Verantwortlicher Redakteur: Markus Meister
Wir freuen uns, Ihnen heute das erste FN-Vorstandsinterview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Tipp24 SE, Dr. Hans Cornehl, auf FinanzNachrichten.de präsentieren zu können. Tipp24 hat am 20. April die Abspaltung des Deutschland-Geschäfts als Lotto24 AG bekannt gegeben, die auf der Hauptversammlung am 22. Juni abgesegnet werden soll, und letzte Woche die Quartalszahlen mit 1,08 Euro Gewinn/Aktie im Q1/2012 (Q1/2011: 0,99 Euro) veröffentlicht.
Mit 35 Mio. Euro Umsatz (+6 %), 12 Mio. Euro EBIT (+4 %) und 9 Mio. Euro Gewinn (+16 %) ist Januar bis März 2012 deutlich besser gelaufen als das Vorjahresquartal (Quartalsbericht als PDF). Spannende Zeiten für die Firma, deren Aktie zahlreiche positive Analysteneinschätzungen bekommt und zuletzt neue Allzeithochs erklommen hat.
FinanzNachrichten.de:
Sehr geehrter Herr Dr. Cornehl, Tipp24 bietet - wie der Name vermuten lässt - natürlich Lottospielen via Internet an. Wie würden Sie jemandem, der Ihre Firma nicht kennt, Ihr Geschäftsmodell in einfachen Worten beschreiben?
DR. HANS CORNEHL:
Tipp24 ist seit über zwölf Jahren im deutlich staatlich geprägten Lotteriemarkt tätig. Die Geschäfte werden getrennt nach Auslands- und Inlandssegment betrieben, und die Geschäftsmodelle unterscheiden sich von Land zu Land. In Deutschland vermitteln wir über die Website www.lotto24.dedas staatliche Lotto 6 aus 49 über das Internet. Dafür erhalten wir von der staatlichen Lottogesellschaft eine Vermittlungsprovision. Das ist wegen des Glückspielstaatsvertrags derzeit nur in Schleswig-Holstein möglich, soll aber Mitte des Jahres bundesweit wieder erlaubt werden. Ausserdem vermitteln wir noch Klassenlotterien.
Darüber hinaus halten wir Minderheitsbeteiligungen in Grossbritannien, die eigenständig auf Basis einer britischen Lizenz Zweitlotterien auf verschiedene europäische Lotterien veranstalten bzw. vermitteln. Schliesslich werden noch in Spanien die dortigen nationalen Lotterien ebenfalls über das Internet vermittelt. Sämtliche Minderheitsbeteiligungen werden vollkonsolidiert.
FN:
In welchen Ländern erzielt Ihr Unternehmen die grössten Umsätze? Fokussieren Sie sich ausschliesslich auf die jeweils staatlichen Lotterieangebote oder gibt es auch nennenswerte Umsätze mit privaten Glückspielangeboten, wie Online-Poker oder Casino?
DR. HANS CORNEHL:
Im ersten Quartal 2012 trug das Auslandssegment mit 35,9 Mio. Euro Umsatz und einem EBIT von 15,3 Mio. Euro wie auch bereits in den Vorjahren seit 2009 den wesentlichen Teil des Geschäfts. Wegen der zwar europarechtswidrigen, aber in 15 Bundesländern nach wie vor wirksamen dramatischen Beschränkungen des deutschen Lotteriemarkts durch den Glückspielstaatsvertrag, trug das deutsche Segment lediglich 0,1 Mio. Euro zum Umsatz bei. Online-Poker oder Casino werden nicht angeboten. Wir haben uns von jeher auf Lotto und Lotterien fokussiert und sehen hier auch für die Zukunft für uns die grössten Potentiale.
FN:
Wie hoch sind die Margen in den verschiedenen Segmenten?
