Bei der lange stark umstrittenen Beteiligung der Finanzbranche am zweiten Rettungspaket für Griechenland wird es ernst. An diesem Freitag läuft eine erste von Griechenland selbst gesetzte Frist für die Banken ab. Die stecken wiederum in einem Dilemma - machen sie mit oder kneifen sie? Beim Euro-Krisengipfel am 21. Juli hatte der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann als Chef des internationalen Finanzverbands IIF den Mund voll genommen und eine milliardenschwere Beteiligung der Banken, Versicherungen und Investmentfonds zugesagt. Der Bundesregierung war die private Beteiligung besonders wichtig.
Nun versucht Ackermann die eigenen Reihen zu schließen. Das Problem: Die Beteiligung ist freiwillig, damit Griechenland von den Ratingagenturen nicht als zahlungsunfähig erklärt wird. Dieser Fall würde für alle Banken teuer - auch für die, die nicht beim Hilfspaket mitmachen. Hinter den Kulissen wird seit Wochen mit Hochdruck an der Lösung gearbeitet - doch was soll eigentlich genau passieren? Ist den Griechen damit überhaupt geholfen und bis wann muss das alles über die Bühne gehen?
Wie soll sich die Privatwirtschaft beteiligen?
Den Instituten stehen grundsätzlich vier Optionen für den Umtausch und Verkauf von Anleihen zur Auswahl. Dafür müssen sie entweder einen Abschlag auf den Nennwert und/oder eine deutlich längere Laufzeit in Kauf nehmen. Die genauen Details sollen erst in den kommenden Wochen festgelegt werden. Die Optionen für die freiwillige Umschuldung gelten für griechische Anleihen mit einer Fälligkeit bis Ende 2020, länger laufende Schuldtitel können nicht eingebracht werden.
Insgesamt sollen nach Berechnungen des Branchenverbands IIF die Banken, Fonds und Versicherungen griechische Schuldtitel im Wert von 135 Milliarden Euro umtauschen oder verlängern. Das sind nach IIF-Angaben 90 Prozent der gesamten bis Ende 2020 auslaufenden Anleihen. Die umgetauschten und für Athen billigeren Papiere lassen sich die Institute über den europäischen Rettungsschirm absichern. Die Banken erhalten sozusagen länger laufende, als sicher geltende Papiere und verzichten dafür auf eine höhere nominale Verzinsung.
Wie wirkt sich das auf die griechischen Schulden aus?
Ziel der ganzen Tausch- und Rückkaufoptionen ist es, die drückende Schuldenlast Griechenlands deutlich zu reduzieren und Zahlungen aufzuschieben. Die genauen Auswirkungen sind noch offen und hängen von den Details ab. Bisher schwirren viele verschiedene Angaben durch den Raum. Fakt ist, dass die Schuldenlast deutlich sinken wird und die Griechen erheblich mehr Zeit für die Tilgung bekommen, wenn sich die Banken wie angekündigt beteiligen. Zuletzt hatte Griechenland rund 350 Milliarden Euro Staatsschulden - eindeutig zu viel, angesichts eines schon 2010 deutlich darunter liegenden Bruttoinlandsprodukts, das in diesem Jahr abermals stark schrumpft.
Um überhaupt noch flüssig zu sein, musste Griechenland die Eurozonen-Länder bereits im Frühjahr 2010 anzapfen. Doch die insgesamt 110 Milliarden Euro aus dem ersten Hilfspaket sind fast aufgebraucht. Im Juli wurde deshalb ein zweites Rettungspaket aufgelegt. IWF und der europäische Rettungsschirm wollen bis 2014 insgesamt weitere 109 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Die privaten Banken sollen sich mit dem Umtausch von Anleihen sowie den Verkauf von griechischen Anleihen unter Nennwert beteiligen. Die EU beziffert den erhofften Beitrag der Banken bis Ende 2014 auf rund 50 Milliarden Euro.
