Verantwortlicher Redakteur: Markus Meister
Heute freuen wir uns über ein FN-Vorstandsinterview mit dem Vorstandsvorsitzenden der SolarWorld AG, Herrn Dr. Frank Asbeck auf FinanzNachrichten.de. Die im TecDAX notierte SolarWorld AG dürfte hierzulande das bekannteste Solarunternehmen sein und galt als das Aushängeschild für die viele Jahre bestehende Weltmarktführerschaft der deutschen Solarindustrie.
Diese befindet sich allerdings seit den letzten Jahren in einer sehr misslichen Lage. Auf der einen Seite gibt es durch Billiganbieter aus Asien, vor allem China, einen hohen Druck auf Preise und Margen (siehe 'Spiegel'-Artikel), während auf der anderen Seite die Förderungen für Solarstrom im wichtigen Solarstrom-Markt Deutschland durch die Politik in erheblichem Masse zurückgefahren werden.
Etliche Sonnenstrom-Unternehmen, darunter Q-Cells, Solon, Centrotherm und Solar Millennium mussten in den vergangenen Monaten Insolvenz anmelden.
Wie ist es nun um den Marktführer und einstigen Shootingstar SolarWorld bestellt? Der Aktienchart jedenfalls verheisst nichts Gutes. Seit seinem Hoch bei ca. 48 Euro im Jahr 2007 wurden heftigste Kursverluste verzeichnet, sodass sich die Aktie mittlerweile nur noch knapp oberhalb des Pennystock-Niveaus bei ca. 1,20 Euro bewegt. Auch die Marktkapitalisierung des einstigen Millarden-Wertes ist auf gerade mal rund 135 Mio. Euro zusammengeschmolzen (Enterprise Value inklusive Schulden bei immerhin noch über 620 Mio. Euro) und impliziert eine äusserst prekäre Lage für das Unternehmen, das sich auch operativ auf Schrumpfungskurs befindet.
So ist der Umsatz im 1. Quartal 2012 im Vergleich zum Vorjahr um weitere -26,8 % von 233 Mio. Euro auf 170,5 Mio. Euro eingebrochen, während es gleichzeitig auch beim Gewinn einen Rückgang von -42 % von 12,5 Mio. Euro (Q1/2011) auf 7,2 Mio. Euro gab.
Der Konzern weist auch eine hohe Verschuldung aus. Die langfristigen Schulden betragen mit rund 1,3 Mrd. Euro ein Vielfaches des Börsenwertes. Für uns stellt sich die Frage, ob und vor allem wie SolarWorld die aktuelle Branchenkrise überleben kann, sodass es hier vielleicht eine interessante Turnaround-Spekulation geben könnte? Deshalb haben wir den Vorstandsvorsitzenden der SolarWorld AG, 'Sonnenkönig' Dr. Frank Asbeck einige Fragen gestellt.
FinanzNachrichten.de
Sehr geehrter Herr Asbeck, die SolarWorld AG ist sicherlich den meisten Anlegern als deutscher Marktführer im Solarmarkt ein Begriff. Können Sie uns dennoch Ihr Unternehmen und das Geschäftsmodell in wenigen Sätzen näher beschreiben? Was zeichnet SolarWorld aus?
FRANK ASBECK:
Wir bringen die Sonne ins Haus. Für die möglichst effiziente Nutzung von Solarstrom überall auf der Welt liefern wir Komplettsysteme, von der Grossanlange über spezielle Indach-Lösungen bis hin zum 'SunCarport'. SolarWorld ist deswegen so erfolgreich, weil wir uns an den Bedürfnissen unserer Kunden orientieren und nahezu alle Komponenten selbst produzieren. Damit sind wir nicht abhängig von chinesischer Qualität, sondern liefern Produkte 'Made in Germany' und 'Made in USA'.
