Erst am Freitag wurde eine erneut negative Börsenwoche teilweise vermieden. Während der Dow Jones ein akzeptables Resultat erzielte, kam der S&P 500 Index nur auf ein hauchdünnes Wochenplus. Der Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) setzte dagegen seinen siebenwoechigen Abwärtstrend fort, der nur einmal in der zweiten Maiwoche durch ein marginales Plus von 0,03% unterbrochen wurde. So gesehen gab es an Wall Street diese Woche noch keinen echten Umkehrtrend. Anders war es in Deutschland, wo der Dax sich nach einer volatilen Woche deutlich verbessern konnte (grüner Pfeil) in der Hoffnung auf einen Kompromiss bei den Verschuldungsverhandlungen mit Griechenland. Werden am Wochenende hier jedoch keine Fortschritte erzielt, so ist mit einem erneuten Verkaufsdruck weltweit zu rechnen. Politische Börsen verlangen Nerven.
Die an Griechenland gestellten Sparmaßnahmen ist die falsche Medizin, wie die Unruhen und Streiks zeigen. Anstatt einer strikten Diät, wäre ein Marshallplan die richtige Lösung, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Wachstum schafft Einnahmen, Sparmaßnahmen dagegen erhöhen Sozialkosten allein aufgrund hoher Arbeitslosenzahlen. Sünden der Vergangenheit zu bestrafen ist kontraproduktiv; daraus zu lernen ist jedoch wichtig. Alle Beteiligten - Politiker, Banken und auch die Bürger - haben in Europa Fehler gemacht. Es wurde viel Zeit verschwendet. Vor einem Jahr wäre eine Sanierung von Griechenland und auch Irland noch viel unkomplizierter und preiswerter gewesen. Jetzt fordert der Finanzmarkt schlechtere Konditionen. Frau Merkel, die ich potentiell nach wie vor als Maggie Thatcher Europas sehe, handelt nicht sondern reagiert nur auf äußersten Druck. Dies ist die falsche Strategie. Der Marshallplan ergriff vor 66 Jahren die Initiative und unterstützte Deutschland, obwohl es den Zweiten Weltkrieg verursacht hatte. Diese Vision verbunden mit Investitionen machte sich königlich bezahlt. Ähnlich wie damals geht es jetzt nicht darum, Schuldige zu suchen und zu bestrafen, sondern das Potential und damit Wachstum zu fördern. Dies ist eine Herausforderung und gleichzeitig Bewährungsprobe für Europa. Das in den vergangenen 60 Jahren bisher Erreichte sollte Mut machen, um die europäische Idee weiter zu entwickeln. Alle profitieren davon. Ein Scheitern ist keine Lösung. Europa ist zum Erfolg verdammt. China kann sich zum 'deus ex machina' entwickeln, indem es der EU ein Kredit in Höhe von Euro 250 Milliarden (!!) zur Verfügung stellt. Damit würde die Welt gleichzeitig enger Zusammenwachsen. Die Zeit zum Handeln und Querdenken ist gekommen.
Die Schwäche im Einzelhandel im Mai (roter Pfeil) beruhte ausschließlich auf dem Autosektor als Folge des Erdbebens in Japan, was zu Lieferverzögerungen führte. Nach der Rezession von 2008 (mehrmonatige rosa Schattierung) haben sich die Einzelhandelsumsätze seit über zwei Jahren (grüne Schattierungen) bis auf wenige Ausnahmen (drei rosa Schattierungen) ständig verbessert. Gegenüber dem Vorjahr liegen sind die Einzelhandelsumsätze um fast 8% gestiegen (blauer Pfeil). Vor zwei Jahren lagen sie noch vier Prozent unter dem Vorjahresniveau (lila Markierung und Pfeil). Negative Einzelhandelsumsätze werden in diesem Jahr in den USA eine Ausnahme und nicht die Regel sein.