Der IIF hofft, dass bis Mitte 2014 insgesamt Anleihen über 54 Milliarden Euro zum Umtausch angeboten werden. Wie stark sich das auf die aktuelle Verschuldung des Landes auswirkt, ist noch offen. Inklusive des Verkaufs von Anleihen unter Nennwert soll die Schuldenlast des Landes um rund 24 Milliarden Euro sinken. Das wäre rund ein Zehntel der jährlichen Wirtschaftsleistung. Ein nach IIF-Angaben bedeutender Beitrag, der Griechenland genügend Optionen für ein neues Privatisierungs- und Wachstumsprogramm gibt.
Wie teuer wird die Beteiligung für die Finanzinstitute?
Die Institute müssen nach IIF-Berechnungen den in den Büchern stehenden Wert ihrer zum Umtausch angebotenen griechischen Anleihen um 21 Prozent nach unten korrigieren. Damit kommen sie nach Ansicht von Experten aber gut weg. Müssten sie die Papiere auf den aktuellen Marktpreise abschreiben, wären die Wertberichtigungen und die Verluste viel höher.
Machen alle privaten Gläubiger mit?
Damit rechnet selbst der IIF nicht. Der Verband ging bisher von einer Beteiligungsquote von 90 Prozent aus - es dürfte einige Trittbrettfahrer geben, die hoffen, dass sich mit dem Einsatz der anderen das Schuldenproblem löst und sie am Ende ohne Verluste ihre griechischen Anleihen loswerden. Ob die 90-prozentige Beteiligung zustande kommt, ist unklar. Ende August hieß es, dass erst 60 bis 70 Prozent ihre Teilnahme zugesagt hätten. Die griechische Regierung nahm das zum Anlass, mit einem Platzen des gesamten Rettungspakets zu drohen. In dieser Woche aber äußerte sich das Finanzministerium in Athen zuversichtlicher. Die Resonanz sei ermutigend, hieß es in einer neuen Mitteilung der Behörde. Vielleicht hilft auch der Appell von Deutsche-Bank-Chef Ackermann an das Verantwortungsbewusstsein der Branche vom Wochenbeginn.
Wie sieht es mit den deutschen Banken aus?
Dass die Deutsche Bank
Welche Fristen gibt es?
Bis zu diesem Freitag sollen sich die Gläubiger erklären, ob sie im Prinzip mitmachen wollen. Dies ist allerdings - um die Freiwilligkeit der gesamten Beteiligung zu gewährleisten - eine nicht bindende Frist. Ein formelle Offerte will Griechenland dann im Oktober vorlegen. In der Zwischenzeit sollen die Details mit den Instituten geklärt werden, die sich an den Hilfen beteiligen wollen.
Was passiert, wenn weniger Institute teilnehmen als angekündigt?
Dann könnte - wie von Griechenland angedroht - das gesamte Rettungspaket platzen. Die Commerzbank-Experten rechneten zuletzt vor allem bei den kurz laufenden Papieren mit einer geringeren Teilnahme. "Insgesamt rechnen wir mit einer Beteiligungsquote von 70 bis 80 Prozent", hieß es in einer Studie. Aber auch dann dürfte Griechenland den Umtausch durchführen, da es noch in diesem Jahr auslaufende Staatsanleihen im Umfang von acht Milliarden Euro refinanzieren muss. Die Commerzbank rechnet damit, dass der freiwillige Umtausch der Papiere bis Mitte Oktober abgewickelt ist.
Aber nicht nur Griechenland kann die Notbremse ziehen, auch der internationale Währungsfonds IWF oder die EU. Beide machen ihre Hilfszahlungen von Fortschritten bei den Sparbemühungen abhängig und hier hatte Griechenland die möglichen Geberländer erst vor kurzem verärgert. Die von der EU und IFW eingesetzten Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des IWF - die sogenannte Troika - brachen Ende vergangener Woche ihren gemeinsamen Inspektionsbesuch wegen zu geringer Sparbemühungen Griechenlands ab. Die Troika will in der kommenden Woche wiederkommen. Bis dahin muss Griechenland nachlegen./enl/zb/stb/tw
--- Von Erik Nebel und Bernd Zeberl, dpa-AFX ---
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