FN:
Die deutsche Solarbranche bewegt sich aktuell in einem schwierigen Umfeld, das von chinesischer Billigkonkurrenz, Überkapazitäten und nationalen Förderkürzungen - Stichwort EEG-Novelle - geprägt ist. Welche Strategie verfolgt SolarWorld, um auf diese negativen Markteinflüsse zu reagieren und was machen Sie besser als Ihre deutschen Branchenkollegen, von denen ja einige bereits einige insolvent sind? Sicher ist der recht hohe Auslandsanteil am Geschäftsvolumen ein grosser Vorteil?
FRANK ASBECK:
Beim EEG in Deutschland hat es vernünftigerweise eine Nachbesserung gegeben, mit der es weiterhin wirtschaftlich bleibt nicht nur auf Einfamilienhäusern, sondern auch auf grösseren Dächern Solarstrom zu erzeugen. Wir bieten unseren Kunden die Technologie an, möglichst viel des selbst erzeugten Solarstromes selbst zu nutzen und damit ihren Ertrag noch zu erhöhen. Wir tragen unseren Namen nicht ohne Grund, sondern wir sind auf allen Märkten der Welt präsent und unser Auslandsanteil beträgt tatsächlich heute schon 68 %.
FN:
Wie lange wird der raue Wind in der Solarindustrie denn noch wehen? Ist bereits Licht am Ende des Tunnels erkennbar oder wird es eher noch schlimmer werden?
FRANK ASBECK:
Inzwischen bekommen die Folgen des chinesischen Dumpings nicht nur die Solarmodulhersteller zu spüren, sondern auch die Maschinen- und Anlagenbauer. Wir haben es hier mit massivem unfairen Wettbewerb zu tun, der mit Hilfe des Handelsrechts gestoppt werden muss. Ansonsten gehen die Pleiten in der europäischen Solarindustrie weiter und ich habe keine Lust, am Ende ganz ohne meine deutschen, italienischen oder französischen Kollegen dazustehen.
FN:
Hat die deutsche Politik die einst blühende nationale Solarbranche aufgegeben oder wird die Förderung schlichtweg zu teuer? Wie würde ein sinnvolles Fördermodell aus Ihrer Sicht aussehen?
FRANK ASBECK:
Der garantierte Einspeisevorrang und die Mindestvergütung des EEG sind die optimale Förderstruktur für Strom aus Erneuerbaren Energien und im Übrigen: die deutsche Vergütung ist die für Verbraucher und Staat günstigste Solarstromförderung in ganz Europa. Wir haben einerseits steigende Strompreise und andererseits sinkende Vergütungen für Solarstrom. In wenigen Jahren werden die Solarstromerzeuger die Vergütung gar nicht mehr in Anspruch nehmen, sondern ihren Strom komplett selbst verbrauchen oder aber am Markt handeln.
FN:
Wie viele Jahre wird es angesichts des aktuellen Preisverfalls für Module sowie Effizienzsteigerungen bei Solaranlagen wohl noch dauern, bis Sonnenstrom (in Deutschland) auch ohne staatliche Subventionen zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden kann?
FRANK ASBECK:
Für private Stromverbraucher ist der eigene Solarstrom heute schon günstiger, als der Strom aus der Steckdose. Für die nächsten drei bis vier Jahre braucht man aber auch noch eine Vergütung für den Strom, den man noch nicht selber verbrauchen kann bzw. einen Anreiz den Strom selbst zu speichern.
FN:
Wie ist Ihre Meinung zur Idee von Desertec, dass Solarstrom in Wüsten, wie der Sahara, produziert werden sollte und dann in die industrialisierten Gegenden weitergeleitet werden sollte?
FRANK ASBECK:
Die Produktion von Solarstrom in Nordafrika macht Sinn für Nordafrika. Der Transport bis nach Europa ist allerdings viel zu teuer. Der Vorteil von Solarenergie ist, dass sie dezentral ist. Wir können auf dem eigenen Dach den Strom hier billiger erzeugen, als wenn er aus Afrika oder dem Nahen Osten hier ankommen würde.
