Die Staats- und Regierungschefs der G8 sind am Mittwoch zu den entscheidenden Verhandlungen im Streit über Klimaschutz und Afrikahilfe zusammengekommen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa signalisierten die USA in Heiligendamm ihre Bereitschaft zu Verhandlungen über Klimaschutzziele unter dem Dach der Vereinten Nationen. Das ist die Kernforderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Mit einer spektakulären Aktion warb Greenpeace für konkrete Klimaziele. Zwei Schlauchboote der Umweltorganisation drangen in die Sperrzone auf der Ostsee ein. Greenpeace wollte der Gipfelrunde eine Petition mit einem Aufruf zum Klimaschutz überreichen, sagte ein Sprecher zur dpa. Polizeiboote drängten die Demonstranten mit Schnellbooten ab.
ERNEUT ZUFAHRTSWEGE BLOCKIERT
Nach erneuten Krawallen am Rande des Treffen in Heiligendamm berichtete die Polizei von einer verhältnismäßig ruhigen Nacht zum Donnerstag. Die Einsatzleitung rechnete allerdings für den zweiten Gipfeltag auch mit militanten Aktionen von Globalisierungskritikern.
Demonstranten blockierten am Morgen friedlich vier Zufahrtswege zum Tagungsgelände. Die Beamten gaben den Zugang zur Sperrzone am zwölf Kilometer langen Zaun rund ums Tagungsgebäude praktisch frei.
DISKUSSIONEN UM ABSCHLUSSERKLÄRUNG
Unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen empfing die Kanzlerin und G8-Vorsitzende die Gipfelrunde aus den USA, Kanada, Japan, Russland, Frankreich, Großbritannien und Italien zur ersten Arbeitssitzung. Am Vorabend hatte sie die Gäste zu einem festliches Essen im Herrenhaus des Barockguts Hohen Luckow geladen.
Wie es aus den Delegationen weiter hieß, streitet die Runde weiter, ob und in welcher Form konkrete Ziele in die Abschlusserklärung aufgenommen werden sollen. Ein Kompromiss könnte sein, in dem Dokument Bezug auf die Schlussfolgerungen des UN-Klimarats (IPCC) zu nehmen.
KLIMAPOLITIK IM FOKUS
Darin hatte der Klimarat vor kurzem über die nötigen Maßnahmen gegen die Erderwärmung berichtet. Der Klimawandel sei nur zu beherrschen, wenn die Temperatur im Durchschnitt höchstens über zwei Grad gegenüber dem Beginn der Industrialisierung steigt. Dazu müssten nach Ansicht der Klimaexperten die Treibhausgase im Jahr 2050 um 50 Prozent auf der Basis von 1990 gesenkt werden. Das Thema Klima steht am späten Nachmittag auf der Tagesordnung.
Merkel bekommt für ihre Forderung nach möglichst konkreten Klima- Vereinbarungen Unterstützung aus Großbritannien, Frankreich und Italien. Widerstände gibt es den Angaben zufolge vor allem von den USA, aber auch von Japan und Kanada.
ENTWICKLUNGSHILFE FÜR AFRIKA
Auch über das zweite zentrale Thema Afrika wird frühestens am Nachmittag verhandelt werden. Kanada blockierte nach Angaben von Hilfsorganisationen deutsche Bemühungen, die vor zwei Jahren gemachten Versprechen für die Entwicklungs- und Aidshilfe zu bestätigen. Frankreich sei zurückhaltend, während Italien seine Zusagen zum globalen Aids-Fonds zumindest grundsätzlich zugesagt habe, berichteten Vertreter von Hilfsorganisationen .
Mehrere G8-Staaten hatten sich nach dpa-Informationen dagegen gesperrt, die 2005 versprochene Verdoppelung der Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010 auf dann jährlich 50 Milliarden US-Dollar noch einmal zu bekräftigen.
RAKETENSTREIT ÜBERSCHATTET GIPFEL
Der russische Präsident Wladimir Putin und sein US-Kollege Bush wollen sich am Rande des Gipfels treffen, um Auswege aus dem zugespitzten Raketenstreit zu suchen. Putin lehnt das geplante US-Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa ab. Bush will erklären, dass das Vorhaben nicht gegen Russland gerichtet ist.
Die Polizei setzte nach den schweren Auseinandersetzungen am Vortag zunächst auf Entspannung. Am Mittwoch waren bis zu 9000 Demonstranten in die Verbotszone eingedrungen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Gut 1500 G8-Gegner verbrachten die Nacht im Freien.
BEGLEITENDES POP-KONZERT
Seit dem Vormittag strömen tausende Besucher zum Rostocker Konzert "Stimmen gegen Armut". Insgesamt werden 70.000 Menschen erwartet. Stars wie U2-Sänger Bono, Herbert Grönemeyer oder Die Toten Hosen wollen auftreten.
US-Sicherheitskräfte haben die Gipfel-Kontrollen nach dpa-Informationen mit dem Transport einer geringen Menge Sprengstoff getestet. Der in einem Koffer versteckte Plastiksprengstoff vom Typ C4 sei von deutschen Beamten an einer Kontrollstelle in einem Auto entdeckt worden. Die G8-Polizeieinheit Kavala wollte den Vorfall vom Dienstag nicht bestätigen./rom/DP/bf
AXC0040 2007-06-07/12:13