München - Hillary Clinton gilt als Favoritin für die US-Präsidentschaftswahl. Doch selbst wenn Donald Trump verliert: Seine Kampagne und die starke Polarisierung im Wahlkampf werden langfristige Wirkung haben, sind die Politikwissenschaftler Tim Büthe und Simon Hegelich überzeugt. Im Interview analysieren sie, welche Rolle die sozialen Medien dabei spielen, wie Trump sich nach der Wahl verhalten könnte und was Clinton als Präsidentin tun müsste, um die Spaltung der Gesellschaft zu mindern. Büthe und Hegelich forschen an der Hochschule für Politik an der Technischen Universität München.
Der Wahlkampf wird als der schmutzigste in der US-Geschichte beschrieben. Welche Rolle spielt dabei das Verhalten in den sozialen Medien?
Hegelich: Die klassischen politischen Themen, wie etwa die Aussenpolitik, rücken in den sozialen Medien in den Hintergrund. Die grossen Fragen lauten hier: Ist Trump ein Sexist? Hat Clinton Parkinson? Das hängt zusammen mit einer sehr starken Polarisierung. Zwar stimmt die These von der Social-Media-Filterblase nicht, die Menschen nehmen andere Meinungen durchaus wahr. Aber sie akzeptieren sie nicht. Solch eine polarisierte Auseinandersetzung entsteht zwar nicht allein durch die sozialen Medien, aber sie wird dort aggressiver geführt, wozu auch eine große Zahl an Bots, also gesteuerten Fake-Profile, beiträgt. Und ich bin überzeugt, dass dieser Stil die Debatte ausserhalb der sozialen Medien beeinflusst.
Ist die basisdemokratische Wirkung, die sozialen Medien immer wieder zugeschrieben wurde, im US-Wahlkampf ganz verloren gegangen?
Hegelich: Nein, die Unterstützung für Bernie Sanders war eine echte Bewegung von unten, für die vor allem der Social-News-Dienst Reddit ganz wichtig war. Aber das gilt nicht für die Demokraten im Gesamten. Was Clinton in den sozialen Medien macht, ist reine Inszenierung. Die App, die sie anbietet, setzt zum Beispiel auf Gamification. Da kann man Wahlkampfmanager spielen, in einem Design, das stark an Google erinnert. Währenddessen lädt die App die Kontaktlisten der Smartphones runter, in denen man sieht, wer Facebook nutzt. An diese Facebook-Freunde werden dann Wahlwerbung und Spendenaufrufe verschickt - im Namen der App-Nutzer. Einen direkteren Daten-Zugriff hatte Facebook bei Obama bemerkt und unterbunden, aber das Clinton-Team nimmt jetzt einfach einen kleinen technischen Umweg.
Liegt Clinton auch deshalb in den Umfragen vorn?
Hegelich: Clinton holt zwar gerade etwas auf, was die sozialen Medien angeht, aber Trump ist dort sehr präsent. Er ...
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