FN:
SolarWorld zahlte trotz eines negativen EBIT-Ergebnisses in Höhe von -233 Mio. Euro eine Dividende in Höhe von 9 Cent je Aktie für das Geschäftsjahr 2011. Die Finanzkraft des Konzerns scheint also - auch in Anbetracht des im März-Quartalsbericht ausgewiesenen Eigenkapitals in Höhe von 627 Mio. Euro - weiterhin recht ordentlich zu sein. Wäre es dennoch nicht sinnvoller, angesichts der 'harten Zeiten' die Mittel zusammenzuhalten, um erst einmal die Konsolidierung der Branche unbeschadet zu überstehen?
FRANK ASBECK:
Wir halten die Ausschüttung einer Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr für gerechtfertigt, da das negative Ergebnis im Wesentlichen den nicht cashwirksamen Wertberichtigungen geschuldet war. Darüber hinaus sehen wir in der Dividende ein Mittel, die Aktionärsbindung an die SolarWorld AG zu stärken, indem wir unsere treuen Aktionäre ein kleines Stück weit für erlittene Kursverluste entschädigen.
FN:
Lassen wir einmal die unerfreulichen Themen beiseite - sicher gibt es aktuell auch einige spannende, aussichtsreiche Themen, Entwicklungen und Chancen für die SolarWorld AG?
FRANK ASBECK:
SolarWorld ist heute der grösste Solartechnologiehersteller Europas und gleichzeitig Amerikas. Wir werden unsere starke Position weiter mit Produkten 'Made in Germany' und 'Made in USA' ausbauen, weil wir seit jeher grossen Wert auf eine eigene Forschung und Entwicklung gelegt haben, die entlang der gesamten photovoltaischen Wertschöpfungsketten arbeiten. Unseren Forschern ist es jetzt gelungen, neue und verbesserte Zelltechnologien zu entwickeln und deren Herstellung in einer vollautomatisierten Massenfertigung vorzubereiten. Die Umsetzung in der Produktion steht kurz bevor. Wir können mit diesen Entwicklungen zukünftig Module mit höheren Leistungen zu geringeren Kosten produzieren. Beispielsweise ist es uns als einem der ersten Hersteller weltweit gelungen, die Breite der elektrischen Leiterbahnen, die sogenannten Finger, auf der Frontseite der Solarzellen zu verringern, beinahe zu halbieren. Ferner erreichen wir durch eine Verbesserung des selektiven Emitters eine höhere Energieausbeute des Sonnenlichtes. Die Oberfläche der Solarzelle wird so verändert, dass sie einen grösseren Teil des Lichtspektrums aufnimmt und in Strom umwandelt.
FN:
Das klingt ja gut, Herr Asbeck, wir bedanken uns herzlich für das Interview und wünschen Ihnen alles Gute in der aktuell sehr harten Zeit!
Für Anleger, denen SolarWorld gefällt, gibt es übrigens auch eine interessante Alternative zu den Aktien, nämlich gibt es von SolarWorld auch zwei börsennotierte Anleihen, deren Kurse seit Mitte 2011 ebenfalls stark eingebrochen sind. Während man als Mitbesitzer der Firma (Aktionär) auf eine möglichst profitable Unternehmensentwicklung spekuliert, setzt man als Gläubiger (Anleihenbesitzer) darauf, dass die Firma 'zumindest' überlebt und somit die laufenden Zinsen bezahlen kann sowie am Ende der Anleihenlaufzeit das Nominale zurückbezahlen kann.
Die 2016er Anleihe mit der ISIN XS0641270045 hat eine Laufzeit bis 13.7.2016, einen jährlichen Kupon von 6,375 % (Zinszahlung am 13.7.) und ein Volumen von 150 Mio. Euro. Die Stückelung beträgt 1.000 Euro. Die Rendite beträgt bei einem aktuellen Kurs von 32 % rund 46 % p.a.
