Frage von Börsenbrief DER SPEKULANT an Heiko Thieme:
Wie würden Sie den Dollar und den Euro einschätzen?
Heiko Thieme:
Auch hier habe ich mit einer Schieflage leben müssen über mehrere Jahre, weil ich einer der ganz wenigen bin, der sich die Kaufkraft anschaut. Kaufkraft ist wie das Pendel. Die Ausschläge sind natürliche Marktentwicklungen für beide Seiten. Der Dollar war nachweislich für mehrere Jahre unterbewertet, als er die 1,30 Marke zum Euro verliess. Aber ich muss hier noch einmal selbstkritisch zurückblicken. Denn was nutzt ein Stratege, der über die Zukunft Aussagen macht, wenn er nicht seine Fehler in seinen Analysen aus der Vergangenheit zur Verfügung stellt.
Wichtig ist bei jeder mutigen Aussage - so sehr ich Aussagen schätze und ich selbst ja auch klare Aussagen mache - sich zu fragen, was hat man denn zur gleichen Frage vor einem Jahr gesagt, vor zwei Jahren und vor drei Jahren? Ich war einer der Wenigen, der uneingeschränkt den Euro begrüsste und nicht nur das, sondern die Entwicklung des Euros schon vor 15 Jahren vorausgesehen hatte. Ende der 80er Jahre bei einer Anlagekonferenz im Amsterdam habe ich gesprochen, dass es den Euro vor Ende des Jahrhunderts, sprich vor dem Jahre 1999, geben würde. Ich war natürlich sehr froh, dass er kam.
Ich gehörte zu den Wenigen, die gesagt haben, der Euro wird ein ganz wesentlicher Bestandteil unseres Wirtschaftserfolgs sein. Als der Euro herauskam bei 1,18 sagte ich, der Euro ist zu teuer, der Euro müsste bei eins zu eins stehen. Als der Euro auf 82 Cent zum Dollar fiel, sagte ich der Euro ist zu billig, kauft Euro, verkauft Dollar. Insofern von der Vergangenheit her, habe ich sogar, ohne jetzt arrogant klingen zu wollen, einen relativ prägnanten Einstieg und Ausstieg gefunden. Jetzt mit den Inflationsunterschieden gerechnet ist der Euro und Dollar im Verhältnis zwischen 1,20 bis 1,30 zu sehen. Das wäre die Kaufkraft. Als wir über 1,40 waren, und dann auf 1,50 und temporär sagar auf 1,60 stiegen, habe ich wie ein Rohrspatz geschimpft. Ich habe frustriert gesagt, der Dollar wird verschenkt. Vergesst die Defizite Amerikas, vergesst Georg Bush und seine Fehler. Von Seiten der Kaufkraft her ist der Dollar unterbewertet. Jetzt wo wir bei 1,25 sind, sind wir fast in der Mitte, was ich die Kaufkraft nenne. Ich würde jetzt schon wieder Euros etwas favorisieren. Über 1,30 bis 1,35 Dollar zum Euro würde ich den Dollar dem Euro vorziehen.
Die Defizite, die immer als Argument angeführt wurden, dass der Dollar verfallen müsste, diese Defizite spielen eigentlich keine Rolle, wenn man mal die Geschichte bei Währungen anschaut. Zurzeit ist der Dollar gefragt, weil wir eine enorme Umverschuldung auf globaler Basis durchführen und hier zählt der Dollar noch als die Reservewährung mehr als der Euro, deswegen auch die neue Stärkung beim Dollar. Wenn der Dollar unter die 1,20 Marke zum Euro steigt - klingt zwar falsch, aber Rückgang bedeutet hier einen Anstieg - dann würde ich den Euro wieder vorziehen, dem Euro wieder Priorität geben.
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