Ende gut, alles gut. Gemäß diesem Spruch konnten Börsianer mit dem ersten Halbjahresergebnis sehr zufrieden sein. Die letzte Woche des zweiten Quartals brachte beim S&P 500 und Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) sogar mehr ein als das gesamte Halbjahr. Wer die Höhen und Tiefen beim Dow Jones in den vergangenen sechs Monaten ausnutzte, kam anstatt der bereits beachtlichen 7,2% sogar auf das Dreifache - nämlich fast 22%! Sowohl der Tsunami in Japan Mitte März als auch die Finanzkrise in Griechenland Mitte Juni offerierten günstige Einstiegschancen für mutige Investoren. Mitte März und auch Mitte Juni riet ich in verschiedenen Fernsehinterviews (N24 und DAF) und auf der Hotline zum Kauf.
Der Freiverkehrsmarkt wurde Tages- und Wochensieger (grüne Pfeile); Silber war der klare Verlierer nicht nur im Juni, sondern auch auf Wochenbasis und im Tagesverlauf (drei rote Pfeile). Dennoch liegt das Silber im Halbjahresvergleich und auch seit Jahresbeginn weiterhin vorn (zwei grüne Pfeile). Der Quartalssieger war der Dax (grüner Pfeil). Das Öl dagegen wurde zum Quartals-Verlierer mit einem Minus von fast 11% (roter Pfeil), was auch zum geringsten Anstieg im Halbjahr und seit Jahresanfang beitrug (zwei hellrote Pfeile).
Meine Prognosen für das zweite Halbjahr in Kurzform:
Die Sommerrallye, die vor zwei Wochen begann, hat noch weiteres Potential. Allerdings wird die 13.000-Marke beim Dow Jones wahrscheinlich erst im vierten Quartal genommen werden. August und September könnten nochmals einen Verkaufsdruck erzeugen. Ein erneutes Unterschreiten der 12.000-Marke beim Dow Jones und der 7.000-Marke beim Dax ist allerdings unwahrscheinlich. Am Jahresende kann der Dax ein neues Rekordhoch von 8.200 erzielen. Die meisten Privatanleger waren bisher nur Zuschauer.
Die momentane Wachstumsschwäche in den USA ist nur temporär und wird keine erneute Rezession einleiten. Auch die Inflation bleibt unter Kontrolle. Der Ölpreis kann noch um weitere 10% bis 15% fallen. Gold ist ab $1.425 interessant; Silber ist erst wieder zwischen $25 bis $30 pro Feinunze kaufenswert. Der US-Dollar ist gegenüber dem Euro unterbewertet. Die Kaufkraft bleibt bei $1,20 bis $1,30 zum Euro. Die interessanteste Währung ist der chinesische Renminbi auf Sicht von zwei bis drei Jahren.
Die US-Notenbank wird die Leitzinsen bis Jahresende nicht erhöhen. Mit einem weiteren Stimulanzprogramm (QE3) ist jedoch kaum zu rechnen, obwohl das Wirtschaftswachstum im Jahresdurchschnitt die 3%-Marke nicht überschreiten wird. Das zweite Halbjahr wird jedoch ein höheres Wachstum als das erste Quartal aufweisen. In Deutschland bleibt die Wirtschaft relativ robust. Unternehmensgewinne werden weiterhin steigen, auch wenn der Verbesserungstrend etwas nachlässt.
Ulrich Stephan von der Deutschen Bank und ich diskutierten am Freitag, den 1. Juli im Deutschen Anlegerfernsehen (DAF) mit Andreas Scholz über die aktuelle Wirtschaftslage und Aussichten im zweiten Halbjahr. Die Diskussion ist in zwei Segmente aufgeteilt und kann durch jeweiliges Anklicken der blau markierten Zeilen gesehen werden.
Teil 1:
http://www.daf.fm/video/wochenrueckblick-heiko-thieme-ulrich-stephan-was-nun-dax--50145571-DE0008469008.html
Teil 2:
http://www.daf.fm/video/wochenrueckblick-heiko-thieme-ulrich-stephan-was-nun-dax--50145571-DE0008469008.html
Am Ende dieser Fernseh-Diskussion wird ein Dax Ziel von 250.000 im Jahre 2043 genannt. Dies ist keine Prognose, sondern lediglich die Extrapolation des gegenwärtigen Trends bis zu meinem 100. Geburtstag. Die momentane Geschwindigkeit der Börse ist auf Dauer gesehen zu schnell. Der Jahresdurchschnitt liegt bei 10% für den Dax (inklusive Dividenden) und bei rund 7% für den Dow Jones (exklusive Dividenden). Somit könnten der Dax und Dow Jones in den nächsten 32 Jahren auf einen Indexstand von jeweils 100.000 kommen. Ein Indexziel von jeweils 50.000 wäre dagegen sehr konservativ.
Hauspreise nähern sich in den USA der Talsohle. Dieser Prozess kann sich noch bis zum Jahresende hinziehen. Bauwerte stehen seit einigen Monaten bereits auf meiner Beobachtungsliste und werden auf der Hotline öfters diskutiert. Der drastische Einbruch (rote Markierung) endete vor zwei Jahren. Steuerliche Anreize erzeugten eine 10-monatige Erholung (blaue Markierung), bevor es erneut zu einer Preisschwäche kam. Die saisonal unbereinigten Monatsdaten lassen sogar eine leichte Verbesserung erkennen, obwohl die bereinigten Daten noch leicht im Minus liegen (grüner Pfeil). Der Jahresvergleich fällt dagegen immer noch deutlich negativ (-3,1%) aus.
Die amerikanische Herstellungsindustrie hat sich im Juli etwas erholt (grüner Pfeil) und liegt deutlich über der mit Wachstum assoziierten Marke von 50 (blaue Linie). Allerdings beruht die jüngste Verbesserung primär auf höheren Lagerbeständen, was Fragezeichen aufwirft. Der Einbruch vor drei Jahren (rote Schattierung), ist seit Mitte 2009 überwunden (blaue Schattierung), ohne jedoch ein nachhaltiges Wachstum aufzuweisen. Verzerrungen und Belastungen aufgrund des Tsunamis in Japan vom März dauern immer noch an. Im zweiten Halbjahr rechne ich mit einer deutlichen Beruhigung im Herstellungsbereich.
Am Montag, den 4. Juli sind die US-Börsen wegen der Feiern zum Unabhängigkeitstag geschlossen. Nach dem fünftägigen Aufwärtstrend ist der US-Aktienmarkt technisch gesehen überkauft, was die erste Juli-Woche temporär etwas belasten kann. Die Börsenampel bleibt jedoch vorläufig auf grün. Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint in einer Woche am 11. Juli.
© 2011 Heiko Thieme