Meine Wahlprognose traf ins Schwarze. Allerdings sind damit weder die politischen noch die wirtschaftlichen Probleme gelöst. Obama ist wiedergewählt; muss jetzt jedoch ohne große Zeitverzögerung beide Parteien zusammenbringen, um eine Rezession verbunden mit einer Börsenbaisse zu vermeiden. Zwangskürzungen in allen staatlichen Haushaltsbereichen werden zu Beginn des nächsten Jahres angeordnet, wenn sich der Kongress nicht vorher auf freiwillige Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen einigt. Was Politiker jedoch nicht in den vergangenen 18 Monaten erreicht haben, werden sie kaum in sechs Wochen erledigen. Die Börse wird bei einer Nicht-Einigung mit drastischen Verkäufen reagieren und einen großen Teil der attraktiven Kursgewinne wieder abgeben. Ist dagegen eine Einigung zumindest im Ansatz zu erkennen, so wird sich die Börse etwas beruhigen, ohne jedoch die bisherigen Jahreshöchststände von September/Oktober wieder zu erreichen. Verkäufe aus Steuergründen werden Wall Street in den kommenden Wochen zusätzlich belasten.
Die Wiederwahl von Präsident Obama fand an Wall Street bisher keinen Beifall, sondern das Gegenteil war der Fall. Am ersten Tag nach den Wahlen erlitt der Dow Jones mit Minus 2,4% den größten Tagesverlust in diesem Jahr. Noch schlimmer war es vor vier Jahren, als Obama die Wahl gegen McCain gewann und der Dow Jones volle fünf Prozent am Tag danach einbuesste. Dies war der größte Tagesverlust unmittelbar nach einer Präsidentschaftswahl in der 116 jährigen Geschichte des Dow Jones Indexes.
Der Wochenverlust an Wall Street war der schwerste seit Juni; jedoch der DAX kam auf noch größere Minuszahlen und wurde zum Tages- und Wochenverlierer (rote Pfeile), ohne jedoch die bisherige Führung seit Jahresbeginn zu gefährden (grüner Pfeil). Der Ölpreis erholte sich im Wochenverlauf, ohne jedoch meine Prognose von einem Preisrückgang bis Jahresende zu verändern. Texas-Öl (WTI) liegt bereits fast 13% unter seinem Jahresanfangsniveau (roter Pfeil) und bleibt damit das Schlusslicht in der Tabelle (roter Pfeil.
US-Verbraucher sind erstaunlich zuversichtlich. Das Stimmungs-Barometer ist seit August 2011 über 50% gestiegen (blauer Pfeil). Der Tiefstand vom August 2011 (roter Pfeil) war vergleichbar mit der Talsohle während der Rezession von 2008/2009 (schwarzer Kreis). Das aktuelle Niveau (grüner Pfeil) ist das mit Abstand höchste seit Anfang 2008 (hellgrüne Linie) und basiert wahrscheinlich auf der allmählichen Erholung im Immobiliensektor. Einzelhandelsumsätze reflektieren diesen Optimismus bisher allerdings noch nicht. Auch das allgemeine Wirtschaftswachstum ist nach wie vor unterdurchschnittlich.
Weitere Einschätzungen und Empfehlungen auf der Hotline. Der nächste Blog erscheint in einer Woche.
© 2012 Heiko Thieme