
Management" nicht nur im Sozial- und Gesundheitswesen in Bezug auf
Klienten, Patienten und Versicherte, sondern auch im Betrieb im Bezug
auf Mitarbeitende. Das ist Grund genug für die Angestellten Schweiz,
sich mit Thema an der Frühjahrstagung 2008 am 18. April in Yverdon
vertieft auseinanderzusetzen. Drei ausgewiesene Fachpersonen wurden
zu Referaten eingeladen.
"Was ist der Sinn von "Case Management"? Ist es bloss ein
Instrument von Institutionen und Verwaltungen, um Kosten zu
reduzieren, oder dient es vor allem dem Wohl der Patienten, der
Versicherten und des Personals? Antworten auf diese Frage suchten und
gaben die Referenten und die Referentin an der Tagung.
Case Management: Zum Wohle des Patienten?
"Die Schweizer Wirtschaft hat im letzten Jahrzehnt einen markanten
strukturellen und ideellen Wandel vollzogen. Der Arbeitgebergedanke
'Du arbeitest für mich, ich sorge für dich' ist dem Ansatz 'Lohn für
Leistung' gewichen." Mit dieser Feststellung leitete Dr. med. Rolf
Victor Heim vom Institut für Arbeitsmedizin IfA in Baden sein Referat
ein. Diese Neuorientierung, so führte er seinen Gedanken weiter, habe
der Schweizer Wirtschaft auf der einen Seite eine bessere
Wettbewerbsfähigkeit gebracht, auf der anderen Seite seien aber
Nischenarbeitsplätze verloren gegangen und die Bereitschaft,
leistungsschwächere Mitarbeiter zu beschäftigen, sei gesunken.
Gleichzeitig habe sich die Struktur von grösseren Unternehmen
gewandelt: Diese teilten sich auf in viele Profit Centers, von denen
jedes profitabel arbeiten müsse. "Das führt zu Stresszunahme an den
Arbeitsplätzen", folgerte Rolf Heim daraus. Und er warnte: "Zukünftig
wird von den Arbeitnehmenden noch mehr Leistung in der gleichen Zeit
verlangt werden, die Arbeitsbelastung wird steigen, die
Arbeitsplatzsicherheit abnehmen. Diese Situation wird zu einer
weiteren Verschlechterung der Wiedereingliederungschancen führen,
wenn nicht konkrete Massnahmen eingeleitet werden."
Als Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Reintegration
längerfristig ausgefallener Mitarbeiter nannte Rolf Heim eine hohe
Diskussionsbereitschaft aller Betroffenen. Dies sind der Patient, die
Personalabteilung, der Linienvorgesetzte, allenfalls die
Sozialberatung, Mitarbeiter der Sozialversicherungen sowie wenn immer
möglich der Vertrauens- oder Betriebsarzt. Sie sollten besprechen,
wie weit der Patient noch leistungsfähig und einsetzbar ist. Aufgrund
dieser Prognose kann dann der Arbeitgeber im Betrieb die nötigen
Massnahmen ergreifen. "Die Wiedereingliederungschancen können
entscheidend erhöht werden, wenn für Mitarbeitende, bei denen eine
längere Erkrankung absehbar ist, sofort ein Case Management
eingeleitet wird", gab sich Rolf Heim überzeugt. Hierfür würden
frühzeitig der Hausarzt und Spezialärzte zugezogen und Therapien
eingeleitet. Je mehr auch der Arbeitgeber einbezogen werde, desto
besser sei seine Motivation für eine Wiedereingliederung.
Doch nicht nur die Therapie leistet ihren Beitrag, sondern auch
die Prävention. Rolf Heim: "Auf der betrieblichen Ebene verbessert
die Einführung von Gesundheitsförderungsmassnahmen dank der
Steigerung der Eigenverantwortung, der höheren Sozialkompetenz der
Führungskräfte und der Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit der
Mitarbeitenden die Bereitschaft des Betriebes, auch reduziert
leistungsfähige Mitarbeiter zu beschäftigen."