Die 2017er Anleihe mit der ISIN XS0478864225 läuft bis 21.1.2017, also ein halbes Jahr länger als die andere Anleihe. Der jährliche Kupon liegt bei 6,125 % (Zinszahlung am 21.1.), das Volumen bei 400 Mio. Euro und die Stückelung ist ebenfalls 1.000 Euro Nominalwert als kleinste handelbare Einheit. Die Rendite beträgt bei einem aktuellen Kurs von 25,30 % rund 51 % p.a.
Inklusive Stückzinsen (der aufgelaufenen Zinsen seit der letzten Kuponzahlung), die beim Kauf zu bezahlen sind, kostet der 2016er Bond ca. 32,35 % und der 2017er Bond 28,55 %. D.h. eine Forderung, dass SolarWorld in ein paar Jahren diese Schulden zurückbezahlt, kostet weniger als ein Drittel des Forderungsbetrages, da die Angst so gross ist, dass das Unternehmen pleite geht. Da im Falle einer Rückzahlung der 2016er Anleihe fast sicher die 2017er Anleihe bezahlt werden würde, erscheint uns die 2017er Anleihe aufgrund des etwas tieferen Kurses attraktiver für eine Spekulation auf ein Überleben der Firma. Ein Besitz der Aktie hat gegenüber dem Besitz der Anleihe nur dann einen Vorteil, wenn der Aktienkurs sich in den kommenden Jahren zumindest vervierfacht. Ansonsten sind die Anleihen lukrativer als die Aktien.
Im Falle einer Insolvenz würden Aktionäre des hoch verschuldeten Unternehmens leer ausgehen, während Anleihenbesitzer als Gläubiger zumindest noch einen kleinen Betrag aus der Masse erwarten könnten.
Jedenfalls sind die Aktien und die Anleihen der Firma - wie man anhand des Kursverlaufes auch gut sehen kann - aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen der Solarbranche keine Witwen- und Waisenpapiere, sondern riskante Wertpapier, die nur von erfahrenen Spekulanten als Investment in Betracht gezogen werden sollten. Bei vielen Branchenkollegen gab es leider bereits einen Totalverlust für die investierten Anleger.
Heute freuen wir uns über ein FN-Vorstandsinterview mit dem Vorstandsvorsitzenden der SolarWorld AG, Herrn Dr. Frank Asbeck auf FinanzNachrichten.de. Die im TecDAX notierte SolarWorld AG dürfte hierzulande das bekannteste Solarunternehmen sein und galt als das Aushängeschild für die viele Jahre bestehende Weltmarktführerschaft der deutschen Solarindustrie.
Diese befindet sich allerdings seit den letzten Jahren in einer sehr misslichen Lage. Auf der einen Seite gibt es durch Billiganbieter aus Asien, vor allem China, einen hohen Druck auf Preise und Margen (siehe 'Spiegel'-Artikel), während auf der anderen Seite die Förderungen für Solarstrom im wichtigen Solarstrom-Markt Deutschland durch die Politik in erheblichem Masse zurückgefahren werden.
Etliche Sonnenstrom-Unternehmen, darunter Q-Cells, Solon, Centrotherm und Solar Millennium mussten in den vergangenen Monaten Insolvenz anmelden.
Wie ist es nun um den Marktführer und einstigen Shootingstar SolarWorld bestellt? Der Aktienchart jedenfalls verheisst nichts Gutes. Seit seinem Hoch bei ca. 48 Euro im Jahr 2007 wurden heftigste Kursverluste verzeichnet, sodass sich die Aktie mittlerweile nur noch knapp oberhalb des Pennystock-Niveaus bei ca. 1,20 Euro bewegt. Auch die Marktkapitalisierung des einstigen Millarden-Wertes ist auf gerade mal rund 135 Mio. Euro zusammengeschmolzen (Enterprise Value inklusive Schulden bei immerhin noch über 620 Mio. Euro) und impliziert eine äusserst prekäre Lage für das Unternehmen, das sich auch operativ auf Schrumpfungskurs befindet.
