Die Schuldenkrise stellt die Industrieunternehmen Europas auf eine harte Belastungsprobe. Nachdem sich das Verarbeitende Gewerbe in krisengeschwächten Ländern wie Spanien und Italien schon lange im Sinkflug befindet, spüren auch die Produzenten in Deutschland und Frankreich zusehends Gegenwind. Darauf deuten jüngste Zahlen zu Produktion und Auftragseingängen hin.
In den Reigen schwacher Industriezahlen gesellten sich am Freitag Produktionsdaten aus der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft Frankreich. Nach Angaben der Statistikbehörde Insee ist der industrielle Ausstoß im September um 2,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat gefallen. Es war der stärkste Rückgang seit der schweren Rezession Anfang 2009. Auch im Jahresvergleich ergab sich ein deutlicher Rückgang um 2,5 Prozent. Erwartungen von Bankvolkswirten wurden klar verfehlt.
SINKFLUG IN SPANIEN UND ITALIEN
Noch ungünstiger stellt sich die Lage in Italien und vor allem in Spanien dar. In den dritt- und viertgrößten Volkswirtschaften des Währungsraums schrumpft die Industrie seit mittlerweile einem Jahr. Besonders stark ist der Abwärtsstrudel in Spanien, wo die Produktion im September um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr einbrach. Mittlerweile ist die spanische Industrie seit Sommer 2011 nicht mehr gewachsen. Etwas weniger trübe sieht es in Italien aus: Nach Zahlen vom Freitag ist die Produktion im Monatsvergleich zwar abermals rückläufig gewesen. Auf Jahressicht hat sich der Abwärtstrend aber verlangsamt.
Auch die deutsche Industrie bekommt die Auswirkungen der Schuldenkrise immer stärker zu spüren. Massive Einbrüche wie in der Rezession Anfang 2009, als die Produktion mit Rekordraten von 20 Prozent weggebrochen war, sind zwar nicht in Sicht. Die schwache Nachfrage aus dem Euroraum belastet aber zusehends. Darüber hinaus macht sich die schwächere Entwicklung der Weltwirtschaft, von der auch die Schwellenländer nicht verschont bleiben, bemerkbar. Das zeigen die Neuaufträge, die im September so stark wie seit einem Jahr nicht mehr rückläufig waren.
DEUTSCHLAND BLEIBT NICHT VERSCHONT
Dass die Aussichten für die europäische Industrie schlecht sind, belegen nicht nur die Auftragseingänge. Auch Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes - eine Umfrage unter großen Industrieunternehmen - liegen in allen großen Euroländern unter der Wachstumsschwelle. Besonders ungünstig ist der Ausblick für die spanische Industrie, französische Produzenten schneiden nicht viel besser ab.
Aber auch für die Industrieunternehmen Italiens und Deutschlands sieht es alles andere als gut aus. Viele Experten rechnen deshalb damit, dass die deutsche Konjunktur im Winterquartal von der strauchelnden Produktion belastet wird. Mithin könnte die Wirtschaft Deutschlands zum Jahreswechsel erstmals seit einem Jahr schrumpfen./bgf/jsl/fbr
AXC0134 2012-11-09/11:45