Amerika geht nicht in den Konkurs! Zu einer Erhöhung der Verschuldungsgrenze durch den Kongress muss es jedoch bis zum 2. August kommen. Die Zeit wird knapp. Das politische Theater hat das Image Amerikas angekratzt. Anleger sind verunsichert. In der letzten Juli Woche wurden an den Börsen nur rote Zahlen geschrieben (siehe Tabelle oben). Der Juli - normalerweise ein guter Boersen-Monat - wurde damit zum bisher schlechtesten Monat in diesem Jahr beim Dow Jones und S&P 500 Index. Die Ausnahme vom allgemeinen Verkaufsdruck war der Edelmetallsektor. Gold stieg auf ein neues Rekordhoch und Silber folgte im Windschatten. Silber liegt mit einem Plus von fast 30% (grüner Pfeil) seit Jahresbeginn vorn; der S&P 500 Index kommt dagegen nur auf einen Anstieg von 2,7% (hellgrüner Pfeil).
Die höchste Bonität - AAA seit 1917 - verdient Amerika in Anbetracht seiner hohen Verschuldung und Abhängigkeit von ausländischen Investoren seit einiger Zeit nicht mehr. Die amerikanischen Rating-Agenturen haben bisher nur nicht den Mut gehabt, die mächtigste Wirtschaftsnation der Welt so zu demütigen! Dies käme einer eigenen Nestbeschmutzung gleich. Bei europäischen Ländern nimmt man dagegen bei der Bonitätsbewertung kein Blatt vor dem Mund! Hier wird mit zweierlei Mass gemessen.
Die Rendite von US-Staatsanleihen ist nur deshalb weiterhin so niedrig ( fast Null-Prozent für Kurzläufer und nur knapp 3% für 10-jährige Laufzeiten), weil es für internationale Anleger keine echten Alternativen für die massive Liquidität gibt! Es herrscht quasi ein Anlagenotstand. Der momentane Streit im US-Kongress um die Verschuldungshöhe wird jedoch die Zinsen in den USA in den nächsten Monaten tendenziell belasten.
Der Wochenbericht von Dr. Martin Huefner bringt eine ausgezeichnete Analyse und historische Betrachtung der Verschuldungskrise in den USA. Den Bericht öffnen durch anklicken der nächsten Zeile:
http://www.assenagon.com/fileadmin/downloads/Huefners_Wochenkommentar_11-29.pdf
Das technische Bild der Börse, repräsentiert durch den S&P 500 Index, deutet auf eine Kopf/Schulter Formation (drei blaue Wellen) hin, was ein Warnsignal ist. Die Sommerrallye dauerte diesmal nur drei Wochen, vom 15. Juni bis 7. Juli. Der Indexanstieg von 7% entsprach dabei meiner Prognose im Deutschen Anleger Fernsehen (DAF) vom 22. Juni (siehe Link im Blog vom 26. Juni - Gratwanderung). Eine Einigung in der Erhöhung der Verschuildungsgrenze im US-Kongress wird zwar zu einer Erholungsrallye führen, jedoch wird dies kaum ausreichen, um die bisherigen Sommer-Höchststände von Anfang Juli noch zu übertreffen.
Die amerikanische Wirtschaft stagniert. Die erste Hochrechnung für das zweite Quartal fiel mit einem Plus von 1,3% (hellgrüner Pfeil) schwächer als erwartet aus. Gleichzeitig wurde das Wachstum vom ersten Quartal von 1,9% drastisch auf 0,4% (roter Pfeil) reduziert. Die Wirtschaftserholung seit der Rezession (rote Schattierung) verlief bisher unterdurchschnittlich. Im vergangenen Jahr erreichte sie ein Plus von 3%. Jetzt liegt der Anstieg gegenüber dem Vorjahr unter der zwei Prozent-Marke (rote Linie, hellgrüner Pfeil). Die Inflationsrate ((Deflator) liegt mit 2,3% etwas über der von der Notenbank angestrebten 2,0%-Marke. Die erhoffte Wachstumsverbesserung im zweiten Halbjahr ist durch den politischen Streit um die Verschuldungsgrenze gefährdet.
Das Verbrauchervertrauen hat sich im Juli etwas verbessert, liegt jedoch mit knapp 60 (grüner Pfeil) deutlich unter dem 'normalen' Niveau von 80 bei einem gesunden Wirtschaftswachstum. Den bisher besten Anstieg über die Marke 70 (blauer Pfeil) gab es zu Jahresbeginn, während der Tiefstand (roter Pfeil) in diesem Zyklus Anfang 2009 erreicht wurde, als der Einzelhandel in einer Rezession steckte (rote Schattierung). Seit dem vierten Quartal 2009 geht es im Einzelhandel wieder aufwärts (blaue Schattierung).
Gold und Silber stehen in keiner starren Preisrelation zueinander. Allerdings kam es in den vergangenen 30 Jahren zu extremen Über- und Unterbewertungen. Während die weiße Linie mit einem Multiplikator von 4O eine Überbewertung des Silbers anzeigt, deutet die rote Linie mit einem Multiplikator von 80 auf eine Unterbewertung des Silberpreises gegenüber dem Gold hin. Eine 'normale' Korrelation wäre ein Multiplikator von 60 (blaue Linie).
Als Silber im ersten Quartal auf fast $50 pro Feinunze stieg und der Goldpreis um $1.500 lag, fiel der Multiplikator auf einen Tiefstand (rechter grüne Kreis) von rund 30 (1.500:50=30). Eine ähnliche Übertreibung des Silberpreises in Relation zum Gold gab es bereits einmal vor 30 Jahren (linker grüne Kreis), als das Silber aufgrund der Spekulation der Hunt-Brüder explodiert war. Es dauerte fast 30 Jahre, bevor sich das Silber davon wieder erholte. Anfang der 90-er Jahre wurde das Silber dagegen im Vergleich zum Goldpreis verschenkt, als der Multiplikator auf 100 stieg (roter Kreis).
Geht man vom 'normalen' Multiplikator 60 aus, so müsste entweder der Goldpreis heute bei $2.400 pro Feinunze stehen, oder der Silberpreis bei $27 pro Feinunze liegen. Dies beweist, dass Märkte nicht immer logisch handeln.
Weitere Empfehlungen und Einschätzungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint am Montag, den 8. August.
© 2011 Heiko Thieme