Auf gesellschaftlicher Ebene müsse der Dialog bezüglich der
Verantwortung der Wirtschaft gegenüber den Arbeitnehmenden geführt
werden, sagte Rolf Heim zum Schluss und schloss so den Kreis.
Case Management als wirkungsvolles Instrument für uns alle?
Doris Tanner, stellvertretende Leiterin Versorgungsmanagement der
Helsana Versicherungen, erläuterte anhand eines Beispiels, was ein
konsequentes Case Management im konkreten Fall erreichen kann. Es
handelte sich um die Rehabilitation einer 68-jährigen alleinstehenden
Patientin. Deren Arzt diagnostizierte 2004 ein Oesophaguskarzinom.
Sie wurde darum radio- und chemotherapeutisch behandelt. Die
Patientin litt unter depressiven Störungen und schluckte im Übermass
Antidepressiva. Wegen Unfällen wurde sie zwei Mal im Spital
behandelt. Allein im Jahr 2006 entstanden Kosten von 157 000 Franken
für Spital, Rehabilitation und Medikamente. Doris Tanner: "Die
Recherche bestätigte, dass der übermässige Konsum von Antidepressiva
zu einer eingeschränkten Mobilität und darum zu häufigen Stürzen
führte." Aus dieser Erkenntnis leitete sich das Ziel ab: Reduktion
der Antidepressiva und Verbesserung der Gehfähigkeit durch ambulante
Physiotherapie. Der Bezug von Medikamenten wurde fortan strikt
kontrolliert und auf zwölf Packungen Stilnox pro Jahr beschränkt.
Aufgrund der in Absprache mit Hausarzt und Apotheke eingeleiteten
Massnahmen sanken 2007 die Krankheitskosten auf 73 000 Franken. Die
Medikamentenkosten fielen gegen Jahresende beinahe weg. Das
überprüfte Ergebnis steht fest: Die Patientin ist nicht mehr gestürzt
und fühlt sich sicher.
Case Management - ein Thema für ABB Schweiz?
Die ABB Schweiz hat seit dem 1. Januar 2007 einen neuen
Taggeldversicherer. Vertragsbestandteil war die Einführung eines
"aktiven Absenzen- und Case-Managements". Absenzfälle von mehr als
160 Stunden müssen dem Versicherer gemeldet werden und es finden
monatliche Koordinationssitzungen mit ihm statt.
"Für ABB Schweiz ist das Case Management ein Teil der aktiven
Fallführung", sagte Marcel Kopp, der Leiter Personalversicherungen
der ABB Schweiz AG. Die Ziele einer solchen seien die Früherkennung
von unterstützenden Massnahmen im Sinne der Betroffenen und der
Unternehmung, die Reduktion krankheitsbedingter Absenzen, die
Reintegration der Betroffenen in den Arbeitsprozess, die Vermeidung
von "IV-Pensionierungen" sowie die Optimierung der Prämien der
Krankentaggeldversicherung und der Pensionskasse (Risikoprämie). Die
aktive Fallführung umfasst bei ABB zwei Prozesse. Der erste, das
Absenzenmanagement (Erfassen, Auswerten und Bearbeiten von Absenzen),
verfolgt das Ziel, lang dauernde Absenzfälle zu vermeiden. Der
zweite, die eigentliche Fallführung (aktive Begleiten und
Koordinieren von lang dauernden Absenzfällen), soll Betroffene wieder
in den Arbeitsprozess integrieren. "Beide Prozesse müssen in der
Organisation koordiniert, geschult und aktiv durchgeführt werden",
betonte Marcel Kopp. Voraussetzung dazu sei eine entsprechende
Firmenkultur. Bei ABB Schweiz werde die aktive Fallführung von den
betroffenen Mitarbeitenden mehrheitlich positiv aufgenommen.
"Aktives Absenzenmanagement ist mehr als nur Absenzen erfassen,
und es erfordert Ressourcen und Schulung bei den Vorgesetzten",
schloss Marcel Kopp seine Ausführungen.
Kontakt:
Hansjörg Schmid, Leiter Kommunikation, Natel 076 443 40 40
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