Die Börse wird zum politischen Spielball. Das von Republikanern kontrollierte US-Repräsentantenhaus verweigert bisher die notwendige Erhöhung der staatlichen Verschuldungsgrenze, um vom Weißen Haus politische Zugeständnisse zu erzielen. Die Rating-Agenturen haben bereits mit einer Reduzierung der Bonität Amerikas, die seit 1917 die höchste der Welt ist, gedroht, Das Zeitfenster wird eng. Fällt die Bonität, steigen die Zinsen. Bei einer Staatsverschuldung von über $14 Billionen ist dies kein Pappenstiel. Ein Prozent hoehere Zinsen bedeuten $140 Milliarden Mehrbelastung im US-Bundeshaushalt.
Wall Street stand im Wochenverlauf unter Verkaufsdruck; daran konnte die leichte Erholung am Freitag nur wenig ändern. Der Edelmetallsektor wird zum Wochensieger, wobei Silber den ersten Platz einnimmt (grüner Pfeil) und auch seit Jahresbeginn vorn liegt (grüner Pfeil).
Der DAX ist der Wochenverlierer (roter Pfeil) und weist auch seit Jahresbeginn den geringsten Anstieg (gelber Pfeil) auf. Allerdings verbessert sich das Resultat deutlich, wenn man die Stärke des Euro (+5,9%) seit Januar mitberücksichtigt.
Der US-Aktienmarkt ist nicht überbewertet, Das aktuelle Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 16 ist das niedrigste Niveau seit 20 Jahren (hell-grüne Linie und hell-grüner Pfeil) und liegt innerhalb eines seit 1900 existierenden Korridors (hell-blaue Schattierung). Fällt das KGV auf sieben oder sogar noch darunter (blaue Schattierung), so ist der Aktienmarkt ein klarer Kauf (blauer Pfeil). Steigt das KGV dagegen auf 22 bzw. darüber hinaus (gelbe Schattierung), so ist Gewinnmitnahme empfohlen. Während der Internet-Blase um die Jahrtausendwende (rosa Pfeil und Schattierung) und der Finanzkrise von 2008 (roter Pfeil und Schattierung) wurde jede rationelle Bewertungsbasis außer Acht gelassen, und nachher durch hohe Kursverluste bestraft.
Der Dow Jones Index befindet sich weiterhin in einem Aufwärtstrend seit Beginn der Hausse am 9. März 2009 (grüne Linie). Erst ein deutliches Unterschreiten der 12.000 Marke würde dies in Frage stellen.
Der US-Verbraucher ist stark verunsichert über die weitere Wirtschaftsentwicklung. Das aktuelle Stimmungsbild (roter Pfeil) ist auf das niedrigste Niveau seit März 2009 (rosa Pfeil) zurückgefallen. Auch hier belastet der politische Machtkampf zwischen den Republikanern und dem Weißen Haus.
Das schwache Stimmungsbild beeinträchtigt auch den Einzelhandel, der nach acht robusten Monaten (blaue Schattierung) seit April (roter Kreis) stagniert, obwohl der Anstieg zum Vorjahr mit rund 8% (grüner Pfeil) immer noch respektabel ist.
Die Inflationsrate ist seit Oktober 2010 auf Jahresbasis fast kontinuierlich gestiegen (blauer Pfeil), nachdem sie zuvor seit Ende 2009 gefallen war. Nach wie vor stellt dies keine akute Gefahr dar. Die Kernrate - ohne Nahrungsmittelpreise und Energiekosten - liegt weiterhin unter der zwei Prozentmarke (rosa Pfeil), nachdem sie fast ein Jahr lang die ein Prozentmarke nicht überschritten hatte (grüne Schattierung). Die Gesamtrate ist zwar auf 3,4% gestiegen (roter Pfeil), weist jedoch keine unmittelbare weitere Beschleunigung auf.
In Asien und Latein Amerika hat das Inflationsthema jedoch in jüngster Zeit an Bedeutung gewonnen. Daher sind in diesen Regionen die Leitzinsen spürbar gestiegen.
Die Verunsicherung am Aktienmarkt hat zu einer Zuflucht am Rentenmarkt geführt. Renditen von 10-jährigen US-Staatstiteln sind wieder unter die 3%-Marke gefallen (blauer Pfeil). In den vergangenen drei Jahren gab es nur sechs Monate mit noch niedrigeren Renditen (grüne Schattierungen). Zinsen für Tagesgelder bewegen sich weiterhin in der Nähe des Null-Niveaus (blaue Linie)
Schlagzeilen machte das Gold mit einem neuen Rekordhoch. Die $1.600 Marke - mein ursprüngliches Jahresziel - ist fast erreicht. Die Markttechnik lässt jetzt sogar auf einen Anstieg von $1.700 bis Jahresende schließen. Nach wie vor ist Gold bei institutionellen Anlegern unter-repräsentiert.
Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf meiner Börsenhotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 25. Juli.
© 2011 Heiko Thieme