DR. HANS CORNEHL:
Im Auslandssegment wurde im ersten Quartal 2012 wie auch schon im Vorjahr eine EBIT-Marge von über 40 % erwirtschaftet. Da wir im deutschen Segment in den letzten Jahren kaum Geschäft machen durften, sondern stattdessen um unser Recht gekämpft haben, und wir auch in diesem Jahr bislang nur in Schleswig-Holstein die Internet-Lottovermittlung wieder starten durften, trägt das deutsche Segment im Wesentlichen Verwaltungs- und Rechtsberatungskosten. Hier haben wir nur einen negativen Beitrag zum konsolidierten EBIT zu verzeichnen. Im ersten Quartal 2012 betrug dieser -3,1 Mio. Euro. Im Geschäftsjahr 2011 -8,8 Mio. Euro.
FN:
Vor allem in Deutschland gibt es immer noch harten politischen Gegenwind für Anbieter von Online- Glücksspielen, Stichwort Lotto-Staatsvertrag. Die EU-Kommission hingegen möchte eine möglichst vollständige Liberalisierung des europäischen Marktes erreichen. Schleswig-Holstein hat kürzlich als erstes Bundesland die Bedingungen für Online-Lotto wieder gelockert. Ist Online-Lotto über Anbieter aus diesem Bundesland für alle deutschen Lottospieler nun dauerhaft 'legal'? Dürfen Sie für dieses Angebot in anderen Bundesländern werben?
DR. HANS CORNEHL:
Das Angebot unter www.lotto24.de bieten wir aktuell Kunden mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt an. In Schleswig-Holstein gibt es hierfür eine gesetzliche Grundlage, die europarechtskonform und diskriminierungsfrei gegenüber gewerblichen Anbietern ist. In Sachsen-Anhalt haben wir die Zulässigkeit rechtskräftig erstritten. Aus unserer Sicht ist das Angebot in ganz Deutschland legal, da die Verbote in den anderen Ländern aus europarechtlicher Sicht nicht mehr haltbar sind, dieses zeigt auch die jüngste gerichtliche Entscheidung des Landgerichts Bremen. Die bremische Lottogesellschaft ist dort mit ihrem Versuch gescheitert, Lotto24 die Internetvermittlung des schleswig-holsteinischen Lottos über Lotto24 in Bremen verbieten zu lassen. Das Gericht ist offenbar unserer Auffassung gefolgt, dass seit dem 1. Januar 2012 in ganz Deutschland, auch in Bremen, das Internetverbot und die weiteren Verbote des GlüStV nicht mehr fortgelten.
Eine Werbung in den anderen Bundesländern ist aus unserer Sicht zwar rechtlich möglich, aber vor dem soeben beschriebenen Hintergrund derzeit wirtschaftlich nicht sehr effizient. Erst wenn das Vermittlungsmodell wieder weitgehend bundesweit möglich ist, sind Marketingmassnahmen sinnvoll. Voraussichtlich ist ab 1. Juli 2012 die Teilnahme in ganz Deutschland zulässig.
FN:
Die Aktie von Tipp24 befindet sich nun seit mehreren Jahren im Aufwärtstrend und hat erst in dieser Woche ein neues Allzeithoch erzielt - die Geschäfte laufen offenbar hervorragend?
DR. HANS CORNEHL:
Tipp24 entwickelt sich seit mehr als zwölf Jahren sehr erfolgreich – und das in einem schwierigen und bewegten regulatorischen Umfeld. Im vergangenen Geschäftsjahr gab es wiederholt ein Rekordergebnis. Der erfolgreiche Geschäftsverlauf belegt einmal mehr, dass Tipp24 in der Lage ist, in einem durch häufigen Wandel geprägten Umfeld nachhaltiges Umsatz- und Ertragswachstum zu generieren.
FN:
Mit einem Gewinn pro Aktie von 4,80 Euro im Geschäftsjahr 2011 und einem aktuellen Aktienkurs von rund 42 Euro liegt das KGV trotzdem nur bei ca. 9. Im Vergleich zu anderen Wachstumsunternehmen scheint dies eine recht moderate Bewertung zu sein. Wie sehen Sie dies?
