Frage von Börsenbrief DER SPEKULANT an Heiko Thieme:
Wie würden Sie den Rohstoffmarkt, Gold, Öl sowie Metalle wie Kupfer und Nickel im Augenblick einschätzen?
Heiko Thieme:
Sehen Sie, hier habe ich gewarnt. Ich habe die Rohstoffhausse in der letzten Phase nicht mitgemacht. Ich habe beim Ölpreis bereits bei über 80 Dollar abgewunken, habe gesagt, das ist Unsinn. Ich habe gesagt 100 sind unmöglich, und dennoch ist es passiert. Ich bin aber - und darauf bin ich stolz, bzw. stolz ist das falsche Wort, aber zumindest kann ich mich darauf beziehen - ich habe nachweislich gewarnt, als wir die 150-Dollar-Marke im Juli anstrebten. Und ich habe gesagt, dies macht keinen Sinn.
Es gab sehr viele, scheinbar kluge Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, bis hin zu Zentralbankern, die behauptet hatten, dies habe eine seriöse Begründung. Der Anstieg hätte nichts mit Spekulation zu tun, wie ich behauptet habe und nach wie vor behaupte, sondern es wäre das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Ich habe nie diese Meinung geteilt, dass die Rohstoffhausse auf Grund von einer natürlichen Verknappung des Angebots zu einer erhöhten Nachfrage kommt, sondern eine erhöhte Spekulation war. Das war und bleibt mein Grund.
Wir haben jetzt die Rechnung gesehen. Die Rohstoffe sind im Schnitt alle um mindestens -50 % gefallen, in Einzelfällen sogar dramatisch mehr. Und jetzt, wo wir diese Rückschläge haben, da rechne ich mit einer Verbesserungsphase. Kurzum, wenn man sich das anschaut, kann man jetzt sagen, es wäre vielleicht an der Zeit, sich Rohstoffe anzukucken.
Ich habe beim Öl im Juli gesagt, der Ölpreis wird auf 60 bis 80 Dollar fallen. Ich wurde verlacht. Ich habe es allerdings auch erst in 6 bis 9 Monaten erwartet und nicht so schnell. Die Dinge sind schneller gekommen als ich befürchtet hatte, weil wir in eine rezessive Phase kommen. Der Ölpreis kann sogar die 50-Dollar-Marke noch unterschreiten, was ich für möglich halte bis zum Jahresende (Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile ist diese Erwartung bereits eingetreten). Und dennoch habe ich angefangen, Ölwerte und Energietitel jetzt schon zu kaufen. Nach der gleichen These, jetzt 1/3 und dann mehr.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Ein typischer Fall war die Exxon Mobil als sie Anfang Oktober auf 56 Dollar fiel, jetzt ist sie auf 76 gestiegen. Das war im Grunde ein Weihnachtsgeschenk, gleichzeitig ein Ostergeschenk und noch eine Pfingstgabe. Weihnachten, Ostern und Pfingsten fielen hier dreifach zusammen und das schon im Oktober, wenn Sie so wollen - eine Sondersituation. Wer da mutig gekauft hat, sich voll eingekauft hat, der hat innerhalb von vier Wochen oder nicht ganz von vier Wochen einen Anstieg von über +35 % gehabt.
Jetzt aktuell bei der Exxon Mobil, bei knapp 70 würde ich sagen, bitte abwarten. Ab Mitte 60 fangen Sie mit 1/3 an. Kaufen Sie ein in den unteren 60ern und hohen 50ern, wenn es dahin wieder geht. Ich glaube nicht unbedingt, dass die Exxon Mobil nochmals 56 wird, aber ausschliessen kann man in dieser volatilen Börse nichts, denn die extremen Ausschläge, besonders die Ausschläge nach unten, sind deswegen zustande gekommen, da hier massive Nettoabflüsse von den Hedgefonds und bei Investmentfonds vorlagen und das könnte immer noch auftauchen.
Viele Anleger werden enttäuscht sein, wenn sie dann das Ergebnis des Gesamtsjahres sehen, dann gibt es nochmals massive Verkäufe, die mit der Fundamentalanalyse nichts zu tun haben, die nur reine Markttechnik sind, weil hier verkauft werden muss, weil die bisherigen Käufer einfach nicht mehr das Geld haben, ihre Position zu halten. Dieses kopflose Handeln oder das kopflose Marktgeschehen, die Riesenausschläge sind für einen händlerorientierten Anleger das Idealste ,was man sich wünschen kann. Schnell rein gehen und bei der Übertreibung nach oben nach +30 % Gewinn innerhalb einer Woche wieder verkaufen. Japan, zum Beispiel, machte dies Ende Oktober. Ich kriegte in Japan innerhalb von drei Tagen +35 % am Index. So etwas habe ich in meiner gesamten Geschichte noch nicht erlebt!
Wer um 7.000 in Japan den Nikkei-Index kaufte, das war weniger als Japan im April 2003 war, nachdem man von 1989 von knapp 39.000 über den gesamten 19jährigen Zeitraum heruntergekommen ist auf 7.000, wo man schon einmal war bei 7.200 im April 2003, wer da nicht gekauft hat, der sollte für die nächsten 20 Jahre auch Aktien weglassen. Wer das nicht verstanden hat. Wer das gesehen hat, bewusst erlebt hat und gehandelt hat, der kann in Zukunft am Aktienmarkt sehr gutes Geld verdienen.
Goldpreis 650 bis maximal 900 zurzeit, ich denke unter 650 müssen wir nicht gehen. Kupfer wird interessant werden, wenn Kupfer unter 1,50 Dollar liegt pro Pfund. Würde mich dann interessieren bis 2,50, 2,75 Dollar. Über die Soft Commodities habe ich keine direkte Meinung. Die waren mir einfach zu hoch und da würde ich auch kaum etwas investieren. Diese Spekulation würde ich als Anleger nicht mitmachen. Das sollte man den Landwirten überlassen, die ihre Position absichern wollen, aber das ist nicht unbedingt mein Marktmetier.
Der gesamte Rohstoffsektor war übertrieben, es war eine Spekulationsblase. Der Ölpreis kann jetzt noch unter die 50 Dollar-Marke fallen, aber bei knapp 60 Dollar pro Fass bezogen auf Texas-Öl, in Nordsee-Öl sind wir schon bei 55 Dollar, würde ich hier Energietitel kaufen. Das heisst, Bohrgesellschaften wären eine Schlumberger, eine Exxon Mobil vorzugsweise unter 65 bis hinunter auf 55 im Einkauf. Dann würde mir neben einer Schlumberger auch eine Rowan gefallen.
Im Goldbereich eine Newmont Mining um 20 Dollar zwischen 17 und 23 Dollar wäre unser Kauf mit einer Zielrichtung hin bis auf 45 Dollar in den nächsten zwei Jahren. Das ist eine konkrete Empfehlung.
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