden, dann blieben nur noch 0 Prozent übrig für diejenigen Deutschen, die der Meinung sind, Merkel habe sich falsch verhalten, die aber auch einen "Grexit" ablehnen - und das scheint dann doch eher unwahrscheinlich.