WALLDORF (Dow Jones)--Bei der SAP AG, Walldorf, findet am kommenden Mittwoch zwischen 8.00 und 18.00 Uhr die kontrovers diskutierte erste Betriebsratswahl der Unternehmensgeschichte statt. Anschließend wird die Mitarbeitervertretung bei Deutschlands größtem Softwarehaus personell deutlich gestärkt, allerdings haben sich die 10.700 Wahlberechtigten für einen Modus entschieden, der das Gremium so klein hält, wie gesetzlich nur irgend möglich, bestätigte ein Unternehmenssprecher am Freitag entsprechende Informationen von Dow Jones Newswires.
So haben die Mitarbeiter aller Standorte dafür gestimmt, sich von einem einheitlichen Betriebsrat vertreten zu lassen - statt individuelle Niederlassungsbetriebsräte und einen übergeordneten Gesamtbetriebsrat zu installieren, wie bei großen Konzernen meist üblich. Nun werden in Walldorf 37 Betriebsratsmitglieder gewählt, von denen 12 dauerhaft von der Arbeit freigestellt werden. Die Alternative hätte gut doppelt so viele Betriebsratsmitglieder bedeutet.
"Entscheidend ist nur, ob der Betriebsrat gewerkschaftsnah agiert", sagte Analyst Thomas Hofmann von der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) zu Dow Jones Newswires. Die Zahl der Mitglieder oder auch der Freistellungen sei als Kostenfaktor angesichts der Konzerngröße vernachlässigbar. Die 1972 gegründete SAP beschäftigt inzwischen weltweit rund 36.000 Mitarbeiter, davon etwa 14.000 in Deutschland.
"Kann das Management auch künftig schnell seine strategischen Entscheidungen umsetzen?", ist für Hofmann die wichtigste Frage. Im Geschäftsergebnis spürbare negative Auswirkungen befürchtet der Analyst durch die Wahl allerdings nicht. "Die 29 anderen DAX-Konzerne kommen schließlich auch gut mit einem Betriebsrat zurecht", erklärt Hofmann.
Bisher hatte SAP keinen Betriebsrat, sondern Mitarbeitervertretungen an den verschiedenen Standorten und 8 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Diese Gremien hatten weniger Mitglieder als das Betriebsverfassungsgesetz für Betriebsräte bei Unternehmen dieser Größe vorsieht. Auch waren die Mitglieder in der Regel nicht dauerhaft für ihre Tätigkeit als Interessenvertretung freigestellt. Bei der Tochter SAP SI in Dresden gibt es hingegen schon seit Jahren einen elfköpfigen Betriebsrat.
Mehr als 400 Kandidaten für 37 Betriebsratsposten
Nach der anfänglichen Ablehnung der Betriebsratswahl kandidieren bei SAP nun mehr als 400 Mitarbeiter auf insgesamt 10 verschiedenen Listen für die 37 Plätze in der Arbeitnehmervertretung. Die größte Liste namens "Wir für Dich" zählt neben 4 Arbeitnehmervertretern aus dem Aufsichtsrat noch 193 weitere Kandidaten und gilt als Favorit bei der Wahl. Unter den Kandidaten befinden sich auch Mitarbeiter aus der Personalabteilung, was wegen der denkbaren Interessenkonflikte eher untypisch ist.
Auch in den Listen mit den Kürzeln "MUT" und "ABS", die mit 100 und 23 Kandidaten an den Start gehen, sind Arbeitnehmervertreter aus dem Aufsichtsrat vertreten. Eine weitere Liste besteht ausschließlich aus Support-Mitarbeitern. "Wir wollten eine bunte Vielfalt an Alternativen zu der Gewerkschaftsliste bieten", sagte ein Listengründer, der namentlich nicht genannt werden wollte.
In der sogenannten "Gewerkschaftsliste" namens "PRO Betriebsrat", die neben IG Metall- auch verdi-Mitglieder umfasst, sind auch die drei SAP-Mitarbeiter vertreten, welche die Betriebsratswahl vor Gericht durchgesetzt haben. Allerdings sind nicht alle ihrer Kandidaten gewerkschaftlich organisiert und auch in anderen Listen befinden sich Mitglieder von Gewerkschaften.