DR. HANS CORNEHL:
Tipp24 sieht ihre Aufgabe in der Entwicklung ihrer Geschäfte in den Lotteriemärkten. Die Einschätzung der Bewertung unserer Aktivitäten überlassen wir den Experten der Banken, namentlich den Analysten der Berenberg Bank, der Deutschen Bank, Hauck & Aufhäuser, Macquarie und der Warburg Bank, die sich regelmässig mit unserem Geschäft auseinandersetzen sowie natürlich auch unseren Aktionären selbst. Wir sind keine Anlageberater und geben generell keine Aussagen über die Bewertung von Aktien – auch nicht unserer eigenen – ab.
FN:
Laut Ihrer jüngsten Ankündigung möchten Sie ihr neues Deutschland-Geschäft, die Lotto24 AG, ausgliedern und als eigenständiges Unternehmen an die Frankfurter Börse bringen. Die Aktien der Lotto24 sollen hierbei als Sachdividende mit einem Wert von ca. 2,50 Euro pro Tipp24-Aktie gratis an die Tipp24-Aktionäre abgegeben werden. Könnten Sie unseren Lesern die Hintergründe für diesen Spin-Off erläutern und welches Potenzial sehen Sie für die Deutschland-Tochter in den kommenden Jahren?
DR. HANS CORNEHL:
Die Tipp24 befindet sich seit mittlerweile vier Jahren in Auseinandersetzungen über die Wiederzulassung des Online-Lotterievermittlungsgeschäfts in Deutschland. Obwohl wir hierbei klare Erfolge erzielt haben, halten wir eine vollständige gesellschaftsrechtliche Trennung für die beste Option, um der Lotto24 AG einen rechtlich unbelasteten Start am deutschen Markt zu ermöglichen. Im Zuge der Wiederaufnahme der Online-Lotterievermittlung in Deutschland wurde bereits damit begonnen, mit Lotto24 eine starke und einprägsame Marke für das nationale Geschäft zu etablieren.
Nach dem Verbot der Online-Lotterievermittlung Anfang 2009 ist der gesamte deutsche Lotteriemarkt auf ein Volumen von rund 6,5 Mrd. Euro zurückgegangen. Der Markt hier hat erheblichen Nachholbedarf – sowohl im Hinblick auf die Pro-Kopf-Ausgaben für Lotterien als auch im Online-Vermittlungsgeschäft. Wir sind daher überzeugt, dass durch die bevorstehende Liberalisierung des Markts und die Wiederzulassung der Online-Lotterievermittlung ein erhebliches Wachstumspotenzial aktiviert werden kann. Von diesem wird Lotto24 nachhaltig profitieren.
FN:
Ist mit der Ausgliederung nicht auch ein deutlich höherer Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden? Die Rede ist allerdings von negativen Synergien - wie ist dies zu verstehen?
DR. HANS CORNEHL:
Die Lotto24 wird im Rahmen des geplanten Spin-off in eine eigenständige Aktiengesellschaft überführt. Diese wird dann naturgemäss Verwaltungs- und Kostenaufwände haben. Durch eine schlanke operative Aufstellung und ausgeprägtes Kostenbewusstsein werden die verfügbaren Barmittel wirtschaftlich eingesetzt. Beispielsweise sind die Technikkosten variabel an die Umsatzhöhe gekoppelt.
