EMFIS.COM - Peking 08.11.2011 (www.emfis.de) Für die Solarbranche verspricht die zweite Jahreshälfte außerordentlich schwierig zu werden. Obwohl die Karten jetzt neu gemischt werden, gibt es Perspektiven...Martin Simonek, Analyst von Bloomberg New Energy glaubt, dass die Solar-Blase geplatzt ist. Seiner Meinung nach sind dafür die Subventionskürzungen in Europa und die chinesische Überproduktion verantwortlich. Und tatsächlich drücken die vollen Lager auf die Gewinnmargen, während die sinkende Nachfrage zuletzt die Verkaufspreise abrutschen ließ.
Zumindest mittelfristig wird keine Freude aufkommen: Erst gestern haben Yingli Green Energy und Renesola ihre Jahresprognosen gesenkt und folgten damit dem Beispiel von Trina Solar, China Sunergy und Canadian Solar. Analysten glauben, dass auch JA Solar und LDK Solar möglicherweise ihre Schätzungen korrigieren müssen. Dass in diesem Jahr bereits drei US-amerikanische Solarkonzerne vor der Übermacht der chinesischen Konkurrenz kapitulieren mussten und Insolvenz beantragten, scheint jedoch nur die erste Phase einer Konsolidierungswelle in der Solarindustrie zu sein.
Jifan Gao, Chef von Trina Solar hat jetzt in einem Interview mit Bloomberg die Meinung vertreten, dass dieses Jahrzehnt von Übernahmen geprägt sein wird. Gao zufolge wird sich die Zahl der Solarkonzerne bis 2015 auf etwa ein Drittel verringern. In jedem der drei Segmente soll maximal Platz für fünf große Hersteller sein. Zu diesen Segmenten zählt Gao die Bereiche Solarpanels, Ingots und Wafer und die Herstellung des Rohstoffes Polisilizium. Die fünf größten Produzenten von herkömmlichen Solarpanels nach Produktionskapazität sind laut Bloomberg derzeit Suntech Power, LDK Solar, Canadian Solar, SolarWorld und Trina Solar.
Der zunehmende Konkurrenzdruck hatte zuletzt sogar den deutschen Branchenprimus SolarWorld und andere US-amerikanische Solarkonzernen zu einen Rundumschlag gegen die chinesische Konkurrenz motiviert. Sie forderten, dass die US-Regierung gegen die vermeintlich verzerrende Wirtschaftsförderung Pekings einschreiten soll, die es chinesischen Anbietern ermögliche, ihre Produkte in Nordamerika zu Dumpingpreisen zu verhökern.
Emerging Markets im KommenEs ist nicht zu leugnen, dass sich der Markt derzeit in einem tiefgreifenden Wandel befindet. Nach den jüngsten Förderungskürzungen sieht es so aus, als würde Europa seinen Nimbus als wichtigster Absatzmarkt für Solarprodukte bald verlieren, denn neue Wachstumsmärkte stehen bereits in den Startlöchern. Besonders interessiert beobachtet die Solarbranche dabei die Entwicklung in China und den USA.
Die Experten von Solarbuzz sind zu dem Schluss gekommen, dass Chinas Wachstumsdynamik sogar noch die Vereinigten Staaten übertrifft. Obwohl der von Peking im August abgesegnete Einspeisetarif mit 1,15 Yuan pro Kilowattstunde deutlich niedriger liegt, als zum Beispiel in Deutschland, soll dies ausreichen, um die Nachfrage deutlich zu beleben. Während 2010 im Reich der Mitte industrielle Solaranlagen mit einer Kapazität von 480 Megawatt installiert wurden, wird sie in diesem Jahr voraussichtlich bereits 1,8 Gigawatt betragen. Eine gute Nachricht für Chinas Solarkonzerne, die ihre Produkte bislang vor allem ins Ausland exportierten. Diese Zeit dürfte bald vorbei sein: Sollte sich die Binnennachfrage wirklich beleben, werden die ortsansässigen Konzerne überdurchschnittlich davon profitieren.
Damit ist China den Vereinigten Staaten dicht auf den Fersen, die im letzten Jahr der weltweit viertgrößte Solarmarkt waren. In diesem Jahr soll dort inklusive privater Dachinstallationen eine Kapazität von 2,0 bis 2,2 Gigawatt zugebaut werden. Doch auch Indien rüstet sich für das Zeitalter der regenerativen Energieträger: Laut einer Studie von GTM Research und Bridge to India könnte der Zubau zwischen 2011 und 2016 über 9 Gigawatt betragen.
Langfristig gibt es durchaus Chancen, doch mittelfristig überwiegen die Risiken. Hat die Solarindustrie eine Perspektive? Zweifelsohne ist die gegenwärtige Situation eine wichtige Übergangsphase in der Solarindustrie. Die nächsten Jahre werden darüber entscheiden, wie die Zukunft der Branche aussehen wird und welche Anbieter stark genug sind, um zu überleben...
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