Der Umgang mit der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko belastet zunehmend das Verhältnis zwischen Deutschland und der Ukraine: Bundespräsident Joachim Gauck hat offenbar in Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Teilnahme an einem Präsidententreffen in Jalta abgesagt. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Donnerstag-Ausgabe. Hintergrund ist die tiefe Besorgnis der Bundesregierung über das Schicksal der früheren Ministerpräsidentin, die in der Haft erkrankt und in Hungerstreik getreten ist.
Die ukrainische Botschaft in Berlin sei darüber informiert worden, dass Gauck einer Einladung zum Treffen zentraleuropäischer Präsidenten Mitte Mai in Jalta auf der Krim nicht folgen werde, bestätigte das Bundespräsidialamt am Mittwoch der SZ. Dabei legte ein Sprecher Gaucks Wert auf die Feststellung, dass "Auslandsreisen des Bundespräsidenten stets im engen Benehmen mit der Bundesregierung erfolgen". Timoschenko gilt als Opfer von politischer Rachejustiz im Auftrag des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Timoschenko hatte 2004 die gegen Janukowitsch gerichtete orangene Revolution angeführt. Nach Angaben ihres Anwalts befindet sich die Politikerin seit 20. April im Hungerstreik. Eine Behandlung ihres schweren Rückenleidens durch ukrainische Ärzte lehnt sie ab. Die Bundesregierung bietet eine Behandlung in Deutschland an. Verhandelt wird aber auch über eine Entsendung deutscher Mediziner in die Ukraine. Deutsche Politiker stehen überdies vor der Frage, ob sie angesichts des Falls Timoschenko zur Fußball-EM im Juni in die Ukraine reisen können, wo die ersten drei Spiele der deutschen Mannschaft ausgetragen werden. Nach SZ-Informationen wird überlegt, bei möglichen Reisen von Bundespräsident, Bundeskanzlerin oder Ministern zur EM den Kontakt zur ukrainischen Führung auf ein Minimum zu reduzieren.