Die Notwendigkeit des Spin-off besteht, um negative Synergien in Bezug auf die regulatorischen Rahmenbedingungen zu verhindern. Zum Hintergrund: Für die Vermittlungstätigkeit wird die Lotto24 AG Erlaubnisse verschiedener Aufsichtsbehörden in den einzelnen Bundesländern einholen müssen. Die Erteilung dieser Erlaubnisse unterliegt voraussichtlich keinen objektiven Kriterien, sondern wird wohl im freien Ermessen der Aufsichtsbehörden liegen, obwohl der Europäische Gerichtshof dieses untersagt hat. Wir befürchten, dass die Erlaubnisverfahren, würden sie von der Tipp24 SE oder einer Tochtergesellschaft geführt werden, durch die historischen juristischen Auseinandersetzungen mit eben diesen Behörden oder auch durch die Minderheitsbeteiligung an den britischen entherrschten Gesellschaften negativ belastet sein könnten. Aus diesem Grunde plant die Tipp24 SE den Spin-off des Deutschlandgeschäfts in eine vollkommen eigenständige und unabhängige börsennotierte Gesellschaft.
FN:
Für den Wiederaufbau des deutschen Online-Lottogeschäfts sind sicher auch erhebliche Investitionen, wie z.B. in Marketing, notwendig. Wie sehen die Pläne in Sachen Finanzierung aus für die Lotto24 AG? Sie haben eine Barkapitalerhöhung angekündigt - würde diese eher im Umfang von ein paar Mio. Euro ausfallen oder doch eher in einer Grössendimension von 10-20 Mio. Euro, um die Firma von Beginn an mit reichlich Finanzmitteln auszustatten?
DR. HANS CORNEHL:
Zur Deckung des Liquiditätsbedarfs beabsichtigt die Lotto24 AG eine Barkapitalerhöhung im Vorfeld des Spin-offs durchzuführen. Details dazu werden voraussichtlich in den nächsten Wochen in Form einer Angebotsunterlage veröffentlicht werden.
FN:
Abgesehen von dem Spin-Off des Deutschland-Geschäfts - wie ist Ihre Strategie für die Zukunft? Gibt es Pläne für Übernahmen, Aktienrückkäufe oder grössere Investitionen in bestimmte Geschäftsbereiche?
DR. HANS CORNEHL:
Neben den bestehenden Wachstumsaktivitäten der Minderheitsbeteiligungen in Spanien und Grossbritannien, beabsichtigt die Tipp24 SE mittelfristig einen neuen Geschäftsbereich aufzubauen. Dieser soll Internet-Dienstleistungen für internationale Lottoveranstalter anbieten. Das Feedback des Marktes nach ersten Gesprächen hat uns in der Auffassung bestärkt, dass sich hier international ein aussichtsreiches Geschäft in einem attraktiven Wachstumsmarkt bietet. Dafür sind wir hervorragend aufgestellt.
FN:
Wie sehen Ihre Planzahlen für Umsatz und Gewinn in den kommenden Jahren aus?
DR. HANS CORNEHL:
Wir erwarten im laufenden Geschäftsjahr bei einem konsolidierten Umsatz von mindestens 130 Mio. Euro ein EBIT in Höhe von mindestens 35 Mio. Euro. Bei der Prognose sind Unsicherheiten hinsichtlich negativer statistischer Fluktuationen mit einer Höhe von 10 Mio. Euro berücksichtigt. Aufwendungen für den Wiederaufbau des deutschen Geschäfts sind vor dem Hintergrund des geplanten Spin-Offs nicht enthalten.
FN:
Das ist im Vergleich zu den 2011 erzielten 139 Mio. Euro Umsatz und 52 Mio. Euro EBIT sicherlich ein relativ vorsichtiger Ausblick auf die Zukunft. Warburg Research erwartet für 2012 bei 134 Mio. Euro Umsatz ebenfalls 35 Mio. Euro EBIT sowie einen Nettogewinn von 26 Mio. Euro oder 3,22 Euro pro Aktie (2011: 4,55 Euro Gewinn/Aktie) und stuft Ihre Aktien mit 'Kaufen' und Kursziel 47 Euro ein.
Herr Dr. Cornehl, wir bedanken uns recht herzlich für das Interview und wünschen Ihnen, dass die angesprochenen 'Fluktuationen' in diesem Jahr möglichst zu Ihren Gunsten ausfallen werden!