So ist der Umsatz im 1. Quartal 2012 im Vergleich zum Vorjahr um weitere -26,8 % von 233 Mio. Euro auf 170,5 Mio. Euro eingebrochen, während es gleichzeitig auch beim Gewinn einen Rückgang von -42 % von 12,5 Mio. Euro (Q1/2011) auf 7,2 Mio. Euro gab.
Der Konzern weist auch eine hohe Verschuldung aus. Die langfristigen Schulden betragen mit rund 1,3 Mrd. Euro ein Vielfaches des Börsenwertes. Für uns stellt sich die Frage, ob und vor allem wie SolarWorld die aktuelle Branchenkrise überleben kann, sodass es hier vielleicht eine interessante Turnaround-Spekulation geben könnte? Deshalb haben wir den Vorstandsvorsitzenden der SolarWorld AG, 'Sonnenkönig' Dr. Frank Asbeck einige Fragen gestellt.
FinanzNachrichten.de
Sehr geehrter Herr Asbeck, die SolarWorld AG ist sicherlich den meisten Anlegern als deutscher Marktführer im Solarmarkt ein Begriff. Können Sie uns dennoch Ihr Unternehmen und das Geschäftsmodell in wenigen Sätzen näher beschreiben? Was zeichnet SolarWorld aus?
FRANK ASBECK:
Wir bringen die Sonne ins Haus. Für die möglichst effiziente Nutzung von Solarstrom überall auf der Welt liefern wir Komplettsysteme, von der Grossanlange über spezielle Indach-Lösungen bis hin zum 'SunCarport'. SolarWorld ist deswegen so erfolgreich, weil wir uns an den Bedürfnissen unserer Kunden orientieren und nahezu alle Komponenten selbst produzieren. Damit sind wir nicht abhängig von chinesischer Qualität, sondern liefern Produkte 'Made in Germany' und 'Made in USA'.
FN:
Die deutsche Solarbranche bewegt sich aktuell in einem schwierigen Umfeld, das von chinesischer Billigkonkurrenz, Überkapazitäten und nationalen Förderkürzungen - Stichwort EEG-Novelle - geprägt ist. Welche Strategie verfolgt SolarWorld, um auf diese negativen Markteinflüsse zu reagieren und was machen Sie besser als Ihre deutschen Branchenkollegen, von denen ja einige bereits einige insolvent sind? Sicher ist der recht hohe Auslandsanteil am Geschäftsvolumen ein grosser Vorteil?
FRANK ASBECK:
Beim EEG in Deutschland hat es vernünftigerweise eine Nachbesserung gegeben, mit der es weiterhin wirtschaftlich bleibt nicht nur auf Einfamilienhäusern, sondern auch auf grösseren Dächern Solarstrom zu erzeugen. Wir bieten unseren Kunden die Technologie an, möglichst viel des selbst erzeugten Solarstromes selbst zu nutzen und damit ihren Ertrag noch zu erhöhen. Wir tragen unseren Namen nicht ohne Grund, sondern wir sind auf allen Märkten der Welt präsent und unser Auslandsanteil beträgt tatsächlich heute schon 68 %.
FN:
Wie lange wird der raue Wind in der Solarindustrie denn noch wehen? Ist bereits Licht am Ende des Tunnels erkennbar oder wird es eher noch schlimmer werden?
FRANK ASBECK:
Inzwischen bekommen die Folgen des chinesischen Dumpings nicht nur die Solarmodulhersteller zu spüren, sondern auch die Maschinen- und Anlagenbauer. Wir haben es hier mit massivem unfairen Wettbewerb zu tun, der mit Hilfe des Handelsrechts gestoppt werden muss. Ansonsten gehen die Pleiten in der europäischen Solarindustrie weiter und ich habe keine Lust, am Ende ganz ohne meine deutschen, italienischen oder französischen Kollegen dazustehen.
FN:
Hat die deutsche Politik die einst blühende nationale Solarbranche aufgegeben oder wird die Förderung schlichtweg zu teuer? Wie würde ein sinnvolles Fördermodell aus Ihrer Sicht aussehen?