Sorgen bereitet jedoch der negative Trend bei der monatlichen Umfrage der Notenbank von Philadelphia. Seit April ist es hier zum größten Dreimonatsrückgang in der 43 jährigen Geschichte dieser Umfrage unter 250 Industrieunternehmen gekommen (grüner und roter Pfeil). Nur ein Teil davon beruhrt auf den Folgen des japanischen Erdbebens. Der bis vor kurzem noch stark gestiegene Ölpreis mag eine weitere Ursache sein. Seit Ende April ist der Ölpreis jedoch um 19% gefallen und dürfte somit keine nennenswerte Belastung mehr sein. In dieser Woche war das Öl mit einem Minus von über 6% der Verlierer in der ersten Tabelle (roter Pfeil). Seit der Rezession (rote Schattierung) war die Erholung im Industriesektor nicht sehr ausgeprägt (blaue Schattierung). Kommt es hier zu keiner baldigen Verbesserung, müssen die Wachstumserwartungen deutlich zurückgenommen werden. Die US-Wirtschaft kämpft zur Zeit nicht mit der 3%-Marke, sondern die 2%-Marke stellt bereits eine Hürde dar.
Das Inflationsthema rückt durch die jüngsten Daten wieder in die Schlagzeilen. Der Verbraucherpreisindex lag im Mai deutlich über der 3%-Marke (roter Pfeil).gegenüber dem Vorjahr. Vor knapp zwei Jahren war die Preisentwicklung negativ und erreichte ein Minus von zwei Prozent (lila Pfeil), was Deflationssorgen auslöste, die ich jedoch nicht teilte. Wichtiger als die Gesamtrate ist die sogenannte Kernrate, die volatile Nahrungsmittelkosten und Ölpreise nicht berücksichtigt. Hier liegt der aktuelle Anstieg mit 1,5% weiterhin im Korridor von 1% bis 2% (hellgrüne Schattierung). Somit ist die Notenbank nach wie vor nicht zum Handeln gezwungen, zumal der gerade gefallene Ölpreis jeglichen Preisdruck reduziert und nur noch knapp zwei Prozent über dem Jahresanfangsniveau liegt.
Das Silber kämpft seit Mai mit der $35-Marke pro Feinunze (blauer Kreis). Als technische Referenz dient die Preisentwicklung im März (grüner Kreis), die allerdings nur von kurzer Dauer war. Eine weitaus breitere Unterstützung liegt zwischen $25 und $30 (schwarzer Kreis), was meine Prognose auch ist. Daher stelle ich Käufe von Silberminen noch zurück, bis die $30-Marke erreicht ist. Bei Goldaktien hat Newmont Mining mein Kaufniveau von $45 bis $52 wieder erreicht und ist damit ein Kauf.
Der Standard & Poor's (S&P) 500 Index hat seine Unterstützung (grüne Linie) bisher nicht durchbrochen. Erst wenn die 1249-Marke unterschritten wird, tauchen Fragezeichen über diese nunmehr über zweijährige Hausse auf. Die Unterstützung wäre dann das Niveau um 1200 (rote Kreise). Seit dem Tiefstand vom März 2009 (roter Pfeil) ist der S&P 500 um 88% gestiegen; Ende April betrug das Plus sogar 101%, was deutlich über dem Durchschnitt von knapp 80% der 27 Haussen seit 1929 lag. Bis Jahresende rechne ich weiterhin mit einem Anstieg bis auf die 1400-Marke.
Eine der spektakulärsten Aktien war Apple. Seit Monaten warne ich jedoch vor einem zu hohen Kurs, was sich inzwischen bestätigt. Die $325-Marke (blaue Kreise) galt bisher als solide Unterstützung, Dies wurde am Freitag ignoriert. Kommt es in der nächsten Woche nicht zu einem erneuten Anstieg über diese Messlatte, so kann das $300-Niveau noch durchbrochen werden, bevor eine neue Basis um $280 gefunden werdenkann. Dies bestätigt, dass die Börsenbäume nicht in den Himmel wachsen.
Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline, die in wenigen Wochen das 25-jährige Einschätzungen feiert und damit die älteste Börsenhotline im gesamten deutschsprachigen Raum ist. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 27. Juni.
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