Wir freuen uns, Ihnen heute das erste FN-Vorstandsinterview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Tipp24 SE, Dr. Hans Cornehl, auf FinanzNachrichten.de präsentieren zu können. Tipp24 hat am 20. April die Abspaltung des Deutschland-Geschäfts als Lotto24 AG bekannt gegeben, die auf der Hauptversammlung am 22. Juni abgesegnet werden soll, und letzte Woche die Quartalszahlen mit 1,08 Euro Gewinn/Aktie im Q1/2012 (Q1/2011: 0,99 Euro) veröffentlicht.
Mit 35 Mio. Euro Umsatz (+6 %), 12 Mio. Euro EBIT (+4 %) und 9 Mio. Euro Gewinn (+16 %) ist Januar bis März 2012 deutlich besser gelaufen als das Vorjahresquartal (Quartalsbericht als PDF). Spannende Zeiten für die Firma, deren Aktie zahlreiche positive Analysteneinschätzungen bekommt und zuletzt neue Allzeithochs erklommen hat.
FinanzNachrichten.de:
Sehr geehrter Herr Dr. Cornehl, Tipp24 bietet - wie der Name vermuten lässt - natürlich Lottospielen via Internet an. Wie würden Sie jemandem, der Ihre Firma nicht kennt, Ihr Geschäftsmodell in einfachen Worten beschreiben?
DR. HANS CORNEHL:
Tipp24 ist seit über zwölf Jahren im deutlich staatlich geprägten Lotteriemarkt tätig. Die Geschäfte werden getrennt nach Auslands- und Inlandssegment betrieben, und die Geschäftsmodelle unterscheiden sich von Land zu Land. In Deutschland vermitteln wir über die Website www.lotto24.dedas staatliche Lotto 6 aus 49 über das Internet. Dafür erhalten wir von der staatlichen Lottogesellschaft eine Vermittlungsprovision. Das ist wegen des Glückspielstaatsvertrags derzeit nur in Schleswig-Holstein möglich, soll aber Mitte des Jahres bundesweit wieder erlaubt werden. Ausserdem vermitteln wir noch Klassenlotterien.
Darüber hinaus halten wir Minderheitsbeteiligungen in Grossbritannien, die eigenständig auf Basis einer britischen Lizenz Zweitlotterien auf verschiedene europäische Lotterien veranstalten bzw. vermitteln. Schliesslich werden noch in Spanien die dortigen nationalen Lotterien ebenfalls über das Internet vermittelt. Sämtliche Minderheitsbeteiligungen werden vollkonsolidiert.
FN:
In welchen Ländern erzielt Ihr Unternehmen die grössten Umsätze? Fokussieren Sie sich ausschliesslich auf die jeweils staatlichen Lotterieangebote oder gibt es auch nennenswerte Umsätze mit privaten Glückspielangeboten, wie Online-Poker oder Casino?
DR. HANS CORNEHL:
Im ersten Quartal 2012 trug das Auslandssegment mit 35,9 Mio. Euro Umsatz und einem EBIT von 15,3 Mio. Euro wie auch bereits in den Vorjahren seit 2009 den wesentlichen Teil des Geschäfts. Wegen der zwar europarechtswidrigen, aber in 15 Bundesländern nach wie vor wirksamen dramatischen Beschränkungen des deutschen Lotteriemarkts durch den Glückspielstaatsvertrag, trug das deutsche Segment lediglich 0,1 Mio. Euro zum Umsatz bei. Online-Poker oder Casino werden nicht angeboten. Wir haben uns von jeher auf Lotto und Lotterien fokussiert und sehen hier auch für die Zukunft für uns die grössten Potentiale.
FN:
Wie hoch sind die Margen in den verschiedenen Segmenten?