FRANK ASBECK:
Der garantierte Einspeisevorrang und die Mindestvergütung des EEG sind die optimale Förderstruktur für Strom aus Erneuerbaren Energien und im Übrigen: die deutsche Vergütung ist die für Verbraucher und Staat günstigste Solarstromförderung in ganz Europa. Wir haben einerseits steigende Strompreise und andererseits sinkende Vergütungen für Solarstrom. In wenigen Jahren werden die Solarstromerzeuger die Vergütung gar nicht mehr in Anspruch nehmen, sondern ihren Strom komplett selbst verbrauchen oder aber am Markt handeln.
FN:
Wie viele Jahre wird es angesichts des aktuellen Preisverfalls für Module sowie Effizienzsteigerungen bei Solaranlagen wohl noch dauern, bis Sonnenstrom (in Deutschland) auch ohne staatliche Subventionen zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden kann?
FRANK ASBECK:
Für private Stromverbraucher ist der eigene Solarstrom heute schon günstiger, als der Strom aus der Steckdose. Für die nächsten drei bis vier Jahre braucht man aber auch noch eine Vergütung für den Strom, den man noch nicht selber verbrauchen kann bzw. einen Anreiz den Strom selbst zu speichern.
FN:
Wie ist Ihre Meinung zur Idee von Desertec, dass Solarstrom in Wüsten, wie der Sahara, produziert werden sollte und dann in die industrialisierten Gegenden weitergeleitet werden sollte?
FRANK ASBECK:
Die Produktion von Solarstrom in Nordafrika macht Sinn für Nordafrika. Der Transport bis nach Europa ist allerdings viel zu teuer. Der Vorteil von Solarenergie ist, dass sie dezentral ist. Wir können auf dem eigenen Dach den Strom hier billiger erzeugen, als wenn er aus Afrika oder dem Nahen Osten hier ankommen würde.
FN:
SolarWorld zahlte trotz eines negativen EBIT-Ergebnisses in Höhe von -233 Mio. Euro eine Dividende in Höhe von 9 Cent je Aktie für das Geschäftsjahr 2011. Die Finanzkraft des Konzerns scheint also - auch in Anbetracht des im März-Quartalsbericht ausgewiesenen Eigenkapitals in Höhe von 627 Mio. Euro - weiterhin recht ordentlich zu sein. Wäre es dennoch nicht sinnvoller, angesichts der 'harten Zeiten' die Mittel zusammenzuhalten, um erst einmal die Konsolidierung der Branche unbeschadet zu überstehen?
FRANK ASBECK:
Wir halten die Ausschüttung einer Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr für gerechtfertigt, da das negative Ergebnis im Wesentlichen den nicht cashwirksamen Wertberichtigungen geschuldet war. Darüber hinaus sehen wir in der Dividende ein Mittel, die Aktionärsbindung an die SolarWorld AG zu stärken, indem wir unsere treuen Aktionäre ein kleines Stück weit für erlittene Kursverluste entschädigen.
FN:
Lassen wir einmal die unerfreulichen Themen beiseite - sicher gibt es aktuell auch einige spannende, aussichtsreiche Themen, Entwicklungen und Chancen für die SolarWorld AG?
FRANK ASBECK:
SolarWorld ist heute der grösste Solartechnologiehersteller Europas und gleichzeitig Amerikas. Wir werden unsere starke Position weiter mit Produkten 'Made in Germany' und 'Made in USA' ausbauen, weil wir seit jeher grossen Wert auf eine eigene Forschung und Entwicklung gelegt haben, die entlang der gesamten photovoltaischen Wertschöpfungsketten arbeiten. Unseren Forschern ist es jetzt gelungen, neue und verbesserte Zelltechnologien zu entwickeln und deren Herstellung in einer vollautomatisierten Massenfertigung vorzubereiten. Die Umsetzung in der Produktion steht kurz bevor. Wir können mit diesen Entwicklungen zukünftig Module mit höheren Leistungen zu geringeren Kosten produzieren. Beispielsweise ist es uns als einem der ersten Hersteller weltweit gelungen, die Breite der elektrischen Leiterbahnen, die sogenannten Finger, auf der Frontseite der Solarzellen zu verringern, beinahe zu halbieren. Ferner erreichen wir durch eine Verbesserung des selektiven Emitters eine höhere Energieausbeute des Sonnenlichtes. Die Oberfläche der Solarzelle wird so verändert, dass sie einen grösseren Teil des Lichtspektrums aufnimmt und in Strom umwandelt.
