Von Jörn Rehren DOW JONES NEWSWIRES
FRANKFURT (Dow Jones)--Nach Ansicht des Chefvolkswirts der Allianz ist eine Staatspleite für Griechenland noch immer vermeidbar. Bei der Vorstellung des aktuellen Global Wealth Report der Allianz am Mittwoch in Frankfurt sagte Michael Heise: "Die Rettung Griechenlands ist noch möglich." Ein Schuldenschnitt sollte unbedingt vermieden werden, mahnte er. Dafür müssten strukturelle Lösungen für Griechenland gefunden und auch gewaltiger Druck über die Troika aus Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank auf die Griechen ausgeübt werden.
Die bisherigen Maßnahmen der EU seien aber hilfreich, vor allem die jetzt größere Flexibilität der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF), um die zur Verfügung stehenden Mittel effizienter einzusetzen. Insbesondere der Rückkauf von Anleihen zum derzeit niedrigen Kurswert habe eine starke Hebelwirkung zur Schuldenentlastung, sagte Heise. Diese Maßnahmen müssten nur schnellstmöglich umgesetzt werden. Langfristig liege die Lösung in einer stärkeren europäischen Zusammenarbeit in der Finanzpolitik, die durchaus sanktionsbewehrt sein müsse.
Heise warnte davor, wie jetzt teilweise in der deutschen Politik geäußert, Griechenland schon jetzt aufzugeben. "Eine Insolvenz schafft nicht die erhoffte Ruhe", prophezeite er. Anders als bisher würden die Steuerzahler bei einer Griechenland-Pleite auf alle Fälle mit Milliardenbeträgen zur Kasse gebeten. Zudem befürchtet er weiterhin eine Ansteckung anderer Euro-Peripherieländer.
Im gleichen Zug mahnte er zu mehr Gelassenheit im Umgang mit der Schuldenkrise. Vor dem Hintergrund immer noch erheblicher privater Vermögenswerte auch in den Schuldenländern - mit Ausnahme Griechenlands - gebe es "keinen Grund, hysterisch zu werden", sagte Heise. Länder wie Italien und Irland rangierten bei den privaten Bruttovermögen sogar noch vor Deutschland, das sich weltweit erst auf Platz 17 finde. Auch Spanien folge nur drei Plätze dahinter. Insofern sei auch der ständige Fingerzeig auf Deutschland als notwendiger Retter zu hinterfragen. Die verschuldeten Länder müssten zuvorderst selbst ihre Probleme lösen - möglicherweise auch indem für kurze Zeit vorhandene Vermögen über eine Steuer angezapft werden.
Dem Vermögensbericht der Allianz zufolge sind die globalen Bruttogeldvermögen im vergangenen Jahr um 6,2% gestiegen und haben damit erstmals den Rekordwert von 2007 wieder überschritten. Der Anstieg sei jedoch vor allem auf das rasante Wachstum in den Schwellenländern zurückzuführen. Im gesamten vergangenen Jahrzehnt habe es in den aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens, Lateinamerikas und Osteuropas durchweg zweistellige Zuwachsraten gegeben, während es global jährlich nur gut um gut 4% nach oben ging.
Mittlerweile gehörten 300 Millionen Menschen aus den Schwellenländern zur globalen Vermögensmittelschicht, das heißt mehr als die Hälfte dieser wachsenden Gruppe komme nicht mehr aus den "alten" Industrieländern. "Dies wird profunde Auswirkungen auf die weltweiten Finanz- und Vermögenswerte haben" erwartet Heise. Das globale Wohlstandsgefälle bleibe dennoch erhalten, warnte er. Die Lücke zwischen reicheren und ärmeren Ländern sei "immer noch gewaltig" und in den letzten zehn Jahren sogar noch weiter gestiegen.
Daneben hätten die Finanzkrisen im zurückliegenden Jahrzehnt tiefe Spuren in der Vermögenslandschaft hinterlassen, sagte Heise weiter. In der Konsequenz sei vor allem in den reicheren Ländern ein Trend hin zu konservativen und sicheren Anlagen unübersehbar. Seit dem Jahr 2000 sei der Anteil von Bankeinlagen am Vermögensportfolio um über vier Prozentpunkte gestiegen, während der von Wertpapieren um fünf Prozentpunkte gesunken sei. Die Flucht der Anleger in risikoarme, aber auch renditeschwache Anlagen sei angesichts der Unsicherheiten an den Märkten zwar verständlich, unter dem Aspekt eines langfristigen Vermögensaufbaus aber auch problematisch, sagte Heise.
-Von Jörn Rehren, Dow Jones Newswires, 49 (0)69 - 29725 115, joern.rehren@dowjones.com DJG/reh/apo
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September 14, 2011 07:44 ET (11:44 GMT)
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