Nachdem bei einer Betriebsversammlung Anfang März 91% der SAP-Mitarbeiter gegen die Gründung eines Betriebsrats gestimmt hatten, waren besagte drei Mitarbeiter vor das Arbeitsgericht gezogen und hatten einen Antrag auf Einsetzung des Wahlvorstandes und gestellt - eine Möglichkeit, die das Betriebsverfassungsgesetz explizit vorsieht.
SAP hatte daraufhin der Gerichtsentscheidung vorgegriffen und selbst die Abstimmung über den die jetzige Wahl durchführenden Wahlvorstand eingeleitet. Dass die vorangegangene Entscheidung der Belegschaft gegen einen Betriebsrat von einer Minderheit gerichtlich gekippt werden kann, hatte zu einer breit angelegten und kontroversen Diskussion zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern, Politikern und Verbänden geführt.
Die seinerzeit deutlich ablehnende Haltung der SAP-Belegschaft sei nicht als Ablehnung der Institution Betriebsrat zu verstehen gewesen, sondern als Absage an die Gewerkschaften, erklärten mehrere Mitarbeiter. Großaktionär und SAP-Gründer Dietmar Hopp hatte sich dabei vehement gegen einen Betriebsrat ausgesprochen, zumal wenn dieser die Interessen einer Gewerkschaft vertrete. Um deren Einfluss gering zu halten, hätten sich nun viele Angestellte als Kandidaten aufstellen lassen, mit dem Ziel, selbst aktiv das Arbeitsumfeld zu gestalten, hieß es von Kandidaten.
Bei der Listenwahl am Mittwoch, deren Ergebnis erst am Donnerstag feststehen dürfte, wird die Zusammensetzung des Betriebsrates im Wesentlichen nach dem Verhältniswahlrecht entschieden: Solange die Geschlechterverteilung dabei repräsentativ bleibt, rücken so viele Listenkandidaten in den Betriebsrat, wie es dem Wahlerfolg der Liste entspricht. Die Rangfolge auf der Liste entscheidet dabei über die Reihenfolge des Einzugs der Kandidaten in das Gremium.
DJG/mla/smh
So haben die Mitarbeiter aller Standorte dafür gestimmt, sich von einem einheitlichen Betriebsrat vertreten zu lassen - statt individuelle Niederlassungsbetriebsräte und einen übergeordneten Gesamtbetriebsrat zu installieren, wie bei großen Konzernen meist üblich. Nun werden in Walldorf 37 Betriebsratsmitglieder gewählt, von denen 12 dauerhaft von der Arbeit freigestellt werden. Die Alternative hätte gut doppelt so viele Betriebsratsmitglieder bedeutet.
"Entscheidend ist nur, ob der Betriebsrat gewerkschaftsnah agiert", sagte Analyst Thomas Hofmann von der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) zu Dow Jones Newswires. Die Zahl der Mitglieder oder auch der Freistellungen sei als Kostenfaktor angesichts der Konzerngröße vernachlässigbar. Die 1972 gegründete SAP beschäftigt inzwischen weltweit rund 36.000 Mitarbeiter, davon etwa 14.000 in Deutschland.
"Kann das Management auch künftig schnell seine strategischen Entscheidungen umsetzen?", ist für Hofmann die wichtigste Frage. Im Geschäftsergebnis spürbare negative Auswirkungen befürchtet der Analyst durch die Wahl allerdings nicht. "Die 29 anderen DAX-Konzerne kommen schließlich auch gut mit einem Betriebsrat zurecht", erklärt Hofmann.