DR. HANS CORNEHL:
Im Auslandssegment wurde im ersten Quartal 2012 wie auch schon im Vorjahr eine EBIT-Marge von über 40 % erwirtschaftet. Da wir im deutschen Segment in den letzten Jahren kaum Geschäft machen durften, sondern stattdessen um unser Recht gekämpft haben, und wir auch in diesem Jahr bislang nur in Schleswig-Holstein die Internet-Lottovermittlung wieder starten durften, trägt das deutsche Segment im Wesentlichen Verwaltungs- und Rechtsberatungskosten. Hier haben wir nur einen negativen Beitrag zum konsolidierten EBIT zu verzeichnen. Im ersten Quartal 2012 betrug dieser -3,1 Mio. Euro. Im Geschäftsjahr 2011 -8,8 Mio. Euro.
FN:
Vor allem in Deutschland gibt es immer noch harten politischen Gegenwind für Anbieter von Online- Glücksspielen, Stichwort Lotto-Staatsvertrag. Die EU-Kommission hingegen möchte eine möglichst vollständige Liberalisierung des europäischen Marktes erreichen. Schleswig-Holstein hat kürzlich als erstes Bundesland die Bedingungen für Online-Lotto wieder gelockert. Ist Online-Lotto über Anbieter aus diesem Bundesland für alle deutschen Lottospieler nun dauerhaft 'legal'? Dürfen Sie für dieses Angebot in anderen Bundesländern werben?
DR. HANS CORNEHL:
Das Angebot unter www.lotto24.de bieten wir aktuell Kunden mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt an. In Schleswig-Holstein gibt es hierfür eine gesetzliche Grundlage, die europarechtskonform und diskriminierungsfrei gegenüber gewerblichen Anbietern ist. In Sachsen-Anhalt haben wir die Zulässigkeit rechtskräftig erstritten. Aus unserer Sicht ist das Angebot in ganz Deutschland legal, da die Verbote in den anderen Ländern aus europarechtlicher Sicht nicht mehr haltbar sind, dieses zeigt auch die jüngste gerichtliche Entscheidung des Landgerichts Bremen. Die bremische Lottogesellschaft ist dort mit ihrem Versuch gescheitert, Lotto24 die Internetvermittlung des schleswig-holsteinischen Lottos über Lotto24 in Bremen verbieten zu lassen. Das Gericht ist offenbar unserer Auffassung gefolgt, dass seit dem 1. Januar 2012 in ganz Deutschland, auch in Bremen, das Internetverbot und die weiteren Verbote des GlüStV nicht mehr fortgelten.
Eine Werbung in den anderen Bundesländern ist aus unserer Sicht zwar rechtlich möglich, aber vor dem soeben beschriebenen Hintergrund derzeit wirtschaftlich nicht sehr effizient. Erst wenn das Vermittlungsmodell wieder weitgehend bundesweit möglich ist, sind Marketingmassnahmen sinnvoll. Voraussichtlich ist ab 1. Juli 2012 die Teilnahme in ganz Deutschland zulässig.
FN:
Die Aktie von Tipp24 befindet sich nun seit mehreren Jahren im Aufwärtstrend und hat erst in dieser Woche ein neues Allzeithoch erzielt - die Geschäfte laufen offenbar hervorragend?
DR. HANS CORNEHL:
Tipp24 entwickelt sich seit mehr als zwölf Jahren sehr erfolgreich – und das in einem schwierigen und bewegten regulatorischen Umfeld. Im vergangenen Geschäftsjahr gab es wiederholt ein Rekordergebnis. Der erfolgreiche Geschäftsverlauf belegt einmal mehr, dass Tipp24 in der Lage ist, in einem durch häufigen Wandel geprägten Umfeld nachhaltiges Umsatz- und Ertragswachstum zu generieren.
FN:
Mit einem Gewinn pro Aktie von 4,80 Euro im Geschäftsjahr 2011 und einem aktuellen Aktienkurs von rund 42 Euro liegt das KGV trotzdem nur bei ca. 9. Im Vergleich zu anderen Wachstumsunternehmen scheint dies eine recht moderate Bewertung zu sein. Wie sehen Sie dies?
