DJ UPDATE: Hohe Nahrungsmittelpreise beherrschen Weltbank-Gespräche
Von Peter Trautmann DOW JONES NEWSWIRES
WASHINGTON (Dow Jones)--Die weltweit drastisch gestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel und die damit verbundenen Konsequenzen für die ärmsten Länder haben am Sonntag die Diskussionen bei der Frühjahrstagung der Weltbank dominiert. "Es ist schnelles Handeln erforderlich, um die globale Nahrungsmittelkrise zu lösen", sagte Weltbank-Präsident Robert Zoellick nach den Beratungen des Entwicklungsausschusses, dem obersten Lenkungsgremium der Weltbank. Zoellick unterstrich, dass es von höchster Priorität sei, die gegenwärtige Lücke von 500 Mio USD aus dem UN-Nahrungsmittelprogramm bis zum 1. Mai zu füllen.
Der Sturz der Regierung in Haiti nach Protesten wegen gestiegener Lebensmittelpreise habe gezeigt, wie wichtig entschlossenes Handeln sei, sagte Zoellick. "Das Geld muss schnell dorthin, wo der Hunger herrscht", betonte der Weltbank-Präsident. Er verwies darauf, dass das Thema im Juni beim G-8-Gipfel in Japan eine wichtige Rolle einnehmen werde. Zoellick warb zudem noch einmal um Unterstützung für seine ins Leben gerufene "Neue Initiative für eine globale Nahrungsmittelpolitik".
In seiner Abschlusserklärung verwies der Entwicklungsausschuss darauf, dass er die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF) dazu aufgefordert habe, den am stärksten unter den hohen Nahrungsmittel- und Energiepreisen leidenden Entwicklungsländern finanzielle Unterstützung zu gewähren. Der Entwicklungsausschuss betonte aber auch, dass es unter den Entwicklungsländern nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner wegen der hohen Preise gebe.
Die Bundesministerin für Entwicklungshilfe, Heidemarie Wieczorek-Zeul, hatte zuvor bei den Gesprächen in Washington betont, dass der massive Preisanstieg die Zahl der Menschen, die an Hunger leiden, erhöhe. Sie führte die anhaltende Verteuerung von Getreide, Mais oder Reis unter anderem auf die wachsende Bedeutung von Biokraftstoffen zurück. "Für jeden Prozentpunkt Preisanstieg steigt die Zahl der Menschen, die vom Hunger bedroht sind, um 16 Millionen", sagte die Ministerin. Sie mahnte an, so schnell wie möglich die Angebotsknappheit bei wichtigen Nahrungsmitteln anzugehen.
Der EU-Kommissar für Entwicklungshilfe, Louis Michel, erklärte, dass die EU-Kommission sehr besorgt sei wegen der deutlichen Steigerungen der Rohstoffpreise, und vor allem der Nahrungsmittelpreise. "Die starken Preisanstiege haben zuletzt viele Erfolge bei der Armutsbekämpfung zunichte gemacht", sagte Michel. Die Situation habe wieder stärker Aspekte der Nahrungsmittelsicherheit in den Blickpunkt gerückt. Michel betonte, sowohl kurzfristige als auch langfristige Maßnahmen seien erforderlich, um auf die hohen Nahrungsmittelpreise und die damit verbundenen Folgen zu reagieren.
Allein in den vergangenen beiden Monaten hat sich Reis auf dem Weltmarkt um 75% verteuert, der Getreidepreis hat sich in den vergangenen zwölf Monaten mehr als verdoppelt. Auch andere wichtige Grundnahrungsmittel wie Mais und Sojabohnen sind deutlich teurer geworden.
Weltbank-Präsident Zoellick führt die Entwicklung nicht nur auf den zunehmenden Anbau von Bio-Treibstoffen zurück, sondern auch auf historisch niedrige Lagerbestände und die extreme Trockenheit in einigen Weltregionen. Auch der in Folge des wachsenden Reichtums in den Schwellenländern zunehmende Fleischkonsum hat die Preise von Nahrungsmitteln wie Getreide deutlich erhöht. Zudem verweisen Beobachter darauf, dass die Notierungen einiger Nahrungsmittel durch spekulative Finanzakteure verzerrt sind. Die Weltbank geht davon aus, dass sich der Preisanstieg bei Lebensmitteln in den kommenden Jahren fortsetzen wird.
US-Finanzminister Henry Paulson warnte allerdings anlässlich der Gespräche im Entwicklungsausschuss davor, dass die Entwicklungsländer auf die Situation nicht mit Preiskontrollen oder Verbrauchersubventionen reagieren sollten.
-Von Peter Trautmann, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 297 25 300, konjunktur.de@dowjones.com DJG/ptt
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April 13, 2008 16:30 ET (20:30 GMT)
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