Bisher hatte SAP keinen Betriebsrat, sondern Mitarbeitervertretungen an den verschiedenen Standorten und 8 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Diese Gremien hatten weniger Mitglieder als das Betriebsverfassungsgesetz für Betriebsräte bei Unternehmen dieser Größe vorsieht. Auch waren die Mitglieder in der Regel nicht dauerhaft für ihre Tätigkeit als Interessenvertretung freigestellt. Bei der Tochter SAP SI in Dresden gibt es hingegen schon seit Jahren einen elfköpfigen Betriebsrat.
Mehr als 400 Kandidaten für 37 Betriebsratsposten
Nach der anfänglichen Ablehnung der Betriebsratswahl kandidieren bei SAP nun mehr als 400 Mitarbeiter auf insgesamt 10 verschiedenen Listen für die 37 Plätze in der Arbeitnehmervertretung. Die größte Liste namens "Wir für Dich" zählt neben 4 Arbeitnehmervertretern aus dem Aufsichtsrat noch 193 weitere Kandidaten und gilt als Favorit bei der Wahl. Unter den Kandidaten befinden sich auch Mitarbeiter aus der Personalabteilung, was wegen der denkbaren Interessenkonflikte eher untypisch ist.
Auch in den Listen mit den Kürzeln "MUT" und "ABS", die mit 100 und 23 Kandidaten an den Start gehen, sind Arbeitnehmervertreter aus dem Aufsichtsrat vertreten. Eine weitere Liste besteht ausschließlich aus Support-Mitarbeitern. "Wir wollten eine bunte Vielfalt an Alternativen zu der Gewerkschaftsliste bieten", sagte ein Listengründer, der namentlich nicht genannt werden wollte.
In der sogenannten "Gewerkschaftsliste" namens "PRO Betriebsrat", die neben IG Metall- auch verdi-Mitglieder umfasst, sind auch die drei SAP-Mitarbeiter vertreten, welche die Betriebsratswahl vor Gericht durchgesetzt haben. Allerdings sind nicht alle ihrer Kandidaten gewerkschaftlich organisiert und auch in anderen Listen befinden sich Mitglieder von Gewerkschaften.
Nachdem bei einer Betriebsversammlung Anfang März 91% der SAP-Mitarbeiter gegen die Gründung eines Betriebsrats gestimmt hatten, waren besagte drei Mitarbeiter vor das Arbeitsgericht gezogen und hatten einen Antrag auf Einsetzung des Wahlvorstandes und gestellt - eine Möglichkeit, die das Betriebsverfassungsgesetz explizit vorsieht.
SAP hatte daraufhin der Gerichtsentscheidung vorgegriffen und selbst die Abstimmung über den die jetzige Wahl durchführenden Wahlvorstand eingeleitet. Dass die vorangegangene Entscheidung der Belegschaft gegen einen Betriebsrat von einer Minderheit gerichtlich gekippt werden kann, hatte zu einer breit angelegten und kontroversen Diskussion zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern, Politikern und Verbänden geführt.
Die seinerzeit deutlich ablehnende Haltung der SAP-Belegschaft sei nicht als Ablehnung der Institution Betriebsrat zu verstehen gewesen, sondern als Absage an die Gewerkschaften, erklärten mehrere Mitarbeiter. Großaktionär und SAP-Gründer Dietmar Hopp hatte sich dabei vehement gegen einen Betriebsrat ausgesprochen, zumal wenn dieser die Interessen einer Gewerkschaft vertrete. Um deren Einfluss gering zu halten, hätten sich nun viele Angestellte als Kandidaten aufstellen lassen, mit dem Ziel, selbst aktiv das Arbeitsumfeld zu gestalten, hieß es von Kandidaten.
Bei der Listenwahl am Mittwoch, deren Ergebnis erst am Donnerstag feststehen dürfte, wird die Zusammensetzung des Betriebsrates im Wesentlichen nach dem Verhältniswahlrecht entschieden: Solange die Geschlechterverteilung dabei repräsentativ bleibt, rücken so viele Listenkandidaten in den Betriebsrat, wie es dem Wahlerfolg der Liste entspricht. Die Rangfolge auf der Liste entscheidet dabei über die Reihenfolge des Einzugs der Kandidaten in das Gremium.
DJG/mla/smh
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