DR. HANS CORNEHL:
Tipp24 sieht ihre Aufgabe in der Entwicklung ihrer Geschäfte in den Lotteriemärkten. Die Einschätzung der Bewertung unserer Aktivitäten überlassen wir den Experten der Banken, namentlich den Analysten der Berenberg Bank, der Deutschen Bank, Hauck & Aufhäuser, Macquarie und der Warburg Bank, die sich regelmässig mit unserem Geschäft auseinandersetzen sowie natürlich auch unseren Aktionären selbst. Wir sind keine Anlageberater und geben generell keine Aussagen über die Bewertung von Aktien – auch nicht unserer eigenen – ab.
FN:
Laut Ihrer jüngsten Ankündigung möchten Sie ihr neues Deutschland-Geschäft, die Lotto24 AG, ausgliedern und als eigenständiges Unternehmen an die Frankfurter Börse bringen. Die Aktien der Lotto24 sollen hierbei als Sachdividende mit einem Wert von ca. 2,50 Euro pro Tipp24-Aktie gratis an die Tipp24-Aktionäre abgegeben werden. Könnten Sie unseren Lesern die Hintergründe für diesen Spin-Off erläutern und welches Potenzial sehen Sie für die Deutschland-Tochter in den kommenden Jahren?
DR. HANS CORNEHL:
Die Tipp24 befindet sich seit mittlerweile vier Jahren in Auseinandersetzungen über die Wiederzulassung des Online-Lotterievermittlungsgeschäfts in Deutschland. Obwohl wir hierbei klare Erfolge erzielt haben, halten wir eine vollständige gesellschaftsrechtliche Trennung für die beste Option, um der Lotto24 AG einen rechtlich unbelasteten Start am deutschen Markt zu ermöglichen. Im Zuge der Wiederaufnahme der Online-Lotterievermittlung in Deutschland wurde bereits damit begonnen, mit Lotto24 eine starke und einprägsame Marke für das nationale Geschäft zu etablieren.
Nach dem Verbot der Online-Lotterievermittlung Anfang 2009 ist der gesamte deutsche Lotteriemarkt auf ein Volumen von rund 6,5 Mrd. Euro zurückgegangen. Der Markt hier hat erheblichen Nachholbedarf – sowohl im Hinblick auf die Pro-Kopf-Ausgaben für Lotterien als auch im Online-Vermittlungsgeschäft. Wir sind daher überzeugt, dass durch die bevorstehende Liberalisierung des Markts und die Wiederzulassung der Online-Lotterievermittlung ein erhebliches Wachstumspotenzial aktiviert werden kann. Von diesem wird Lotto24 nachhaltig profitieren.
FN:
Ist mit der Ausgliederung nicht auch ein deutlich höherer Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden? Die Rede ist allerdings von negativen Synergien - wie ist dies zu verstehen?
DR. HANS CORNEHL:
Die Lotto24 wird im Rahmen des geplanten Spin-off in eine eigenständige Aktiengesellschaft überführt. Diese wird dann naturgemäss Verwaltungs- und Kostenaufwände haben. Durch eine schlanke operative Aufstellung und ausgeprägtes Kostenbewusstsein werden die verfügbaren Barmittel wirtschaftlich eingesetzt. Beispielsweise sind die Technikkosten variabel an die Umsatzhöhe gekoppelt.
