Jahrelange Haft und fast fünf Milliarden Euro Schadenersatz: Der ehemalige französische Börsenhändler Jérôme Kerviel ist am Dienstag in Paris wegen Veruntreuung, Fälschung und betrügerischer Manipulation verurteilt worden. Das Urteil lautet auf fünf Jahre Haft - zwei davon wurden zur Bewährung ausgesetzt. Kerviel hatte bei Börsengeschäften für die Großbank Société Générale bis Anfang 2008 rund 4,9 Milliarden Euro verzockt. Diese Summe muss er nach dem Urteil seinem ehemaligen Arbeitgeber zurückerstatten.
Es ist die höchste Schadensersatzsumme, die je ein französisches Gericht einem einzelnen aufgebrummt hat. Kerviel wird aber nur so viel zahlen müssen, wie es ihm nach Anerkennung eines Lebensminimums möglich ist. "Jérôme Kerviel war der Erfinder eines kohärenten Betrugssystem", begründete der Richter das Urteil.
Kerviels Anwalt Olivier Metzner kündigte an, in Berufung zu gehen. Er nannte das Urteil "unvernünftig und nicht akzeptabel". "Selbstverständlich werden wir in Berufung gehen, da das Strafmaß völlig übertrieben ist", erklärte er. Der Anwalt der Bank, Jean Veil, zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. "Es ist eine moralische Wiedergutmachung. Es zeigt eindeutig, dass die Bank keine Ahnung haben konnte, was er da anrichtete", sagte er.
Der Richter wies die These der Verteidigung zurück, Kerviel sei nur ein kleines Rädchen im Getriebe und Opfer des Systems gewesen. "Jérôme Kerviel hat seine finanziellen Aktionen durch fiktive Transaktionen verdeckt", begründete der Richter das Urteil. Dabei habe er wissentlich die Kontrollsysteme umgangen und unter anderem skrupellos Unterschriften gefälscht. "Er war sich bewusst, dass er sein Mandat weit überschritt."
Der Richter gestand dem Angeklagten zu, dass er das Schweigen seiner Vorgesetzten als Ermutigung gedeutet habe, weiterzumachen. Es gebe allerdings keine Beweise dafür, dass die Bank über das Ausmaß von Kerviels betrügerischen Aktivitäten informiert gewesen sei. Es habe bei den Kontrollen in der Bank durchaus Lücken gegeben. Kerviel sei mit der Zeit immer nervöser geworden, sagte der Richter.
Der Verurteilte hatte den größten Spekulationsverlust aller Zeiten verursacht. Er durfte maximal 125 Millionen Euro einsetzen, spekulierte aber mit Summen bis zu 50 Milliarden Euro. Seine Verteidigung hatte Freispruch gefordert und der Bank eine Mitverantwortung gegeben, weil sie sein Handeln tolerierte, so lange er Gewinne machte./kol/DP/stb
ISIN FR0000130809
AXC0167 2010-10-05/15:52