Tschetschenische Banden breiten sich in der organisierten Kriminalität in Deutschland immer stärker aus. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montagsausgabe) unter Berufung auf das Bundeskriminalamt (BKA).
Tschetschenische Banden sind demnach nicht mehr nur als "Söldner" für andere kriminelle Gruppierungen tätig, sondern übernehmen ganze Geschäftsfelder im Drogenhandel, aber auch bei Raub, Diebstahl und Fälschungen. "Früher fielen Kriminelle aus Tschetschenien vor allem durch dadurch auf, dass sie für andere Gruppierungen tätig waren. Heute wollen sie nicht mehr nur Dienstleister sein, sondern dringen aggressiv auf kriminelle Geschäftsfelder vor", sagte BKA-Kriminaldirektor Michael Nagel der Zeitung. So sollen tschetschenische Kriminelle große Teile des Drogenhandels in Berlin übernommen haben.
Insgesamt haben die Sicherheitsbehörden 200 bis 250 Personen aus Tschetschenien und dem Nordkaukasus im Blick, denen sie eine gewichtige Rolle in der organisierten Kriminalität in Deutschland zuschreiben. Das Vordringen tschetschenischer Banden hat nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden auch damit zu tun, dass die Gruppen konsequent auf Gewalteskalation setzen. "Haben sie aber einmal den Konkurrenzkampf aufgenommen, dann weichen sie nicht mehr zurück, sondern gehen auch mit hoher Gewaltbereitschaft vor", sagte Nagel, der im BKA den Bereich Auswertung Organisierte Kriminalität (OK) leitet. Mit Sorge sehen die Behörden, dass Tschetschenen ihre Gewinne aus kriminellen Geschäften zunehmend in legale Unternehmen investieren.
Tschetschenen sind vor allem in Sicherheits- und Wachschutzfirmen vertreten. Der Nachwuchs für kriminelle Gruppierungen wird in Kampfsportvereinen rekrutiert. Aus ihnen speist sich auch die Türsteher-Szene, über die Drogenhandel kontrolliert und Schutzgeld erpresst wird. Die Sicherheitsbehörden beobachten zahlreiche persönliche Kontakte und enge finanzielle Beziehungen zwischen tschetschenischen Kriminellen in Deutschland und dem Präsidenten der russischen Teilrepublik, Ramsan Kadyrow, in Grosny.
"Die Gefahr, die von nordkaukasischen und vor allem tschetschenischen Tätergruppen ausgeht, darf nicht unterschätzt werden", sagte Kriminaldirektor Nagel. Man müsse frühzeitig einschreiten, "bevor sich kriminelle Vereinigungen dauerhaft in Deutschland etablieren können".