
- Von Hans Hutter -
FRANKFURT (Dow Jones-VWD)--Wegweisende Analysen für die Geldpolitik kommen seit einiger Zeit aus dem "exterritorialen" BIZ-Turm. So war das beim öffentlichen Aufzeigen der geldpolitischen Verantwortung nicht nur für Preis-, sondern auch für Finanzstabilität nach dem Platzen der globalen Börsenblasen im Frühjahr 2000 - so nun in der Analyse für die Verantwortung der globalen Ungleichgewichte. Zwar fokussieren IWF wie auch Fed und EZB die Leistungsbilanzungleichgewichte - mit dem US-Defizit und dem Dollar-Risiko im Zentrum - seit einiger Zeit deutlicher als früher. Aber ihre Schlussfolgerungen sind eher ausgewogene Diplomatie als gründliche Analyse für eine Korrektur- und Anpassungspolitik.
Mutiger ist erneut die BIZ: Was IWF und G-7 nur oberflächlich ansprechen, analysieren Guy Debelle und Gabriele Galati ("Current account adjustment and capital flows"/BIS Working Paper 169/Februar 2005) gründlicher, indem sie die Leistungsbilanzprobleme der vergangenen 30 Jahren untersuchen, wobei sie das US-Leistungsbilanzdefizit in den Mittelpunkt stellen, hin bis zur heutigen Problemlage mit der mutigen Aussage: Das aktuelle US-Leistungsbilanzproblem ist eher ein "endogenous event" infolge binnenwirtschaftlicher Ungleichgewichte als ein "exogenous event". Die globalen Entwicklungen lösen aber den Anpassungsprozess und damit die Korrektur der binnenwirtschaftlichen Ungleichgewichte aus. Und in der Kapitalbilanzbewegung trifft der Anpassungsprozess vor allem den privaten Sektor.
Wenn Geschäftsführender IWF-Direktor Rodrigo de Rato und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die globalen Ungleichgewichte als eine Herausforderung für alle führenden Wirtschaftsräume ausmachen und die USA für eine Stärkung der Ersparnisbildung, den Euro-Raum für eine Stärkung der Binnenwirtschaft durch Reformpolitik und China zur mehr Wechselkursflexibilität auffordern, dann ist das nach Ansicht von Ökonomen richtig - und doch nicht ganz, die Hauptverantwortung der USA wird nicht verdeutlicht.
Das macht HSBC-Bankökonom Stephen King, indem er die These vom unterbewerteten Yuan ebenso widerlegt wie die angebliche Korrekturkraft einer Yuan-Aufwertung. Die wirkliche Schuld am US-Leistungsbilanzdefizit liege in der mangelnden Ersparnisbildung in den USA, so King, der die offene wechselkurspolitische Schelte an die Adresse von China als falsch und als gefährlich bezeichnet. EZB und Eurogruppe müssen bei diesen Ungleichgewichten auf der Hut sein, gefordert ist eine Stärkung der Binnennachfrage, wobei aber Strukturreformen einen langen Atem brauchen.
Die BIZ-Studie erinnert an die großen Abwertungen des Dollar 1985/87 um 65% zum Yen und 60% zur D-Mark, wobei damals die japanische und die deutsche Wirtschaft ein relativ robustes Wachstum vorzuweisen hatten - im Gegensatz zu heute. Aber auch im Euro-Zeitalter gibt es einen realen Wechselkurs: Die Dollar-Abwertung von real 18% seit Anfang 2002 (außenhandelsgewichtet) gilt für den Euro zur Außenwelt, für Deutschland errechnet sich eine reale außenhandelsgewichtete Euro-Aufwertung von nur 4%, für Frankreich von 9% und für Italien von 17%.
Zur Wachsamkeit - und nicht zur Panikmache - rät auch die BIZ mit ihrer jüngsten "Zentralbankerhebung über das Geschäft an den Devisen- und Derivatemärkten" (Dezember 2004). Aufgezeigt wird ein steiler Anstieg des herkömmlichen Devisenhandels und als treibende Kräfte werdem "Momentum Trading und Carry Trades" genannt, motiviert durch das weltweite Renditestreben institutioneller und fremdfinanzierter Anleger - aber auch Absicherungstransaktionen. Die Geld- und Währungspolitik steht vor großen Herausforderungen.
-Von Hans Hutter, +49 (0) 6196 405 392; konjunktur.de@dowjones.com
(ENDE) Dow Jones Newswires/25.2.2005/hu/apo
© 2005 Dow Jones News