FN:
Das klingt ja gut, Herr Asbeck, wir bedanken uns herzlich für das Interview und wünschen Ihnen alles Gute in der aktuell sehr harten Zeit!
Für Anleger, denen SolarWorld gefällt, gibt es übrigens auch eine interessante Alternative zu den Aktien, nämlich gibt es von SolarWorld auch zwei börsennotierte Anleihen, deren Kurse seit Mitte 2011 ebenfalls stark eingebrochen sind. Während man als Mitbesitzer der Firma (Aktionär) auf eine möglichst profitable Unternehmensentwicklung spekuliert, setzt man als Gläubiger (Anleihenbesitzer) darauf, dass die Firma 'zumindest' überlebt und somit die laufenden Zinsen bezahlen kann sowie am Ende der Anleihenlaufzeit das Nominale zurückbezahlen kann.
Die 2016er Anleihe mit der ISIN XS0641270045 hat eine Laufzeit bis 13.7.2016, einen jährlichen Kupon von 6,375 % (Zinszahlung am 13.7.) und ein Volumen von 150 Mio. Euro. Die Stückelung beträgt 1.000 Euro. Die Rendite beträgt bei einem aktuellen Kurs von 32 % rund 46 % p.a.
Die 2017er Anleihe mit der ISIN XS0478864225 läuft bis 21.1.2017, also ein halbes Jahr länger als die andere Anleihe. Der jährliche Kupon liegt bei 6,125 % (Zinszahlung am 21.1.), das Volumen bei 400 Mio. Euro und die Stückelung ist ebenfalls 1.000 Euro Nominalwert als kleinste handelbare Einheit. Die Rendite beträgt bei einem aktuellen Kurs von 25,30 % rund 51 % p.a.
Inklusive Stückzinsen (der aufgelaufenen Zinsen seit der letzten Kuponzahlung), die beim Kauf zu bezahlen sind, kostet der 2016er Bond ca. 32,35 % und der 2017er Bond 28,55 %. D.h. eine Forderung, dass SolarWorld in ein paar Jahren diese Schulden zurückbezahlt, kostet weniger als ein Drittel des Forderungsbetrages, da die Angst so gross ist, dass das Unternehmen pleite geht. Da im Falle einer Rückzahlung der 2016er Anleihe fast sicher die 2017er Anleihe bezahlt werden würde, erscheint uns die 2017er Anleihe aufgrund des etwas tieferen Kurses attraktiver für eine Spekulation auf ein Überleben der Firma. Ein Besitz der Aktie hat gegenüber dem Besitz der Anleihe nur dann einen Vorteil, wenn der Aktienkurs sich in den kommenden Jahren zumindest vervierfacht. Ansonsten sind die Anleihen lukrativer als die Aktien.
Im Falle einer Insolvenz würden Aktionäre des hoch verschuldeten Unternehmens leer ausgehen, während Anleihenbesitzer als Gläubiger zumindest noch einen kleinen Betrag aus der Masse erwarten könnten.
Jedenfalls sind die Aktien und die Anleihen der Firma - wie man anhand des Kursverlaufes auch gut sehen kann - aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen der Solarbranche keine Witwen- und Waisenpapiere, sondern riskante Wertpapier, die nur von erfahrenen Spekulanten als Investment in Betracht gezogen werden sollten. Bei vielen Branchenkollegen gab es leider bereits einen Totalverlust für die investierten Anleger.
© 2012 FN