Was Gerhard Schröder die Chefsache war, ist Angela Merkel der Gipfel. Die IT-Branche in Deutschland hat Probleme? Höchste Zeit für einen Gipfel bei der Kanzlerin! Das verströmt etwas von bergsteigerischem Tatendrang, Weitblick und noch dazu zeitgemäße Modernität - ist doch der Internetnutzer gerade zur Person des Jahres gekürt worden. Also trafen sich in Potsdam am Montag viele hochrangige Unternehmensvertreter mit vielen hochrangigen Regierungsvertretern, und schnell war man sich einig: Es fehlen in Deutschland die Fachkräfte und die motivierten, qualifizierten engagierten Studienabgänger der Informationstechnologien. Also voran, Ihr jungen Leute, hört den vaterländischen Ruf! Ihr verpasst sonst noch eine glänzende Karriere beim Softwarekonzern SAP in Walldorf, einer Stadt, die nach Auskunft ihres Bürgermeisters so lebens- wie liebenswert ist. Was damit im Land ankommt, ist der gleiche selbstbezogene Ansatz von Politik und Wirtschaft, der schon Schröders Green-Card zum Misserfolg machte. Statt sich zu fragen, wie Inder oder Studenten für die deutsche IT-Branche zu begeistern sind, wird staatlicherseits ein Problem definiert und analysiert. Junge Menschen aber studieren nicht Mathematik oder Informatik, weil sie der Regierung helfen wollen, sondern sich selbst. Und dazu sind vor allem Geld und Ruhm förderlich. Die verheißungsvolle Frage an die Zielgruppe muss also lauten: Wollt Ihr der neue Bill Gates werden, wollt Ihr wie die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page Milliarden einstreichen, noch bevor ihr eine Familie gegründet habt? Es ist dieser Geist von Silicon Valley, der in den USA den Nachwuchs rekrutiert. Der Gipfel gehört den Ehrgeizigen, den Himmelsstürmern. Nicht dem Kaffeekränzchen des Establishments.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Leo Klimm - 040/31990311
Christian Schütte - 030/22074169
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.
© 2006 Dow Jones News