Die Aufholjagd im deutschen Maschinenbau verliert an Dynamik. Bei den Unternehmen der Schlüsselindustrie gingen im September 28 Prozent mehr Bestellungen ein als im Vorjahresmonat, wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Im August hatte das Plus auf Jahressicht noch 45 Prozent betragen, in den ersten neun Monaten standen in den Büchern 34 Prozent mehr Aufträge als im Vergleichszeitraum des Krisenjahrs 2009.
Der nachlassende Schwung kommt für die Branche nicht überraschend, wie der neue VDMA-Präsident Thomas Lindner sagte: "Nachholeffekte, die wesentlichen Anteil an den extremen Zuwächsen des ersten Halbjahres gehabt haben dürften, verleihen kaum noch zusätzliche Impulse." Die Investoren schalteten offenbar in den Normalmodus.
In der Produktion sei die Branche aber noch weit entfernt von den Rekordwerten vor der Krise, sagte Lindner: "Wir befinden uns in der Produktion auf dem Niveau vom Sommer 2006." Im Krisenjahr 2009 war die Produktion der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer um ein Viertel (24,5 Prozent) eingebrochen, für 2010 erwartet der Verband ein Wachstum von 6 Prozent.
Nach den Worten von VDMA-Konjunkturexperte Olaf Wortmann lasteten die Betriebe ihre Kapazitäten im Oktober zu 84,5 Prozent aus, das langjährige Mittel liegt bei 86 Prozent: "Wir sind noch nicht auf dem optimalen Level, aber wir bewegen uns mit Riesenschritten darauf zu."
Der Aufschwung zeigt sich an den Beschäftigtenzahlen. Im August bot die Branche nach eigenen Angaben 909.000 feste Arbeitsplätze und damit 4.000 mehr als einen Monat zuvor - aber 11.000 weniger als Ende 2009. Für die kommenden Monate rechnet Lindner mit einer weiter steigenden Beschäftigung.
Die Entwicklung bringt den Angaben zufolge aber auch Probleme. Aktuell seien allein 5.000 Ingenieursstellen unbesetzt, sagte Lindner: Der Fachkräftemangel könne eine Wachstumsbremse sein. Der Unternehmer forderte: "Eine gezielte Zuwanderung von Fachkräften ist hilfreich." Allein durch Zuwanderung lasse sich der Fachkräftemangel jedoch nicht in den Griff bekommen. Um bisher ungenutzte Potenziale zu heben, müsse sich die Branche auch attraktiver für bisher unterrepräsentierte Gruppen machen - vor allem für Frauen und Deutsche mit ausländischen Wurzeln.
Nach den Erfahrungen mit der Kurzarbeit, der Zeitarbeit und mit befristeten Arbeitsverträgen in der Krise fordert Lindner, dass die Betriebe auch im nächsten Abschwung flexibel reagieren können. "Wir brauchen die Zeitarbeit als Flexibilitätspuffer." Konjunkturelle Ausschläge dürften künftig kürzer und härter ausfallen als es die Maschinenbauer bislang gewohnt waren./hqs/stb/edh
AXC0117 2010-11-02/12:36