Die Notwendigkeit des Spin-off besteht, um negative Synergien in Bezug auf die regulatorischen Rahmenbedingungen zu verhindern. Zum Hintergrund: Für die Vermittlungstätigkeit wird die Lotto24 AG Erlaubnisse verschiedener Aufsichtsbehörden in den einzelnen Bundesländern einholen müssen. Die Erteilung dieser Erlaubnisse unterliegt voraussichtlich keinen objektiven Kriterien, sondern wird wohl im freien Ermessen der Aufsichtsbehörden liegen, obwohl der Europäische Gerichtshof dieses untersagt hat. Wir befürchten, dass die Erlaubnisverfahren, würden sie von der Tipp24 SE oder einer Tochtergesellschaft geführt werden, durch die historischen juristischen Auseinandersetzungen mit eben diesen Behörden oder auch durch die Minderheitsbeteiligung an den britischen entherrschten Gesellschaften negativ belastet sein könnten. Aus diesem Grunde plant die Tipp24 SE den Spin-off des Deutschlandgeschäfts in eine vollkommen eigenständige und unabhängige börsennotierte Gesellschaft.
FN:
Für den Wiederaufbau des deutschen Online-Lottogeschäfts sind sicher auch erhebliche Investitionen, wie z.B. in Marketing, notwendig. Wie sehen die Pläne in Sachen Finanzierung aus für die Lotto24 AG? Sie haben eine Barkapitalerhöhung angekündigt - würde diese eher im Umfang von ein paar Mio. Euro ausfallen oder doch eher in einer Grössendimension von 10-20 Mio. Euro, um die Firma von Beginn an mit reichlich Finanzmitteln auszustatten?
DR. HANS CORNEHL:
Zur Deckung des Liquiditätsbedarfs beabsichtigt die Lotto24 AG eine Barkapitalerhöhung im Vorfeld des Spin-offs durchzuführen. Details dazu werden voraussichtlich in den nächsten Wochen in Form einer Angebotsunterlage veröffentlicht werden.
FN:
Abgesehen von dem Spin-Off des Deutschland-Geschäfts - wie ist Ihre Strategie für die Zukunft? Gibt es Pläne für Übernahmen, Aktienrückkäufe oder grössere Investitionen in bestimmte Geschäftsbereiche?
DR. HANS CORNEHL:
Neben den bestehenden Wachstumsaktivitäten der Minderheitsbeteiligungen in Spanien und Grossbritannien, beabsichtigt die Tipp24 SE mittelfristig einen neuen Geschäftsbereich aufzubauen. Dieser soll Internet-Dienstleistungen für internationale Lottoveranstalter anbieten. Das Feedback des Marktes nach ersten Gesprächen hat uns in der Auffassung bestärkt, dass sich hier international ein aussichtsreiches Geschäft in einem attraktiven Wachstumsmarkt bietet. Dafür sind wir hervorragend aufgestellt.
FN:
Wie sehen Ihre Planzahlen für Umsatz und Gewinn in den kommenden Jahren aus?
DR. HANS CORNEHL:
Wir erwarten im laufenden Geschäftsjahr bei einem konsolidierten Umsatz von mindestens 130 Mio. Euro ein EBIT in Höhe von mindestens 35 Mio. Euro. Bei der Prognose sind Unsicherheiten hinsichtlich negativer statistischer Fluktuationen mit einer Höhe von 10 Mio. Euro berücksichtigt. Aufwendungen für den Wiederaufbau des deutschen Geschäfts sind vor dem Hintergrund des geplanten Spin-Offs nicht enthalten.
FN:
Das ist im Vergleich zu den 2011 erzielten 139 Mio. Euro Umsatz und 52 Mio. Euro EBIT sicherlich ein relativ vorsichtiger Ausblick auf die Zukunft. Warburg Research erwartet für 2012 bei 134 Mio. Euro Umsatz ebenfalls 35 Mio. Euro EBIT sowie einen Nettogewinn von 26 Mio. Euro oder 3,22 Euro pro Aktie (2011: 4,55 Euro Gewinn/Aktie) und stuft Ihre Aktien mit 'Kaufen' und Kursziel 47 Euro ein.
Herr Dr. Cornehl, wir bedanken uns recht herzlich für das Interview und wünschen Ihnen, dass die angesprochenen 'Fluktuationen' in diesem Jahr möglichst zu Ihren Gunsten ausfallen werden!
© 2012 FN